# taz.de -- Wer ist Friedrich Merz?: Der Mann, der die Märkte kennt
       
       > Friedrich Merz, 62, war mal Fraktionsvorsitzender und will neuer CDU-Chef
       > werden. Aber was macht er eigentlich beruflich?
       
 (IMG) Bild: Friedrich Merz ist in der deutschen Wirtschaft mehr als gut vernetzt
       
       Berlin taz | Ein Tag, der recht gut beschreibt, wofür Friedrich Merz
       kämpft, ist der 4. Juli 2007. Es ist ein Mittwoch, 13 Grad, es regnet in
       Strömen in Arnsberg, im Sauerland, wo Friedrich Merz wohnt; die Sonne ist
       selten zu sehen. 339 Kilometer entfernt, beim Bundesverfassungsgericht in
       Karlsruhe, verliert der CDU-Bundestagsabgeordnete an diesem Tag einen
       wichtigen Kampf. Es ist sein Kampf gegen zu viel Transparenz im Bundestag.
       
       Winfried Hassemer, Präsident des Zweiten Senats, verkündet an jenem
       Mittwoch, dass auch der Sauerländer künftig seine Nebentätigkeiten als
       Bundestagsabgeordneter offenlegen muss. Dagegen hatte Merz zuvor, gemeinsam
       mit acht weiteren Abgeordneten, in Karlsruhe geklagt. Die
       Offenlegungspflicht, argumentierte Merz, sei ein unzulässiger Eingriff in
       die Unabhängigkeit seines Abgeordnetenmandats und in die Berufsfreiheit von
       Parlamentariern.
       
       Kurze Zeit später war auf der Homepage des Deutschen Bundestags
       nachzulesen, für wen Merz also nebenher tätig war: für
       Versicherungskonzerne wie Axa und DBV Winterthur, für die Commerzbank, für
       BASF Antwerpen etwa oder die Deutsche Börse. Von insgesamt acht Konzernen
       hatte Merz jährlich Einkünfte der Stufe drei zu vermelden: mehr als 7.000
       Euro monatlich.Das wollte er nur äußerst ungern öffentlich mitteilen.
       
       [1][Wenn Friedrich Merz nun für den Parteivorsitz der CDU kandidiert], wie
       er am Montag in Berlin angekündigt und erörtert hat, drängt sich ein Mann
       in die politische Arena, der auf zweierlei zurückblicken kann: eine
       beachtliche politische Karriere bis hin zum Vorsitzenden der
       CDU/CSU-Bundestagsfraktion; und eine herausgehobene Position im deutschen
       Finanzsektor. Das könnte Wählerinnen und Wähler also durchaus
       interessieren: Was macht Friedrich Merz eigentlich beruflich?
       
       ## Einer der wichtigsten Repräsentanten von Blackrock
       
       Was also könnte es heißen, wenn er, [2][wie am Mittwoch in Berlin], sagt:
       „Ich möchte diese meine beruflichen Erfahrungen auf internationaler und auf
       nationaler Ebene einbringen, auch zum Wohle meiner Partei.“ Und mit wem hat
       Merz, der privat über ein Millionenvermögen verfügt, gesprochen, wenn er,
       wie ebenfalls am Mittwoch, sagt: „Ich habe das [meine Kandidatur; Anm. der
       Redaktion] natürlich mit dem Vorstandsvorsitzenden von Blackrock
       besprochen“?
       
       Blackrock, das ist ein globales Kapitalunternehmen, das mehr als 6
       Billionen Dollar für seine Kunden verwaltet. Wenn Blackrock wollte, könnte
       es Italien allein retten. Wenn Blackrock wollte, könnte es Italien allein
       vor die Hunde gehen lassen. Friedrich Merz, der von 1994 bis 2009 als
       Finanzpolitiker der CDU im Bundestag saß, ist dessen
       Aufsichtsratvorsitzender in Deutschland und einer der wichtigsten
       Repräsentanten.
       
       Das zeichnet Friedrich Merz also aus: Mit Blackrock im Rücken hätte ein
       Bundeskanzler Merz direkten Zugang zu den besten Marktanalysten der Welt.
       Und zu den besten Marktanalysen. Denn auch das ist das Geschäftsmodell des
       Konzerns, der mit seiner Marktmacht, wäre er ein Land, gleich hinter China
       und den USA rangieren würde – und der große Anteile an den meisten
       deutschen DAX-Konzernen hält. Blackrock investiert nicht nur, sondern berät
       auch Regierungen und Zentralbanken. Friedrich Merz ist Blackrocks Mann in
       Deutschland. Aber natürlich nicht nur.
       
