# taz.de -- Neues Konzept für gemeinsames Lernen: NRW dreht schulische Inklusion zurück
       
       > FDP-Schulministerin Yvonne Gebauer stellt neue Standards für gemeinsames
       > Lernen vor. Gleichzeitig will sie Sonderschulen stärken.
       
 (IMG) Bild: So kann inklusiver Unterricht aussehen: bilingualer Unterricht auf Deutsch und Gebärden in Erfurt
       
       Marsch zurück bei der Inklusion! Mit dem neuen Konzept für gemeinsames
       Lernen an Schulen hat die nordrhein-westfälische Schulministerin Yvonne
       Gebauer (FDP) ein zentrales Wahlversprechen der schwarz-gelben
       Landesregierung eingelöst. Am Freitag stellte Gebauer in Düsseldorf die
       „Eckpunkte zur Neuausrichtung der Inklusion in der Schule vor“.
       
       Sie umfassen für weiterführende Schulen verbindliche Qualitätsstandards,
       die schon ab dem Schuljahr 2019/20 gelten sollen. Demnach muss jede Schule,
       die behinderte SchülerInnen in den Regelunterricht integrieren will, über
       ein pädagogisches Konzept zur inklusiven Bildung verfügen, genügend
       Lehrkräfte für sonderpädagogische Förderung haben, das Kollegium
       fortbilden, sowie gewisse räumliche Voraussetzungen erfüllen.
       
       „Wir werden die Angebote an Schulen des gemeinsamen Lernens bündeln und
       eindeutige Qualitätskriterien einführen“, fasste Gebauer den
       Kabinettsbeschluss zusammen. Heißt: Das Ziel ist nicht mehr, wie unter
       ihrer grünen Vorgängerin Sylvia Löhrmann, ein möglichst hoher
       Inklusionsgrad an allen Schulformen, sondern die Beschränkung der Inklusion
       auf einige wenige weiterführende Schulen. Dort soll künftig die
       Inklusionsformel „25 – 3 – 1,5“ die beschlossenen Standards garantieren.
       
       Demnach sollen die Schulklassen im Schnitt mit 25 SchülerInnen starten, von
       denen drei Jungen oder Mädchen sonderpädagogischen Förderbedarf haben
       dürfen. Für jede dieser Klassen erhält die Schule eine halbe zusätzliche
       Stelle. Dafür will das Schulministerium den weiterführenden Schulen bis
       2025 knapp 5.800 zusätzliche Stellen zur Verfügung stellen. Die Hochschulen
       in NRW sollen künftig 250 zusätzliche Studienplätze für Sonderpädagogik
       anbieten, um den Bedarf zu decken.
       
       ## Nicht die erste Kehrtwende
       
       Neu ist auch, dass Gymnasien künftig selbst entscheiden dürfen, ob sie
       inklusive Klassen anbieten oder nicht. Ebenso, dass wieder neue
       Förderschulen gegründet werden können. Bei den bestehenden wird die
       Mindestgröße herabgesetzt, um Sonderschulen wieder „flächendeckend“
       anbieten zu können. Damit dürfte die derzeitige Inklusionsrate von 42
       Prozent wieder sinken.
       
       Die Schulministerin begründet die Maßnahmen mit der Kritik von Eltern an
       der Umsetzung inklusiver Konzepte. Vor allem der Personalmangel und
       fehlende Standards waren ein Dauerthema an inklusiven Schulen in NRW. Im
       Deutschlandfunk sagte Gebauer: „Wir haben gesehen, dass die Inklusion, so
       wie sie in der Vergangenheit aufgesetzt gewesen ist, zu großem Unmut
       geführt hat.“
       
       Unmut brachten jedoch auch Gebauers Pläne hervor: „Das sind keine Eckpunkte
       zur Förderung der Inklusion, das ist Politik zur Stärkung der
       Förderschulen“, sagte die bildungspolitische Sprecherin der Grünenfraktion
       im Landtag, Sigrid Beer. Ihr SPD-Kollege Jochen Ott kritisierte: „Die
       geplanten Förderschulgruppen an allgemeinbildenden Schulen fördern nicht
       die Inklusion, sondern die Ausgrenzung.“ Auch Dorothea Schäfer, GEW-Chefin
       in NRW, bezeichnete die Pläne als Rückschritt: „Es passt nicht zum Gedanken
       der Inklusion, dass die Gymnasien ausgenommen werden.“
       
       Die neuen Inklusionsvorgaben sind nicht die erste bildungspolitische
       Kehrtwende unter Schwarz-Gelb. Im November beschloss die Regierung die
       Rückkehr zu G9. Und nach den Sommerferien soll der Unterrichtsausfall für
       jede einzelne Schule erfasst werden. Auch das ist ein Versprechen aus dem
       Wahlkampf.
       
       11 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Pauli
       
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