# taz.de -- Kommentar Steinmeier in Polen: Ein historischer Besuch
       
       > Polens Präsident Andrzej Duda versucht Grundwerte gegen die rechte
       > Regierung zu verteidigen. Dabei sollte ihn sein deutscher Amtskollege
       > unterstützen.
       
 (IMG) Bild: Verteidigt Demokratie und Freiheit: Polens Präsident Andrzej Duda
       
       Tempo, Tempo“, heißt das Motto in Polens Hauptstadt Warschau. Doch Polens
       nationalpopulistische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die seit Ende
       2015 die Regierung stellt, prescht mit einem so atemberaubenden Tempo
       zurück in die Zeiten des Realsozialismus, dass ausländische Politiker mit
       der Entwicklung kaum Schritt halten können.
       
       So will Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seinem Warschau-Besuch
       am Dienstag und Mittwoch an die gemeinsamen Interessen Deutschlands und
       Polens in der Europäischen Union anknüpfen und Polen dazu animieren, sich
       stärker an der Debatte um die Zukunft der EU zu beteiligen. Doch Steinmeier
       wird sich nur mit Präsident Andrzej Duda treffen, der in der EU-Politik
       seines Landes nicht viel zu sagen hat.
       
       Womöglich aber nutzt Steinmeier das Vier-Augen-Gespräch mit Duda, um diesem
       moralisch den Rücken zu stärken. Dessen Versuche, als Präsident Polens
       EU-Grundwerte wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Freiheit im eigenen
       Land und gegen die PiS zu verteidigen, wurden bislang im Ausland viel zu
       wenig anerkannt.
       
       Ähnlich, wie es Willy Brandt 1970 tat, setzt nun auch Steinmeier stark auf
       symbolische Gesten. Geplant ist ein im Wortsinne historischer Besuch: Nach
       der Kranzniederlegung am Denkmal des Warschauer Aufstandes 1944 werden die
       beiden Präsidenten Polens und Deutschlands die historische Konferenz zum
       Jahr 1918 eröffnen: „Deutschland und Polen in Europa“. Sie soll unter
       anderem an den Beitrag der Deutschen bei der Wiedergewinnung der
       staatlichen Unabhängigkeit Polens vor 100 Jahren erinnern. Am Mittwoch will
       Steinmeier dann nach einem Treffen mit ausgewählten Vertretern der
       polnischen Zivilgesellschaft und der deutschen Minderheit in Polen einen
       Kranz am Denkmal der Helden des Ghettoaufstands 1943 niederlegen.
       
       Der Kniefall Willy Brandts vor dem Ghettodenkmal war ein Meilenstein im
       langen Versöhnungsprozesses zwischen Deutschen und Polen. Steinmeier könnte
       etwas Ähnliches gelingen – fernab des Warschauer Lebensgefühls von „Tempo,
       Tempo“.
       
       5 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriele Lesser
       
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