# taz.de -- Russischer Journalist in Kiew ermordet: Tödliche Schüsse auf Babtschenko
       
       > Putin-Kritiker Arkadi Babtschenko wurde vor seiner Wohnung abgepasst.
       > Sein Tod reiht sich in eine Serie von Morden an Journalisten in der
       > Ukraine.
       
 (IMG) Bild: Nannte Putin nie „Präsident“: der Journalist Arkadi Babtschenko
       
       Kiew taz | Arkadi Babtschenko, aus Russland geflohener Journalist, wurde am
       Dienstagabend mit drei Schüssen tödlich getroffen, als er aus einem Kiewer
       Lebensmittelgeschäft in seine Wohnung zurückkam. Der oder die Täter, die im
       Hausflur auf Babtschenko gewartet haben mussten, sind spurlos verschwunden.
       Noch am gleichen Abend starb er auf dem Weg ins Krankenhaus.
       
       Seine Frau, die sich zur Tatzeit im Badezimmer aufgehalten hatte, fand den
       41-jährigen Journalisten blutüberströmt auf dem Wohnungsflur liegend. Die
       Kiewer Polizei geht davon aus, dass der Mord in direktem Zusammenhang mit
       der Arbeit und der gesellschaftlichen Positionierung des oppositionellen
       russischen Journalisten stehe.
       
       Babtschenko, der vor einem Jahr Russland angesichts zunehmender Drohungen
       verlassen und zunächst in Israel und Tschechien gelebt hatte, bevor er nach
       Kiew gezogen war, gehörte unter den russischen Journalisten zu den
       schärfsten Kritikern von Präsident Putin. Er weigere sich, von einem
       „Präsident Putin“ zu sprechen, hatte er einmal gesagt. Das Wort Präsident
       suggeriere, dass diese Person demokratisch an die Macht gekommen sei. Wie
       könne man jemanden, der die Macht mit Gewalt usurpiert habe, als
       „Präsidenten“ ansprechen.
       
       Babtschenko, der in beiden Tschetschenien-Kriegen zunächst als
       Wehrpflichtiger dann als Zeitsoldat auf der russischen Seite gekämpft
       hatte, hatte sich nach einem abgeschlossenen Jura-Studium als Korrespondent
       und Kriegsberichterstatter im russischen Fernsehen einen Namen gemacht.
       
       Im Konflikt in der Ukraine bezog er von Anfang an Position für die Ukraine.
       Das wäre kein Konflikt, sondern eine Besetzung des Donbas, zitiert das
       Internet-Portal svoboda.org den russischen Journalisten. Russland, so
       Babtschenko, würde im Donbas einen aggressiven Krieg gegen einen
       Nachbarstaat führen.
       
       ## Der zweite Geburtstag – und der Tod
       
       Babtschenko, der gerne davon träumte, 96 Jahre alt zu werden, muss indes
       irgendeine Vorahnung gehabt haben. Sein letzter Post auf seiner
       Facebook-Seite zeigt ein Foto eines Hubschraubers: „Vor vier Jahren hat mir
       General Kultschitskij einen Platz in diesem Hubschrauber verweigert, weil
       es überladen gewesen wäre“, erinnert er sich. Zwei Stunden später sei der
       Hubschrauber mit seinen 14 Passagieren abgestürzt. „Das war mein zweiter
       Geburtstag“, schreibt er in seinem allerletzten Post wenige Stunden vor
       seinem Tod.
       
       Ebenfalls kurz vor seinem Tod postete er von „einer Person aus dem Umfeld
       des Präsidenten, die offen über einen Mord an mir nachdenkt“. Welchen
       Präsidenten er indes gemeint haben könnte, geht aus dem inzwischen
       gelöschten Post nicht hervor.
       
       Der ukrainische Journalist Taras Beresowez vermutet in einem Text auf dem
       Online-Portal Obosrewatel, dass Babtschenko möglicherweise nur ein
       zufälliges Opfer gewesen wäre. So habe der ukrainische Gemeindienst
       Informationen gehabt, dass russische Geheimdienste einen Terroranschlag in
       der ukrainischen Hauptstadt geplant hatten.
       
       Nachdem dieser sich aber als nicht durchführbar erwiesen habe, habe man ein
       Opfer aus der [1][russischen Emigration] gesucht, das durch seine
       Anti-Putin Position bekannt sei. Und dies sei eben Babtschenko gewesen,
       vermutet Beeresowez. Und das bedeutet, dass es jeden der in der Ukraine
       lebenden russischen Putin-Gegner treffen könne, schließt Beresowez.
       
       ## Viele ungeklärte Morde an ukrainischen Journalisten
       
       Sergiy Tomilenko, Vorsitzender des ukrainischen Journalistenverbandes,
       verurteilt gegenüber der taz im Namen seines Verbandes den „brutalen Mord
       an unserem Kollegen Arkadi Babtschenko“. Gleichzeitig fordert er die
       staatlichen Behörden auf, eine gründliche und effektive Untersuchung des
       Mordes vorzunehmen. „Der Mord geschieht vor dem Hintergrund einer
       systematischen Straflosigkeit für Verbrechen gegen Journalisten, die unser
       Verband in der Ukraine dokumentiert hat“.
       
       Bisher habe es noch keine echte Bestrafung für einen Mord oder einen
       gewalttätigen Übergriff gegen Journalisten in der Ukraine gegeben, so
       Tomilenko. Gleichzeitig ruft Tomilenko Präsident Poroschenko auf, den
       Kindern des ermordeten russischen Journalisten Babtschenko eine
       Halbwaisenrente zuzuerkennen.
       
       Der Mord an Babtschenko reiht sich ein in eine Reihe nicht aufgeklärter
       [2][Morde ukrainischer Journalisten] und Politiker. 2015 waren in Kiew der
       Journalist Oles Busina und der Politiker Oleh Kalaschnikow, im Juli 2016
       der russische Journalist Pawel Scheremet, im November 2017 die
       Maidan-Aktivistin Amina Okuyeva ermordet worden.
       
       30 May 2018
       
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