# taz.de -- Kommentar Oleg Senzow im Hungerstreik: Zynisches Dilemma
       
       > Lässt die russische Regierung zu, dass sich Oleg Senzow zu Tode hungert?
       > Eigentlich will sie bei der Fussball-WM ihr Image polieren.
       
 (IMG) Bild: Der ukrainische Regisseur Oleg Senzow schaut während seines Prozesses in Rostow am Don aus seinem Käfig
       
       Es ist ein Drama, das einen tödlichen Ausgang nehmen könnte. [1][Seit dem
       14. Mai befindet sich der ukrainische, in Russland inhaftierte Regisseur
       Oleg Senzow im Hungerstreik.] Sein Gesundheitszustand ist kritisch, doch er
       scheint fest entschlossen, seine Aktion [2][bis zum bitteren Ende
       durchzuziehen].
       
       Dabei geht es Senzow nicht nur um seine eigene Sache, sondern um rund 60
       bis 70 Ukrainer, die derzeit in russischen Gefängnissen sitzen und deren
       unverzügliche Freilassung er fordert. Diesen Fällen, die schon längst aus
       dem Fokus der Öffentlichkeit verschwunden sind, ist eins gemein: [3][Sie
       beruhen auf abstrusen und fabrizierten Anklagen] mit dem Ziel,
       Oppositionelle jedweder Couleur kaltzustellen und gleichzeitig
       [4][potenziellen Kritikern deutlich vor Augen zu führen], was auch ihnen
       blühen könnte.
       
       Diese „Strategie der Abschreckung“ ist laufend zu besichtigen – nicht
       zuletzt auf der 2014 annektierten Halbinsel Krim, [5][wo Vertreter der
       Minderheit der Krimtartaren beinahe tagtäglich Opfer schwerer
       Menschenrechtsverletzungen werden.]
       
       Auch wenn die russische Staatsmacht ansonsten nicht zimperlich ist, wenn
       Oppositionelle – meist aus ungeklärten Gründen – in Haft zu Tode kommen,
       sieht es im Fall Senzow etwas anders aus. Der Mann ist international
       bekannt [6][und genießt auch außerhalb der Ukraine und Russlands eine
       breite Unterstützung].
       
       Was jedoch noch schwerer wiegt: In knapp drei Wochen beginnt in Russland
       die Fußballweltmeisterschaft, die der Kreml natürlich dafür nutzen möchte,
       um sein Image etwas aufzupolieren und sich dem Rest der Welt in bestem
       Licht zu präsentieren. Zynisch ausgedrückt: Da käme ein zu Tode gehungerter
       ukrainischer Regisseur sehr ungelegen.
       
       Der Kreml sieht sich also einem Dilemma gegenüber. Damit er handelt,
       braucht es Druck von außen – und diesmal könnte er tatsächlich wirken.
       Schlimm genug aber, dass es dafür erst so weit kommen musste.
       
       30 May 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.rferl.org/a/russia-ukrainian-filmmaker-sentsov-starts-hunger-strike-in-prison/29229733.html
 (DIR) [2] /Regisseur-Oleg-Senzow-im-Hungerstreik/!5505787
 (DIR) [3] https://www.tagesspiegel.de/kultur/berlinale-the-trial-der-kreml-gegen-oleg-senzow/19371190.html
 (DIR) [4] http://www.sueddeutsche.de/politik/bolotnaja-prozess-in-russland-moskauer-gericht-verurteilt-acht-kremlkritiker-1.1894960
 (DIR) [5] https://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/krim-krimtataren-russland-gerichtsprozess-achtem-tschijgos
 (DIR) [6] http://www.deutschlandfunkkultur.de/katja-petrowskaja-ueber-oleg-senzow-es-ist-alles-unfassbar.1013.de.html?dram%3Aarticle_id=418837
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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