# taz.de -- Norwegen kauft mehr RWE-Aktien: Kohleausstieg? Erstmal nicht
       
       > Der staatliche Pensionsfonds Norwegens will eigentlich aus der Kohle
       > aussteigen. Doch nun verdoppelt er seine Beteiligung am Kohlekonzern RWE.
       
 (IMG) Bild: Norwegen verdoppelt seine Beteiligung an dem Kohlekonzern RWE (Bild aus dem Braunkohlerevier Grevenbroich)
       
       Stockholm taz | „[1][Ende Gelände]“? Diese Botschaft der deutschen
       Kohleenergiegegner scheint in der Investmentabteilung der Norwegischen
       Zentralbank noch nicht angekommen zu sein. Dort wird der auch als „Ölfonds“
       bekannte Auslandspensionsfonds verwaltet. In ihn fließt der Großteil der
       staatlichen Öleinnahmen, um nach dem Ende des Ölzeitalters künftige
       Generationen an diesem Reichtum teilhaben zu lassen. Der Fonds hat in den
       vergangenen Monaten ausgerechnet die Anteile am Braunkohleverstromer RWE
       aufgestockt.
       
       Hatte der Fonds zum Jahreswechsel einen Aktienanteil an RWE, der einem
       Stimmrecht von 1,37 Prozent entsprach, wurde im September kräftig
       dazugekauft. Der Anteil an diesem deutschen Energiekonzern beläuft sich
       nach den zuletzt in Deutschland veröffentlichten Zahlen nun [2][auf 3,12
       Prozent]. Die Norweger haben ihren Anteil also mehr als verdoppelt.
       
       Der Ölfonds hält jetzt rund 18 Millionen RWE-Aktien zu einem Marktwert von
       rund 320 Millionen Euro. Die Zentralbank selbst veröffentlicht solche
       Zahlen nur einmal jährlich, doch Fonds-Direktor Yngve Slyngstad bestätigte,
       „dass wir nun einen größeren Anteil an RWE haben als früher“. Konkret
       kommentieren will er diese Investitionsentscheidung aber nicht.
       
       Dabei war dem [3][weltweit größtem Staatsfonds] schon vor drei Jahren vom
       norwegischen Parlament die Auflage erteilt worden, zukünftig [4][nicht mehr
       in die Kohlewirtschaft] zu investieren. Damals gehörte der Ölfonds zu den
       Top-Ten-Investoren der globalen Kohlebranche und hielt Anteile an
       Gesellschaften, die für 23 Prozent der weltweiten Kohleförderung stehen.
       
       ## Richtlinien mit Schlupflöchern
       
       Infolge der neuen Richtlinien habe man 59 Firmen auf die schwarze Liste
       gesetzt und werde sich von deren Aktien trennen, hatte Slyngstad 2016
       angekündigt. Das seien „die meisten“, die von den vom Parlament
       vorgegebenen Ausschlusskriterien erfasst würden.
       
       Doch die Richtlinien enthalten Schlupflöcher, über die ein konsequentes
       Kohle-Divestment umgangen und auf die lange Bank geschoben werden kann. Es
       soll keine Investitionen mehr geben, die „in besonderem Maße schädlich für
       das Klima“ sind. Wozu „im Prinzip“ die Beteiligung an solchen Firmen zählt,
       die mehr als 30 Prozent ihrer Einkünfte mit Kohle generieren. Bei
       Unternehmen, die ihr Kohleengagement abbauen und sich der 30-Prozent-Grenze
       nähern, muss der Fonds aber beispielsweise nicht verkaufen.
       
       Er hätte nicht erwartet, dass in Europa der Tag kommen würde, an dem sich
       Menschen zusammenschließen müssten, „um uralte Wälder vor den Planierraupen
       eines Konzerns zu schützen – noch dazu in einem Land mit einem reichlichen
       Angebot erneuerbarer Energien“, schrieb Jan Erik Saugestad, Chef des
       größten privaten norwegischen Pensionsfonds Storebrand, in der vergangenen
       Woche [5][in einem Gastbeitrag für die Wirtschaftswoche].
       
