# taz.de -- Vor dem EU-Gipfel in Brüssel: Brexit, letzter Akt
       
       > Nächste Woche wird entscheidend. Entweder London und Brüssel einigen sich
       > über Großbritanniens EU-Austritt – oder es kracht.
       
 (IMG) Bild: Brexit oder kein Brexit?
       
       Brüssel taz | So viel Dramatik ist selten in Brüssel. Drei Tage vor dem
       entscheidenden EU-Gipfel, der am Mittwochabend beginnt, bereiten sich die
       Europäer auf einen Durchbruch beim Brexit vor – aber auch auf ein Scheitern
       in letzter Minute. Eine Einigung sei zum Greifen nahe, frohlockten
       EU-Diplomaten am Sonntag in Brüssel. Man müsse sich aber auch für einen „No
       deal“ wappnen – also einen Brexit ohne Einigung.
       
       Die Sorge ist berechtigt, denn in London braut sich ein politischer Sturm
       zusammen. Der frühere Brexit-Minister David Davis, der im Juli aus Protest
       gegen die Linie der Premierministerin Theresa May zurückgetreten war, rief
       seine ehemaligen Kabinettskollegen in der Sunday Times offen zur Rebellion
       auf. Auch die nordirische protestantische Partei DUP lehnt die bisher
       bekannt gewordenen Pläne ab – sie könnte nun May die parlamentarische
       Unterstützung entziehen und damit die Regierung stürzen.
       
       Dass sich die Lage dramatisch zuspitzen würde, zeichnete sich schon länger
       ab. Bereits beim letzten EU-Gipfel im September in Salzburg kam es zum
       Eklat. EU-Ratspräsident Donald Tusk fegte Mays Pläne für ein selektives
       Freihandelsabkommen undiplomatisch vom Tisch – die konservative
       Regierungschefin musste noch einmal bei Null anfangen und zugleich so tun,
       als habe sich nichts geändert. Dies stürzt sie nun in neue, kaum lösbare
       Widersprüche.
       
       Zum Verhängnis könnte May vor allem der Streit über den sogenannten
       „Backstop“ für Nordirland werden. Diese „Auffanglösung“ wird nötig, wenn es
       nach dem bereits vereinbarten Brexit-Datum 29. März 2019 und der bis Ende
       2020 laufenden Übergangsphase, während der alle bisherigen Regeln weiter
       gelten, kein neues Abkommen über die zukünftigen Handelsbeziehungen
       Großbritanniens mit der EU geben sollte. Sie soll eine harte Grenze
       zwischen dem dann bereits aus der EU ausgeschiedenen Nordirland und dem
       EU-Mitglied Irland vermeiden.
       
       ## Hoffen insgeheim, Großbritannien halten zu können
       
       Zuletzt war geplant, dass Nordirland dann weiter in der Zollunion mit der
       EU bleibt. So könne man Grenzkontrollen zwischen beiden Teil der irischen
       Insel auf ein Minimum reduzieren, heißt es in Brüssel. Allerdings könnte
       dann eine Zollgrenze zwischen Nordirland und dem Rest des Königreichs
       entstehen – für Nordiren ein absolutes „No-go“.
       
       Dies käme einer „dauerhaften Annexion Nordirlands“ durch die EU gleich,
       warnt DUP-Chefin Arlene Foster. Auch bei den Brexit-Hardlinern in London
       lässt der EU-Plan alle Alarmglocken schrillen. Sie fürchten, dass
       Nordirland oder gar ganz Großbritannien auf unabsehbare Zeit in einer
       Zollunion mit der EU steckenbleiben.
       
       May versucht zwar bereits, die Sorgen zu zerstreuen. Die Zollunion werde
       befristet, auch wenn sie noch kein Enddatum nennen könne. Doch damit hat
       May indirekt zugeben, dass Großbritannien nicht nur während der
       Übergangsphase, sondern auch danach noch eng an die EU gebunden bleibt.
       Erst wenn ein Freihandelsabkommen oder ein anderes neues Statut in Kraft
       tritt, wäre der Brexit vollendet.
       
       ## Danach muss May den Deal durch ihr Kabinett bringen
       
       Der EU käme dies entgegen: Ratspräsident Tusk und viele andere EU-Politiker
       hoffen insgeheim, Großbritannien in der Union halten zu können. Die
       EU-Unterhändler wollen die künftigen Beziehungen denn auch möglichst vage
       halten; Brüssel legt sich nicht fest.
       
       Einen endgültigen und rechtsverbindlichen Deal strebt die EU hingegen beim
       Austrittsabkommen an – einschließlich des umstrittenen Backstops für
       Nordirland. Die Einigung soll schon an diesem Montag stehen. Danach muss
       May den Deal allerdings durch ihr Kabinett bringen. Dies ist für Dienstag
       geplant, könnte aber heikel werden – weshalb EU-Diplomaten die Devise
       ausgegeben haben, Details der Einigung geheim zu halten.
       
       „Deal gemacht. Nichts öffentlich gemacht (in der Theorie)“, heißt es in
       einer internen Note für die letzte Phase der Verhandlungen. Doch was
       passiert, wenn pikante Details durchsickern und May noch mehr in Bedrängnis
       gerät? Auch für diesen Fall ist die EU vorbereitet. Schon Mitte November
       könnten sich die Staats- und Regierungschefs erneut in Brüssel treffen, um
       über die Folgen eines ungeordneten Austritts zu beraten.
       
       14 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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