# taz.de -- Finanzsenator bei der IHK: Allein unter Unternehmern
       
       > SPD-Mann Kollatz-Ahnen erklärt beim Frühstück den Marktgläubigen, warum
       > die Marktwirtschaft bei bezahlbaren Wohnungen nicht funktioniert.
       
 (IMG) Bild: Hier im Parlament, am Donnerstag bei der IHK: Ein Finanzsenator muss viel erklären
       
       Einführung in die Volkswirtschaftslehre. Es tritt auf: ein 60-Jähriger in
       dunklem Anzug, lila Krawatte und nackenlangem vollem Grauhaar. Um den
       Wohnungsmarkt geht es, warum es viel Nachfrage, aber kaum Angebot gibt –
       und warum deshalb das aus beidem konstruierte Prinzip der Marktwirtschaft
       in diesem Fall versagt. „Der Markt bringt vorzugsweise nicht Wohnungen im
       unteren und mittleren Preisniveau hervor“, erklärt der Mann den Menschen
       vor ihm, warum genau deshalb der Staat ranmuss.
       
       Das ist angesichts des Settings an diesem Donnerstagmorgen durchaus pikant.
       Denn der Mann ist bei der Industrie- und Handelskammer zu Gast, der IHK,
       und die Menschen, die da vor Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen von der
       SPD an runden Tischen frühstücken, sind vorwiegend Unternehmer. Die
       argumentieren gern und viel mit Marktwirtschaft. Sie mögen es gar nicht,
       wenn der Staat mitmischt – jedenfalls nicht über gute Straßen, Schulen und
       Sicherheit hinaus. Gleich der erste Fragesteller nach dem mehr als
       halbstündigen Vortrag wirft dem rot-rot-grünen Senat Eingriffe ins
       Wirtschaftsleben vor und fordert niedrigere Steuern.
       
       ## Vereinzelter Beifall
       
       Auch IHK-Chef Jan Eder passt zu viel Staat nicht. Warum etwa brauche Berlin
       – und da zitiert er die Grünen – ein „entfesseltes Stadtwerk“, das aus
       seiner Sicht doch nur ein weiterer Stromlieferant neben über 200 anderen
       ist? Und warum will der Senat selbst so viele Wohnungen bauen?
       
       Doch der Finanzsenator widerspricht der Annahme, dass der Senat den
       Wohnungsbau komplett an sich gerissen habe und private Unternehmen außen
       vor lasse. Die landeseigenen Unternehmen würden das Wohnungsproblem nicht
       lösen – aber sie könnten „in einer Größenordnung von 20 Prozent“ dazu
       beitragen.
       
       „Es ist unser erklärtes Ziel, dass man sich mit einem mittleren oder
       durchschnittlichen Einkommen in Berlin eine Wohnung leisten kann und nicht
       nur ein Zimmer“, sagt Kollatz-Ahnen. Das ruft Händeklatschen hervor – an
       genau einem Tisch von über zehn im Saal. „Vereinzelter Beifall“, stellt der
       Senator trocken fest. Er hat in diesem Kreise der mutmaßlich Besitzenden
       plötzlich etwas Kevin-Kühnert-haftes Revoluzzerisches. Kollatz-Ahnen war
       ja, wie der heutige Juso-Chef, immerhin auch mal im Vorstand des
       SPD-Nachwuchses. Das ist zwar 30 Jahre her und dazwischen liegen diverse
       Bänkerjobs, aber an diesem Tag wieder präsent. Bleibt abzuwarten, ob das im
       Jahr 2048 auch einer über Kühnert schreibt.
       
       3 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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