# taz.de -- Kommentar zum Streit um §219a: Eine Abtreibung ist kein Verbrechen
       
       > Der Paragraf 219a bietet Abtreibungsgegner*innen nicht nur eine
       > rechtliche Grundlage. Er dient auch als moralisches Rüstzeug.
       
 (IMG) Bild: Protest am Gießener Landgericht anlässlich des Berufungsprozesses gegen eine Ärztin, die Abtreibung als Leistung auf ihrer Website angeboten hatte
       
       Die niedersächsische Ärztekammer-Präsidentin Martina Wenker will keine
       „Verhältnisse wie in Amerika haben, wo sogenannte Lebensschützer mit
       Plakaten vor den Praxen patrouillieren“, wie sie jetzt [1][in einem
       Interview] sagte. Deshalb, sagt sie, sei sie gegen eine Streichung des §
       219a im Strafgesetzbuch.
       
       Zur Erinnerung: Der Paragraf verhindert, dass Ärzt*innen öffentlich darüber
       informieren dürfen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Wer
       dagegen verstößt, riskiert eine Anzeige und hohe Geldstrafen.
       
       Die krude Logik von Martina Wenker, die von zahlreichen Politiker*innen
       geteilt wird, die sich gegen eine Streichung oder Reform des § 219a
       einsetzen: Das Verbot schützt Ärzt*innen, weil dann niemand dahinterkommt,
       wer dem schmutzigen Handwerk nachgeht.
       
       Tatsächlich demonstrieren in Deutschland längst Abtreibungsgegner*innen vor
       Praxen. Und das tun sie nicht trotz, sondern wegen des § 219a. Er bietet
       Abtreibungsgegner*innen nicht nur die rechtliche Grundlage. Er dient auch
       als moralisches Rüstzeug. Denn was sind das für Leute, deren Adressen nur
       unter der Hand weitergegeben werden dürfen, in vertraulichen Gesprächen
       zwischen einer Schwangeren und der Mitarbeiterin in einer Beratungsstelle?
       
       Und schließlich gibt es den § 219a nur, weil der Schwangerschaftsabbruch in
       Deutschland verboten ist. Unter bestimmten Umständen, so sagt es der § 218
       im Strafgesetzbuch, bleiben Frau und Mediziner*in von Strafe verschont. Sie
       tun etwas Verbotenes, kommen aber noch einmal davon. Kein Wunder, dass
       viele Ärzt*innen ihr Tun nicht öffentlich machen wollen. Sie genießen kein
       hohes Ansehen.
       
       Würde Niedersachsens oberste Ärztefunktionärin im Interesse der Betroffenen
       handeln, würde sie sich für eine Streichung der diskriminierenden
       Paragrafen einsetzen. Um Abtreibungsgegner*innen den Wind aus den Segeln zu
       nehmen, ist es wichtig zu signalisieren: Eine Abtreibung ist kein
       Verbrechen, niemand sollte sich dafür schämen müssen.
       
       13 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.noz.de/deutschland-welt/niedersachsen/artikel/1582541/aerztevertreterin-werbeverbot-fuer-abtreibungen-sollte-bleiben
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eiken Bruhn
       
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