# taz.de -- Die Wahrheit: Wolkenwasser gegen Brexit
       
       > Das können Briten gut: Warmes Bier brauen für alle Lebenslagen. Hat doch
       > Großbritannien die meisten Mikrobrauereien der Welt.
       
       Die Fastenzeit ist seit zwei Wochen vorbei, die Briten können sich wieder
       ihrem Hobby widmen – dem Bier. Großbritannien hat die meisten
       Mikrobrauereien der Welt, auf eine Million Menschen kommen 25 Stück. Wer
       soll das alles trinken? Eine der neuesten Brauereien ist Cloudwater aus
       Manchester. Wolkenwasser? Man nennt es normalerweise Regen, und so schmeckt
       das Zeug auch. Eine 330-Milliliter-Flasche kostet sechs Euro. Bei dem
       englischen Klima wäre es billiger, einen Eimer vor die Tür zu stellen.
       
       Nach dem Referendum zum Austritt aus der Europäischen Union haben viele
       Brauereien die Sache zu Werbezwecken ausgenutzt und Biere mit klangvollen
       Brexit-Namen produziert, wobei die politische Einstellung meistens unklar
       bleibt. Eine kleine Brauerei fährt sicherheitshalber zweigleisig: Sie hat
       ein helles Ale produziert, das „Brexit Smooth“ heißt und blumig im Abgang
       sein soll, während die dunkle Variante namens „Brexit Bitter“ geröstete
       Spuren von Geräuchertem und Schokolade enthalten soll.
       
       Diese beiden Brexit-Biere haben nur ein Ziel, so die Brauerei: die
       gespaltene Nation wieder vereinen. Freunde und Familienmitglieder können
       sich an einen Tisch setzen und die Dinge bei einem Biergelage diskutieren.
       Das Problem ist, dass jedes Wochenende in Englands Städten wüste
       Schlägereien nach Biergelagen ausbrechen.
       
       Selbst das Ausland ist auf den Brexit-Zug aufgesprungen. Die
       Paname-Brauerei in Paris bietet ein Brexiteer New England IPA an. Der
       Eigentümer Michael Kennedy erklärt, „Brexiteer“ erinnere an „Musketeer“ und
       repräsentiere das französische Element, während England nach dem
       EU-Austritt ein neues Land sei – also New England. Danke für die Erhellung,
       Herr Kennedy. IPA steht übrigens nicht für „Insel-Pisse mit Alkohol“,
       sondern für „India Pale Ale“.
       
       Auch die Isländer mischen mit. Die Brauerei Gæðingur Öl Brugghús nennt ihr
       Bier „Brexit Solution“. Die Brexit-Lösung besteht wohl darin, dass einem
       nach ein paar Litern von dem Gesöff alles egal ist. Die irische Two Sides
       Brewing taufte ihr Produkt dagegen „Big Mistake Brexit IPA“. Eine Brauerei
       in Tasmanien, die übersetzt „Saustall“ heißt, wirbt für ihr Ale mit dem
       Slogan: „Es ist so britisch, dass es sogar warm schmeckt.“
       
       Die Kneipenkette Wetherspoon will die Trinker hingegen politisch
       überzeugen, denn der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Tim Martin, ist
       glühender EU-Hasser. Er hat 500.000 Bierdeckel mit dem Wetherspoon-Manifest
       drucken lassen, auf denen in den 893 Wirtshäusern des Unternehmens die
       Getränke serviert werden. „Großunternehmen wollen die Öffentlichkeit für
       dumm verkaufen“, erfährt der Kunde. Es sei unwahr, dass die Preise für
       Lebensmittel nach einem Brexit ohne Handelsabkommen steigen würden.
       
       Auf der Rückseite des Bierdeckels verlangt Martin, sich „die Rechte an den
       historischen Fischgründen“ zurückzuholen, damit die Leibspeise der
       Engländer, Fish and Chips mit warmem Bier, für immer gesichert sei. Petri
       Heil und IPA!
       
       16 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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