# taz.de -- Macron zur Rolle Frankreichs in der Welt: Großer Mann kleinlaut
       
       > Mehr als ein Jahr ist der französische Präsident im Amt. Von seinen
       > außenpolitischen Visionen ist nicht viel übrig geblieben.
       
 (IMG) Bild: Nicht mehr so optimistisch wie vor einem Jahr: Präsident Macron
       
       PARIS taz | Beim jährlichen Treffen der französischen Botschafter und
       Botschafterinnen in Paris hat Staatspräsident Emmanuel Macron den Kurs der
       Sicherheits- und Außenpolitik und die Rolle Frankreichs in der Welt
       skizziert. Seine Analyse der Krise des Multilateralismus und der
       Globalisierung sowie seine Ausführungen zur Migrationsfrage richteten sich
       indirekt an seine Wähler und Wählerinnen, die bei den EU-Wahlen in neun
       Monaten ein Urteil über seine europäische Vision oder die Entwicklung der
       EU abgeben können.
       
       Macron klang weit weniger ambitiös und visionär [1][als noch vor einem
       Jahr], als er vor allem nach seiner Grundsatzrede zu Europa als neuer und
       womöglich sogar einziger „Leader“ in der EU begrüßt worden war. Denn die
       europäische Gemeinschaft und die internationalen Beziehungen insgesamt
       haben sich kaum in der von ihm erhofften und angestrebten Richtung
       entwickelt. Macron versteht sich darum weitgehend als Krisenmanager auf
       mehreren Schauplätzen, ohne allerdings die eigenen Mittel und Möglichkeiten
       zu überschätzen.
       
       Er sprach zunächst ausführlich von einer Krise des Multilateralismus, die
       er als Folge einer Enttäuschung über die Globalisierung analysiert. Diese
       habe zwar in bestimmten Bereichen sehr positive Ergebnisse gehabt, zugleich
       aber neue Ungleichheiten und Ungleichgewichte geschaffen, ökologische
       Katastrophen ausgelöst und bei den Menschen Ängste und starke
       Identitätsgefühle auf den Plan gerufen.
       
       Es gebe heute eine „Malaise mit der Globalisierung“, die er hinter dem
       amerikanischen Unilateralismus nach der Wahl von Donald Trump oder auch in
       den Divergenzen innerhalb der EU bei Themen wie Migration, Solidarität und
       Steuerharmonisierung ausmacht.
       
       ## Optimismus versus Skepsis
       
       Macrons europäischer Optimismus ist [2][konfrontiert mit einer weit
       verbreiteten Skepsis] und Opposition populistischer und nationalistischen
       Regierungen in der Gemeinschaft. Von der bei Wahlen politisch geschwächten
       Angela Merkel und ihrer Koalitionsregierung erhielt er auch nicht die
       erhoffte volle Unterstützung.
       
       Als Erfolg seiner Europapolitik beansprucht Macron Fortschritte bei der
       gemeinsamen Verteidigung. In den kommenden Wochen wolle er ein Projekt zur
       gemeinsamen Sicherheit vorlegen. „Europa kann seine Sicherheit nicht allein
       den Vereinigten Staaten anvertrauen. Es ist an uns, die Verantwortung zu
       übernehmen und so unsere Souveränität zu garantieren. Damit ziehen wir die
       Konsequenzen aus dem Ende des Kalten Krieges.“
       
       In keinem der von ihm angeschnittenen Bereiche möchte Macron auf die vor
       und nach seiner Wahl definierten Ziele verzichten. Alles scheint indes im
       Verlauf seines ersten Amtsjahres schwieriger geworden zu sein. Der Kampf
       für Europa werde „lang und schwierig“ sein, räumte Macron ein. Auch seine
       Rechnung, als engster Partner von Trump in Europa die amerikanische
       Außenpolitik und den Trend zum Protektionismus beeinflussen zu können, ist
       nicht aufgegangen.
       
       ## Weiter im Kampf gegen Terrorismus
       
       Er konnte weder verhindern, dass Trump aus den Vereinbarungen der Pariser
       Klimaverträge ausstieg noch, dass dieser die Atomverträge mit dem Iran
       aufkündigte und Sanktionen verhängte, die auch französischen Unternehmen
       schaden. Das freilich kann und will Macron nicht eingestehen.
       
       Er empfiehlt den Diplomaten, durch Partnerschaften auch mit
       nichtstaatlichen Organisationen in der Klimapolitik sowie durch
       Handelsaustausch Frankreichs Einfluss und Attraktivität zu stärken. Die
       neue Weltordnung, die Frankreich wolle, könne „weder auf Hegemonie noch auf
       einer Theokratie“ basieren, sondern auf dem Humanismus und der Anerkennung
       der Souveränität, sagte Macron.
       
       Im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten ein Jahrhundert nach dem Ende des
       Ersten Weltkriegs am 11. November soll in Paris ein internationales Forum
       für den Frieden entstehen. Vorerst wird Paris jedoch auch weiter in der
       afrikanischen Sahelregion und in Syrien im Kampf gegen den Terrorismus
       [3][das militärische Engagement unvermindert fortsetzen].
       
       27 Aug 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Rede-des-franzoesischen-Praesidenten/!5448050
 (DIR) [2] /Debatte-Demokratie-in-Europa/!5513783
 (DIR) [3] /Kurdische-Kaempfer-in-Syrien/!5495121
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Europa
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Schwerpunkt Armut
 (DIR) Melania Trump
 (DIR) Donald Trump
 (DIR) Total
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Vorurteile in der französischen Politik: Der Präsident der Reichen
       
       Macron empfiehlt einem arbeitslosen Gärtner, er solle sich als Kellner
       bewerben. Das zeigt einmal mehr, für welche Klientel Macron Politik macht.
       
 (DIR) Sozialpolitik in Frankreich: Acht Milliarden Euro gegen Armut
       
       Der französische Staatschef Macron will die Armut bekämpfen und legt einen
       Fokus auf Kinder. Arbeitslose sollen strengere Auflagen bekommen.
       
 (DIR) Regierungsbildung in Slowenien: Start mit pro-europäischem Credo
       
       Der neue Premier Marjan Šarec steht einer Regierung aus fünf Parteien vor.
       Ob er für Europa ein verlässlicher Partner ist, muss sich zeigen.
       
 (DIR) Pulitzer-Preisträger über Ära Trump: „Der absolute Tiefpunkt“
       
       Ronan Farrow ist Journalist und Ex-Diplomat. Über die US-Außenpolitik hat
       er nun ein Buch geschrieben. Was haben wir zu erwarten?
       
 (DIR) Aus Le Monde diplomatique: Der Konzern am Kabinettstisch
       
       Wie eine Nebenregierung führt sich der Total-Konzern in Frankreich auf. Die
       US-Sanktionen gegen Handelspartner des Iran machen ihm aber zu schaffen.