# taz.de -- Alternativer Nobelpreis: Der Mann, der die Wüste aufhält
       
       > Yacouba Sawadogo pflanzt Bäume, um im Niger und in Burkina Faso der Wüste
       > Einhalt zu gebieten. Dafür erhält er nun den Alternativen Nobelpreis.
       
 (IMG) Bild: In einer schweren Dürrephase pflanzte Sawadogo einen Wald
       
       Cotonou taz | Yacouba Sawadogo ist in Europa und seiner Heimat Burkina Faso
       gleichermaßen bekannt. Seit Jahren gilt der Farmer aus dem Norden des
       Binnenstaates als der Mann, der die Sahelzone wieder grün macht, der die
       Bäume zurückbringt und die Wüste stoppt. 2010 entstand über seine Arbeit
       bereits ein Dokumentarfilm.
       
       Nun erhält der 76-Jährige mit dem wettergegerbten Gesicht f[1][ür sein
       Engagement den Alternativen Nobelpreis.] Und nicht nur er wird für seinen
       Kampf gegen die Wüstenbildung in der Sahelzone geehrt: Mit dem
       Agrarökonomen Tony Rinaudo stammt in diesem Jahr gleich ein zweiter
       Preisträger aus Westafrika.
       
       Der 61-jährige Rinaudo ist Australier, lebt allerdings seit den 1980er
       Jahren im Niger und ist Experte für Landwirtschaft und Wiederaufforstung.
       Im Niger versuchte er als junger Mann, Bäume zu pflanzen – scheiterte aber
       zunächst. Dann entdeckte er, wie sich aus Wurzeln Bäume ziehen lassen. Nach
       und nach entwickelte er ein Renaturierungssystem für Bauern (FMNR), das er
       heute weltweit bekannt macht und mit dem der Hilfsorganisation World Vision
       zufolge bisher alleine im Niger mehr als sechs Millionen Hektar Wald
       aufgeforstet werden konnten.
       
       Das ist in der Sahelzone dringend notwendig. [2][Diese ist schon immer ein
       fragiles Ökosystem gewesen,] dem Klimawandel und Abholzung nun im
       besonderen Maße zu schaffen machen. Bis heute wird gerade im ländlichen
       Raum auf kleinen Holzöfen gekocht. Initiativen für Solarkocher gibt es
       zwar, doch die setzen sich nur langsam durch. Viele Modelle funktionieren
       nur tagsüber, gekocht wird traditionell aber abends und somit im Dunkeln.
       Feuerholz wird dringend gebraucht und nimmt einen immer größeren Teil des
       Haushaltsbudgets ein.
       
       ## Vorbilder in der Region
       
       Dazu trägt auch das Bevölkerungswachstum bei. In Burkina Faso, wo heute gut
       20 Millionen Menschen leben, liegt es bei drei Prozent; im Niger mit seinen
       19 Millionen Einwohnern sogar bei 3,19 Prozent. Verschwinden die Bäume,
       dann verschwinden aber auch Blätter und Früchte und somit Nahrung.
       
       Sawadogo begann vor 40 Jahren mit der Aufforstung. Aus einigen wenigen
       Bäumen wurden bis heute 40 Hektar. Dazu nutzt er eine alte, im westlichen
       Sahel verbreitete Technik: das Zaï-System. Das sind kleine Pflanzlöcher,
       die in Reihen angelegt werden. Sawadogo experimentierte und vergrößerte
       sie. Hinein kommt neben dem Saatgut auch Kompost und Viehdung. Das dient
       zur Versorgung mit Nährstoffen, lockert aber auch den Boden auf.
       
       Bei den Regenfällen, die in der ganzen Region immer kürzer und
       unvorhersehbarer werden, ist das enorm wichtig. Denn nur so kann die Erde,
       die mitunter wegen der langen Trockenheit knochenhart ist, überhaupt Wasser
       aufnehmen. Was sich für Pflanzen aller Art eignet, hat einen positiven
       Nebeneffekt: Aus den Pflanzlöchern sprießen nach und nach kleine Bäume.
       Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen raten Landwirten längst dazu, Zaïs
       auf ihren Feldern anzulegen.
       
       Genau deshalb sind Sawadogo wie auch Rinaudo, der im Niger „Chef der
       Bauern“ genannt wird, überall in der Region Vorbilder. Die Landwirtschaft
       ist kleinbäuerlich geprägt. Die wachsenden Familien besitzen meist nur
       wenige Hektar, die sie bewirtschaften. Geld und Zugang zu Dünger fehlen
       häufig, ausgemergelte Böden und sinkende Erträge sind die Folge. Alte
       Techniken und günstige, aber wirkungsvolle Initiativen sind deshalb von
       großer Bedeutung.
       
       ## Warnung vor Monokulturen
       
       Die Initiativen der beiden Preisträger sind jedoch nicht die einzigen zur
       Wiederaufforstung in West- und Zentralafrika: [3][In Burkina Faso rief der
       damalige Militärherrscher Thomas Sankara] in den 1980er Jahren ebenfalls
       zum Pflanzen von Bäumen auf. Die Bewegung „Balai Citoyen“, die 2014 den
       friedlichen Machtwechsel herbeiführte, organisiert immer wieder
       Pflanzaktionen.
       
       Die größte Initiative ist jedoch die große grüne Mauer der „Konvention zur
       Bekämpfung der Wüstenbildung“ der Vereinten Nationen (UN). Seit 2007 soll
       vom Senegal bis in den Sudan einen 7.000 Kilometer langer und bis zu 15
       Kilometer breiter Streifen aus Bäumen, Sträuchern und weiteren Pflanzen
       entstehen. Experten kritisieren das Vorhaben allerdings: Sie warnen vor
       Monokulturen. Vor allem aber ist es ein unpersönliches Projekt, ohne
       Gesichter wie die von Sawadogo und Rinaudo.
       
       24 Sep 2018
       
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 (DIR) Katrin Gänsler
       
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