# taz.de -- Kommentar Koalitionskrise auf EU-Ebene: Europa geht auch ohne Merkel
       
       > Wer meint, dass die EU-Kommission Stoßgebete anstimmt, um Merkel zu
       > retten, liegt falsch. Das Steuer haben längst andere übernommen.
       
 (IMG) Bild: Bisou für den französischen Präsidenten: Die Führung der EU ist längst an Macron übergegangen
       
       Krise – welche Krise? In Brüssel geht das Geschäft weiter, auch wenn Angela
       Merkel daheim in Berlin um die Macht kämpft. Wer meint, dass die
       EU-Kommission oder der Ministerrat bereits Stoßgebete anstimmen, um Merkel
       zu retten, der liegt falsch.
       
       Zum einen ist die Kanzlerin in der EU längst nicht mehr unumstritten. Es
       ist ihr zwar gelungen, einstige Widersacher wie Griechenlands Premier
       Alexis Tsipras auf ihre Seite zu ziehen. Doch seit der Flüchtlingskrise
       2015 liegt Merkel mit halb Europa über Kreuz. Schon damals wollte die
       „Flüchtlingskanzlerin“ eine „Koalition der Willigen“ bilden, um eine
       „europäische Lösung“ zu finden – vergeblich.
       
       Heute steht Merkel zwar nicht mehr für eine liberale Flüchtlingspolitik.
       Doch beliebter ist sie deshalb in Brüssel nicht geworden. [1][Beim
       EU-Gipfel Ende vergangener Woche] gab nicht etwa Merkel den Ton an, sondern
       Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte. Er blockierte, wohl auf
       Anweisung der Hardliner aus Rom, alle Beschlüsse. Für den Kompromiss sorgte
       am Ende Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron.
       
       Das zeigt, dass sich die EU nicht mehr um Merkel dreht. Die Führung ist
       längst an Macron übergegangen, auch Österreichs rechtslastiger Kanzler
       Sebastian Kurz greift immer öfter ins Steuerrad. Das heißt nicht, dass man
       Merkel in Brüssel schon abgeschrieben hätte. Aber es zeigt doch, dass die
       EU zur Not auch ohne die „ewige“ Kanzlerin könnte. Sollte Merkel scheitern,
       hinterließe sie eine große Lücke. Den Untergang der EU würde es aber nicht
       bedeuten.
       
       Im Grunde hat der Abschied schon im vergangenen Jahr begonnen, rund um die
       Bundestagswahl. Der CDU-Chefin fiel weder zu Europa noch zur
       Flüchtlingspolitik etwas Vernünftiges ein. Merkel hat die beiden
       wichtigsten Themen sträflich vernachlässigt – und es auch noch versäumt,
       eigene Fehler zu korrigieren, wie den Türkei-Deal oder die Probleme im
       Bamf. Das rächt sich nun. In Berlin – aber auch in Brüssel.
       
       3 Jul 2018
       
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