# taz.de -- Schutz vor häuslicher Gewalt: Geld für anonyme Spurensicherung
       
       > Die Frauenministerinnenkonferenz will Frauen besser vor Gewalt in der
       > Beziehung schützen. Ost-Rentnerinnen sollen finanziell unterstützt
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Bisher werden Spuren einer Vergewaltigung in der Regel nur gerichtsfest dokumentiert, wenn Betroffene sofort Anzeige erstatten
       
       Bremerhaven taz | Die Finanzierung von anonymer Spurensicherung nach einer
       Vergewaltigung soll künftig bundeseinheitlich sicher gestellt werden. Auf
       ein Aktionsprogramm zum Schutz vor häuslicher Gewalt haben sich die
       Gleichstellungs- und Frauenministerinnen der Länder auf ihrer Konferenz
       geeinigt. Sie tagten zwei Tage in Bremerhaven – mit dabei war auch
       Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD). Am Freitag stellte Bremens
       Frauen- und Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) Beschlüsse und Ergebnisse
       vor.
       
       „Gewalt in nahen Beziehungen ist eine Menschenrechtsverletzung und Ausdruck
       eines hierarchischen Geschlechterverhältnisses“, sagte Stahmann. Jedes Jahr
       würden 150 Frauen von ihren Beziehungspartnern oder früheren Partnern
       umgebracht, täglich 180 Anzeigen wegen Körperverletzung gestellt.
       
       Ein entscheidender Punkt der Konferenz war die Finanzierung von anonymer
       Spurensicherung bei sexualisierten Übergriffen, die nach Auffassung der
       Gleichstellungsministerinnen so schnell wie möglich sicher gestellt werden
       soll. Bisher übernehmen Krankenkassen die Kosten für ärztliche
       Beweisdokumentationen nach beispielsweise einer Vergewaltigung nur, wenn
       zugleich eine Gewalttat angezeigt wird. Aber „Frauen und Mädchen sind nach
       einem Gewaltverbrechen häufig nicht in der Lage, die Tat anzuzeigen“, sagte
       Stahmann.
       
       Daher gibt es in einigen Städten und Regionen, darunter Bremen, anonyme und
       anzeigenunabhängige Spurensicherungen für sexualisierte Gewalt. Bisher
       werden Spuren einer Vergewaltigung in der Regel nur gerichtsfest
       dokumentiert, wenn Betroffene sofort Anzeige erstatten. Mit einer anonymen
       Spurensicherung in Gewaltschutzambulanzen können Betroffene ihre
       Verletzungen anonym und rechtssicher ärztlich dokumentieren und sich „in
       Ruhe überlegen, ob sie Anzeige erstatten oder nicht“, wie Terre de Femme
       [1][auf ihrer Website] schreiben.
       
       ## Anonym und rechtssicher
       
       Die Forderungen an die Bundesregierung sind Teil der 2017 ratifizierten und
       im Februar 2018 in Kraft getretenen [2][Istanbul-Konvention] zur
       „Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“.
       Bundesfamilienministerin Giffey und die Bundesregierung sind aufgefordert,
       eine Gesamtstrategie im Sinne der Konvention zu entwickeln.
       
       Ein weiterer Beschluss der Konferenz betraf gut 28 Jahre nach der
       Wiedervereinigung Wendeverliererinnen. Bis 2019 soll die Bundesregierung
       ein Konzept für einen Rentenausgleich für Frauen vorlegen, die zu
       DDR-Zeiten geschieden wurden. Die Länder Sachsen, Brandenburg, Thüringen
       und Bremen hatten den Bund zuvor aufgefordert, die Diskriminierung von in
       der DDR geschiedenen Frauen zu beseitigen.
       
       Insbesondere die Gleichstellungs- und Frauenministerin aus Sachsen, Petra
       Klöppel (SPD), hat sich seit Längerem für den systemgerechten
       Rentenausgleich eingesetzt. Besonders betroffen von Benachteiligung sind
       bisher DDR-Frauen, die keinen Versorgungsausgleich für Kinder und
       Erziehungsarbeit geltend machen konnten. Einen solchen nämlich gab es in
       der DDR nicht. Der Wiedervereinigungsvertrag hat dies bis heute nicht
       ausgeglichen. Für die DDR-Rente wurden nur die letzten 20 Arbeitsjahre
       angerechnet, für die Erziehungszeit erhielten Frauen als Rentenbeitrag
       einen symbolischen Betrag von drei Mark monatlich.
       
       Der „Verein der in der DDR geschiedenen Frauen“ kümmert sich seit 1999 um
       dioeses Problem. Von einst 800.000 betroffenen Rentnerinnen leben dem
       Verein zufolge heute noch etwa 300.000 Frauen in durchaus existentiellen
       Nöten: In Folge der Ungleichbehandlung fehlten vielen Frauen 300 bis 400
       Euro monatlich.
       
       8 Jun 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.frauenrechte.de/online/themen-und-aktionen/haeusliche-und-sexualisierte-gewalt/unterstuetzung-fuer-betroffene/anonyme-spurensicherung
 (DIR) [2] /Konvention-gegen-Gewalt-gegen-Frauen/!5481534
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Frauen
 (DIR) Sexualisierte Gewalt
 (DIR) Rente
 (DIR) DDR
 (DIR) Gewalt gegen Frauen
 (DIR) Schwerpunkt #metoo
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Konvention gegen Gewalt gegen Frauen: „Eine echte Schatzkiste“
       
       Nun tritt in Deutschland die Istanbul-Konvention gegen Gewalt gegen Frauen
       in Kraft. Jetzt geht es um die Auslegung, sagt Katja Grieger.
       
 (DIR) Kampagne #MeToo: Kein privates Problem
       
       Aus den sozialen Netzwerken auf die Straße: In Berlin organisieren
       Aktivistinnen eine Demonstration gegen sexualisierte Gewalt.
       
 (DIR) Wiedervereinigung und die Wahl: Merkels vergessene Schwestern
       
       Die sächsische SPD-Politikerin Petra Köpping hört den Verlierern der Wende
       zu. Die erzählen von der Arroganz des Westens und ganz realer
       Benachteiligung.