# taz.de -- Rekommunalisierung des Stromnetzes: Kleine Niederlage für Energieriesen
       
       > Vattenfalls Beschwerde gegen das Vergabeverfahren der Stromkonzession
       > wurde abgewiesen. Ein wichtiger Schritt in Richtung Rekommunalisierung.
       
 (IMG) Bild: Schlägt gerne Profit aus öffentlicher Infrastruktur: Energie-Riese Vattenfall
       
       BERLIN taz | Mehr als vier Jahre nach Beginn des Vergabeverfahrens für das
       Berliner Stromnetz rückt eine Entscheidung über einen neuen Betreiber in
       greifbare Nähe. Am Donnerstag wies das Berliner Kammergericht die Rügen des
       schwedischen Staatskonzerns Vattenfall gegen das Vergabeverfahren zurück.
       Das Gericht bestätigte damit eine Entscheidung des Landgerichts in erster
       Instanz. Das hatte im November 2017 Berlins „Ermessensspielraum“ bei der
       Festlegung der Kriterien betont und Vattenfalls Antrags auf eine
       einstweilige Verfügung abgelehnt.
       
       Bis zu einer Entscheidung darüber, wer den Zuschlag erhält, kann der
       bisherige Konzessionär Vattenfall weiter üppig an den Nutzungsgebühren für
       das etwa 35.000 Kilometer lange Netz verdienen. Womöglich aus Sorge davor,
       selbst den Kürzeren zu ziehen, verzögert Vattenfall seit Jahren eine
       Entscheidung, so auch mit der umfangreichen Klage gegen den vom Land Berlin
       aufgestellten Kriterienkatalog der Ausschreibung, in dem exakt festgelegt
       ist, was ein zukünftiger Betreiber leisten und an Infrastruktur mitbringen
       muss.
       
       Die beiden Mitbewerber für den Netzbetrieb, der landeseigene Betrieb Berlin
       Energie und die Genossenschaft Bürger Energie Berlin, sind dagegen in
       Wartestellung; ihre Angebote liegen ebenso wie jene von Vattenfall seit
       langem bei der zuständigen Senatsverwaltung für Finanzen. Hartmut Gassner,
       Vorsitzender des Aufsichtsrates der Genossenschaft, sagt: „Vattenfall hat
       ein Interesse daran, möglichst lange im konzessionslosen Zeitraum zu sein.“
       
       Mit dem Urteil des Kammergerichts rückt nun eine Vergabeentscheidung näher.
       Christoph Rinke, Vorstand der Bürger Energie Berlin sprach von einer
       Niederlage für den Konzern. „Vattenfall hat durch die juristischen
       Auseinandersetzungen das Konzessionsverfahren um das Berliner Stromnetz
       mehr als anderthalb Jahre ausgebremst. Diese Verzögerungstaktik hat nun
       endlich ein Ende.“ Nun sei der Weg frei für eine schnelle Entscheidung.
       Rinke erinnert an den nur aufgrund der Beteiligungsquote verlorenen
       Volksentscheid zur Rekommunalisierung der Berliner Energiekonzerne von
       2013: „Die Berlinerinnen und Berliner erwartet vom Senat, dass der
       Netzrückkauf von Vattenfall umgesetzt wird.“
       
       ## Stromnetz soll in öffentliche Hand übergehen
       
       SPD, Linke und Grüne haben sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine
       „Rekommunalisierung des Netzes mit genossenschaftlicher Beteiligung“
       verständigt. Die Entscheidung wird jedoch in einem streng standardisierten
       Verfahren von Experten der Finanzverwaltung gefällt. Möglich war die
       Bewerbung auf die Übernahme des Gesamtnetzes oder auf eine
       Kooperationsübernahme.
       
       Die Genossenschaft Bürger Energie Berlin will bis zu 25,1 Prozent
       übernehmen und will auch beteiligt werden, sollte der Landesbetrieb den
       alleinigen Zuschlag erhalten. Die GenossInnen sehen sich als Garant für
       eine öffentliche Kontrolle und eine Neuausrichtung hinsichtlich einer
       Energiewende.
       
       Die Linken-Abgeordneten Harald Wolf und Michael Efler begrüßten das Urteil
       in einer Stellungnahme: „Damit rückt das Ziel der rot-rot-grünen Koalition,
       das Berliner Stromnetz wieder in die öffentliche Hand zu bringen, deutlich
       näher.“ Sie forderten eine „zeitnahe, diskriminierungsfreie
       Vergabeentscheidung“. Stefan Taschner, energiepolitischer Sprecher der
       Grünen sagte: „Nun ist es amtlich: Das vom Land durchgeführte Verfahren ist
       rechtskonform.“ Er wünsche sich, „dass die landeseigene Berlin Energie das
       beste Angebot abgeben hat“; und könne sich eine Beteiligung von Bürger
       Energie Berlin „sehr gut vorstellen“. 
       
       Gegen die Entscheidung ist kein erneuter Widerspruch zulässig. Damit ist
       der Weg frei für die Senatsverwaltung für Finanzen die neue Konzession zu
       vergeben. Dagegen allerdings ist dann eine erneute Klage möglich. Sollte
       nicht Vattenfall, sondern Berlin Energie den Zuschlag erhalten, ist dies
       sogar höchstwahrscheinlich. Der Privatkonzern würde dann womöglich
       argumentieren, dass Berlin Energie ein vom Land vorgeschobener
       unselbstständiger Akteur sei. Mit derselben Argumentation klagte die
       private Gasag in der ersten Instanz erfolgreich gegen den Zuschlag für die
       Gasnetzkonzession an Berlin Energie. Die Auseinandersetzung dauert an.
       
       25 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Peter
       
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