# taz.de -- Fahrrad und ÖPNV: Intermodal? Ziemliche Qual!
       
       > Der Nahverkehrsplan 2019–2023 setzt auf stärkere Kombination von Fahrrad
       > und ÖPNV. Das ist gut – und leicht gesagt.
       
 (IMG) Bild: Schicke Bike-and-Ride-Stationen gibt es schon. Leider in Hamburg
       
       Mit dem Fahrrad zum U- oder S-Bahnhof fahren, das Velo während der Fahrt im
       Wagen anketten, um es wieder für die „letzte Meile“ zu besteigen:
       theoretisch ein probates Mittel, um Wege in der Stadt zurückzulegen – fürs
       Radeln allein sind diese oft zu weit, und nicht immer liegen Start und Ziel
       in komfortabler Nähe zu einer Station. Die Praxis ist aber oft qualvoll:
       Vor allem in der U-Bahn fehlt Platz, und das Fahrradticket garantiert die
       Beförderung nur, wenn dieser „ausreichend“ vorhanden ist.
       
       Auch die AutorInnen des Nahverkehrsplans, mit dem die
       Senatsverkehrsverwaltung Umfang und Qualität des öffentlichen
       Personennahverkehrs (ÖPNV) festlegt, wissen das: Im Entwurf für 2019–2023,
       der seit Kurzem im Netz steht, heißt es, die Kombination der Bahn mit dem
       „feinerschließenden“ Fahrrad führe „immer wieder zu Konflikten um den
       knappen Platz“. Eingeschränkt werde dadurch etwa die „Nutzung der
       Unterwegszeit“, die viele Fahrgäste zum Lesen von Zeitungen oder E-Mails
       nutzten, was „für den ÖPNV ein besonderer Marktfaktor“ sei. Dabei ist die
       S-Bahn im Vorteil: In ihren geräumigeren Wagen beförderte sie schon bei der
       letzten Verkehrserhebung 2007 rund viermal so viele Fahrräder pro
       Zugkilometer wie die U-Bahn.
       
       ## Mehr „Intermodalität“
       
       Und dennoch: Zählt man die Varianten hinzu, bei denen das eigene Rad am
       Bahnhof stehen bleibt oder bei denen Leihräder zum Einsatz kommen, wird das
       Kombi-Fahren (Expertenjargon: „Intermodalität im Umweltverbund“) immer
       beliebter. Schon 2007 taten es 100.000 Fahrgäste täglich, seitdem habe sich
       die Zahl wohl deutlich erhöht, heißt es im Entwurf. Und weil das neue
       Mobilitätsgesetz Bahn und Fahrrad klar bevorzugt, definieren die
       PlanerInnen ein klares Ziel: „den Anteil der ÖPNV und Fahrrad
       kombinierenden Wege an allen werktäglichen Wegen von 3 % auf 5 % zu
       erhöhen“.
       
       Das ist eine ganze Menge. Für die Variante „Mitnahme“ soll es durch die
       Verbesserung der Kapazität erreicht werden. Nur: Wirklich konkret wird das
       Planwerk nicht. Lediglich in Bezug auf die S-Bahn empfiehlt es Sitze, die
       sich hochklappen oder aber leicht ausbauen lassen. Die neuen Ringbahn-Züge,
       die sich in der Herstellung befinden, werden tatsächlich etwas mehr Platz
       bieten, und auch die aktuelle U-Bahn-Serie IK hat Mehrzweckbereiche mit
       mehr Rad-Raum. Grundsätzlich lässt aber gerade die landeseigene BVG oft
       durchblicken, dass sie FahrradfahrerInnen nicht als Kernklientel
       betrachtet.
       
       Einer Rad-Mitnahme im Bus verweigert der Nahverkehrsplan seinen Segen.
       Gefordert wurde sie zuletzt im „Radverkehrsdialog“ für das
       Mobilitätsgesetz. Das sei geprüft worden, aber: „Im Ergebnis zeigte sich,
       dass eine Fahrradmitnahme im Bus unter den Berliner Rahmenbedingungen nicht
       sinnvoll gestaltbar ist.“ Es gebe tagsüber zu wenig Platz in den
       Fahrzeugen, und eine zeitliche Differenzierung sei unrealistisch, weil die
       Auslastung je nach Strecke und Uhrzeit ganz unterschiedlich ausfalle. Zudem
       – da ist man ganz ehrlich – könnten nur wenige Busse eine spürbar höhere
       Reisegeschwindigkeit gegenüber dem Fahrrad erzielen. In Nachtbussen ist die
       Mitnahme dagegen schon zulässig, ebenso wie in Straßenbahnen der jüngsten
       Generation („Flexity“).
       
       ## Parkplätze zu Abstellanlagen
       
       Um die Steigerung der Rad-Bahn-Kombi zu erreichen, muss also vor allem das
       Umsteigen ohne Mitnahme attraktiver werden – VerkehrsplanerInnen sprechen
       von „Bike and Ride“ (B+R). Hier sieht der Entwurf Defizite: „An vielen
       Stationen ist die Nachfrage nach B+R-Plätzen bereits größer als das
       vorhandene Angebot.“ Eine Möglichkeit sei, Kfz-Stellplätze in
       Fahrradanlagen umzuwandeln. Auch „im Bereich wichtiger Bus- und
       Straßenbahnhaltestellen“ sei die Anlage von B+R-Plätzen zu prüfen. Das
       Mobilitätsgesetz schreibt den massiven Ausbau von Rad-Abstellanlagen vor.
       
       Wenig Beachtung schenkt das Dokument dem Thema Leihfahrräder – obwohl der
       Senat mit Nextbike einen Anbieter gezielt finanziell fördert. Das Leipziger
       Unternehmen hat sich verpflichtet, mindestens 5.000 Räder an 700 festen
       Stationen im Innenstadtbereich bereitzuhalten. Die Zahl der Räder will
       Nextbike nach eigenen Angaben bis Jahresende erreicht haben, bei den
       Stationen hinkt es gnadenlos hinterher: Derzeit sind es rund 170.
       
       5 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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