       ## Merz hatte bisher insgesamt 19 Aufsichtsratsmandate
       
       Denn seit der Abgeordnete sich im Jahr 2004 zunächst zum Hinterbänkler
       erklärte, als Equity-Partner bei der Kanzlei Mayer Brown in Düsseldorf
       seine Berufsfreiheit genoss und sich 2009 dann ganz aus dem Bundestag
       verabschiedete, nutzte der Jurist die Zeit, seine vielfältigen Engagements
       in deutschen Unternehmen auszubauen. 2013 schließlich ließ er sich von
       Mayer Brown zum „Senior Counsel“ umtaufen. So hatte er mehr Zeit für seine
       inzwischen 19 Aufsichtsratsmandate.
       
       Auf eines aber legte Merz in der Zwischenzeit Wert: Während er für
       Blackrock in Deutschland den Türöffner spielte und in der deutschen und
       internationalen Finanzwelt große Fusionen begleitete, ließ er zwei Fäden
       nie ganz abreißen: die zu den Mittelstands- und Wirtschaftsflügeln der CDU
       und die in die wichtigen wirtschaftspolitischen Redaktionen wie etwa von
       Handelsblatt und Wirtschaftswoche. Spielwiesen: exklusive
       Unternehmergespräche am Tegernsee etwa oder der Hintergrundkreis des
       Bundesverbandes der Deutschen Industrie.
       
       Auch Blackrock selbst bot Merz aktiv an – als Interviewpartner und Experte
       zum Thema Altersvorsorge durch private Geldanlagen. Nicht überraschend: Das
       Geld, das Blackrock an den freien Märkten etwa in riesigen Rentenfonds
       verwaltet, ist häufig das Geld kleiner Leute, von Rentnern, von Beamten und
       Krankenschwestern. Pensionsfonds eben.
       
       Auch innerhalb der Finanzwelt wurde Merz stets für Journalisten im Spiel
       gehalten. So berichten Wirtschaftsredakteure davon, dass ihnen etwa beim
       Weltwirtschaftsforum in Davos aktiv Treffen mit Merz angeboten wurden. Ein
       Umstand übrigens, der für dessen jetzigen Konkurrenten im Amt um den
       CDU-Parteivorsitz, Jens Spahn, ebenfalls gilt.
       
       Seine prächtigen Verbindungen in die Politik konnte sich Merz immer wieder
       dotieren lassen. 2011 geriet er in die Schlagzeilen, weil er sich für die
       Abwicklung der maroden nordrhein-westfälischen Landesbank WestLB stolze
       Sätze von 5.000 Euro pro Tag hatte zahlen lassen – Steuergelder. Der
       staatliche Rettungsschirm Soffin sowie die Alteigentümer der Landesbank
       hatten Merz angestellt. Das waren die örtlichen Sparkassenverbände sowie
       die schwarz-gelbe NRW-Regierung unter Jürgen Rüttgers.
       
       Im November 2017 holte Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Armin
       Laschet Merz dann wieder näher zu sich heran. Er ernannte ihn zunächst zum
       – angeblich ehrenamtlichen – „Brexit-Beauftragten“ des Landes. Einen
       dotierten Posten gab es allerdings einen Monat später hinterher: Im
       Dezember 2017 wurde Merz Aufsichtsratsvorsitzender des Flughafens
       Köln-Bonn, ein Posten, den er gegen den Druck der Opposition dank der
       schwarz-gelben Landesregierung erhielt.
       
       ## Was wusste er von den Cum-Ex-Geschäften?
       
       Das ist, so weit, die beeindruckende Unternehmerkarriere des Friedrich
       Merz, der, sollte er eines Tages noch einmal Mitglied des Bundestages
       werden, dann wieder angeben müsste, für wen er so alles tätig ist. Das muss
       er derzeit nicht. Seine Kandidatur aber könnte helfen, ein paar offene
       Fragen zu klären. Etwa was er von den Cum-Ex-Geschäften der Düsseldorfer
       Privatbank HSBC wusste. Bei dieser sitzt er seit 2010 im deutschen
       Aufsichtsrat.
       
       Im Abschlussbericht eines Bundestagsuntersuchungsausschusses jedenfalls
       wird dem Geldhaus vorgeworfen, in jene Steuergeschäfte verwickelt gewesen
       zu sein, [3][die der Öffentlichkeit später unter dem Namen Cum-Ex bekannt
       wurden]. Das war ein struktureller Finanzskandal: Anleger hatten sich im
       großen Stil Steuern erstatten lassen, die zuvor gar nicht bezahlt worden
       waren. So wurden die öffentlichen Haushalte um Milliarden erleichtert.
       
       Waren die windigen Geschäfte wohl nie Thema im Aufsichtsrat? Das wird in
       den kommenden Wochen sicher noch ausrecherchiert werden. Merz jedenfalls,
       das muss nicht mehr recherchiert werden, ist ein Mann, der die Märkte
       kennt. Und sie kennen ihn.
       
       1 Nov 2018
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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