       Am Zukauf weiterer RWE-Aktien durch den Ölfonds lässt er kein gutes Haar:
       Solche Aktien seien „toxisch“. Weite ein Energieunternehmen seine
       Kohleaktivitäten aus, „gibt es für uns nur eine Option: den Ausstieg“.
       Tatsächlich hatte Storebrand schon im vergangenen Jahr alle Kohleaktien aus
       seinen Fonds genommen, darunter die von RWE und von Uniper, der
       Tochtergesellschaft, in die der deutsche Eon-Konzern seine Kraftwerksparte
       mit der Stromerzeugung unter anderem aus Kohle und Gas ausgelagert hat.
       
       ## Peinlich für Norwegen
       
       Es gebe „keine Argumente mehr, die Kohlewirtschaft aufrechtzuerhalten“,
       schreibt Saugestad und fordert Aktieninvestoren auf, sich von solchen
       Aktien zu trennen, um „den Markt weg von der Kohle und hin zu sauberen
       Alternativen zu bewegen“.
       
       Es sei „ausgesprochen peinlich für Norwegen“, wenn der Staatsfonds seine
       Anteile am „Klimabanditen RWE“ nun mehr als verdoppelt habe, während andere
       Fonds sich von diesen trennten, kritisiert auch Martin Norman, Klimaexperte
       von Greenpeace Norwegen die Investitionspolitik der Zentralbank. Er fordert
       das Parlament in Oslo auf, die entsprechenden Richtlinien zu verschärfen,
       damit der Ölfonds nun endlich gezwungen werde, alle Kohleaktien zu
       verkaufen.
       
       2 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kohleprotest-von-Ende-Gelaende/!5546116
 (DIR) [2] http://www.dgap.de/dgap/News/pvr/rwe-aktiengesellschaft-veroeffentlichung-gemaess-abs-wphg-mit-dem-ziel-der-europaweiten-verbreitung/?newsID=1098003
 (DIR) [3] https://www.swfinstitute.org/sovereign-wealth-fund-rankings/
 (DIR) [4] /Pensionsfonds-aendert-Anlagemodell/!5201449
 (DIR) [5] https://www.wiwo.de/finanzen/geldanlage/kritik-an-kohlewirtschaft-rwe-aktien-sind-riskant-so-schnell-wie-moeglich-abstossen/23219036.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Norwegen
 (DIR) Kohle
 (DIR) Energie
 (DIR) RWE
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Ölkonzern
 (DIR) Energiewende
 (DIR) Unep
 (DIR) Kohle
 (DIR) Greenpeace
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Norwegischer Pensionsfonds: Erneuerbare statt Fossiles
       
       Neue Auflagen für den größten Staatsfonds der Welt: Er soll weniger in
       kohlelastige Unternehmen und dafür mehr in grüne Firmen investieren.
       
 (DIR) Norwegischer Pensionsfonds: Weg vom Öl
       
       Norwegen will Pensionsgeld nicht mehr in reine Öl- und Gas-Konzerne
       investieren. Das könnte US-Firmen treffen, die bald die größten Exporteure
       sind.
       
 (DIR) Kampagne zur EU-Investitionsbank: Keinen Cent mehr für Gas
       
       Die Kampagne „Fossil Free EIB“ will, dass die Europäische Investitionsbank
       für fossile Energieprojekte keine Kredite mehr vergibt. Vor allem nicht für
       Gas.
       
 (DIR) Familien gegen EU: Fürs Klima vors Gericht
       
       Zehn Familien verklagen die EU, weil sie schärfere CO2- Ziele erreichen
       wollen. Das liegt im Trend: Weltweit wird so in etwa 1.000 Prozessen
       Politik gemacht.
       
 (DIR) Greenpeace kritisiert Norwegen: Zu viel Kohle im Staatsfonds
       
       Umweltschützer fordern neue Kriterien für die Geldanlage des Staatsfonds.
       Er investiert immer noch Milliarden in fossile Energien.
       
 (DIR) Rangelei auf der Ostsee: Atomkonvoi drängt Greenpeace ab
       
       Anti-Atom-Protest: In der Ostsee liefert sich der Konvoi um das schwimmende
       AKW „Akademik Lomonosow“ ein Scharmützel mit Greenpeace.