# taz.de -- Tilo Jung befragt Netanjahu: Merkels Geheimwaffe
       
       > Vor kurzem wollten Journalisten Youtuber Tilo Jung aus der
       > Bundespressekonferenz verbannen. Bei Netanjahus Besuch durfte er nun
       > kritische Fragen stellen.
       
 (IMG) Bild: Jung & etabliert? Reporter Tilo Jung darf jetzt auch im Kanzleramt Fragen stellen
       
       BERLIN taz | Empfängt Angela Merkel einen Regierungschef aus dem Ausland,
       ist die Zeit meist knapp. Die gemeinsamen Pressekonferenzen dürfen nicht zu
       lange dauern und deshalb gilt fürs Fragerecht die 2+2-Regel: Aus jedem der
       beteiligten Länder kommen nur zwei Journalisten zu Wort – im Normalfall die
       mit der größten Reichweite, oft also Leute von der Nachrichtenagentur dpa
       oder von der ARD.
       
       Anders beim Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu:
       Den durfte am Dienstagabend Tilo Jung fragen, wie lange Israel das
       Westjordanland noch besetzen werde.
       
       Eine besondere Premiere, denn Jung ist das Enfant terrible des deutschen
       Journalismus: Er nervt Regierungssprecher gerne mit provokanten Fragen, die
       Mitschnitte stellt er hinterher auf seinen YouTube-Kanal Jung & Naiv. Mit
       seiner Art kommen nicht alle Journalistenkollegen klar – manche wollten ihn
       vor ein paar Jahren aus der Bundespressekonferenz werfen.
       
       Warum er jetzt zum ersten Mal überhaupt im Kanzleramt fragen durfte? War
       das vielleicht eine subtile diplomatische Note der Bundeskanzlerin an den
       israelischen Ministerpräsidenten, mit dessen Politik sie bekanntlich nicht
       einverstanden ist? Fahr endlich dein Siedlungsprogramm zurück – oder ich
       hetze dir den Jung auf den Hals?
       
       ## Soll er mal machen
       
       Nein, so war es wohl nicht. Welche zwei Kollegen ihre Fragen stellen
       dürfen, das klären die anwesenden Journalisten im Normalfall unter sich. So
       lief es auch am Dienstag, berichtet Jung: Die Reporter steckten die Köpfe
       zusammen und einigten sich auf eine Frage zum Iran-Abkommen. Für die zweite
       Frage schlug Jung die Besetzung vor und einer der Silberrücken sagte: Ja,
       ja, soll er mal machen.
       
       Dem zuständigen Personal im Kanzleramt bleibt nichts anderes übrig, als die
       Entscheidung entgegenzunehmen und die entsprechenden Reporter aufzurufen.
       „Der Assistent von Steffen Seibert hat ein bisschen das Gesicht verzogen“,
       sagt Tilo Jung am Tag nach seinem historischen Moment. Fragen durfte er
       trotzdem.
       
       Warum hat keiner von Jungs Kollegen, die ihn einst loswerden wollten, ein
       Veto eingelegt? Sind Jungs Fragen vielleicht so brav geworden, dass niemand
       mehr ein Problem mit ihm hat? „Inhaltlich habe ich mich nicht verändert“,
       sagt er selbst. Die Kollegen hätten sich aber womöglich ihm gegenüber
       entradikalisiert. Und kündigt an: Bei Pressekonferenzen im Kanzleramt
       schaut er in Zukunft öfters vorbei.
       
       5 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
       
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