# taz.de -- Die Wahrheit: Das goldige Blatt
       
       > Wie bekommt man das Kindermädchen ins Bett? Eine Zeitlang wusste die
       > Hauspostille der britischen Royals da Rat.
       
       Ich fand die Lady auf dem Flohmarkt und nahm sie mit nach Hause. Sie
       kostete nur 50 Cent, weil sie nicht mehr ganz frisch aussah. The Lady ist
       die älteste Frauenzeitschrift Großbritanniens, sie erscheint ohne
       Unterbrechung seit 1885. Gegründet wurde sie von Thomas Gibson Bowles, und
       sie ist noch immer im Besitz seiner Familie. Das Blatt ist berühmt für
       Seiten voller Kleinanzeigen, durch die Großbritanniens Oberschicht
       geeignete Haushälterinnen und Kindermädchen findet.
       
       Selbst die königliche Familie greift darauf zurück. Prinz William und
       Gattin Kate, auch bekannt als „die Cambridges“, suchten in The Lady eine
       „Haushälterin für ein großes Familienanwesen in Norfolk“. Kate verriet den
       Leserinnen, dass man aus dem Kensington-Palast in London ausgezogen sei, um
       den Kindern auf dem Landsitz „ein normales Familienleben zu ermöglichen“.
       Die normale englische Familie lebt nämlich in einem georgianischen Anwesen
       mit zehn Schlafzimmern, Pool, Tennisplatz, Parkanlage, jeder Menge
       Bediensteter und Polizeiaufgebot rund um die Uhr.
       
       Vorigen Dienstag hat Prinz William den neuen Sohn Louis Arthur Charles of
       Cambridge standesamtlich registrieren lassen. Das Amt hatte geöffnet, weil
       der 1. Mai in England stets am ersten Montag im Mai, also heute, gefeiert
       wird, damit die Nation ein langes Wochenende hat. Der kleine Prinz ist mit
       seinem Namen gestraft. Die Royals haben nur eine Handvoll Namen zur
       Auswahl, und die recyceln sie bei jeder Geburt. Bruder George und Vater
       William heißen mit zweitem Namen auch Louis, William und Opa Charles heißen
       Arthur, und Charles heißen sowieso alle, auch die Frauen, bei denen der
       Name manchmal zu Charlotte abgewandelt wird.
       
       ## Erste Modernisierungsmaßnahme: die Webseite
       
       The Lady gratulierte online zur Geburt. Man hat jetzt eine [1][Website],
       aber das ist auch die einzige Modernisierung seit 1885. Einmal, im Jahr
       2008, versuchte Herausgeber Ben Budworth, der Urenkel des Gründers, etwas
       frischen Wind in den Laden zu bringen. Er machte ausgerechnet Rachel
       Johnson zur Chefredakteurin. Sie ist die Schwester des britischen
       Außenministers Boris Johnson und genauso gaga. Als Erstes gab sie einen
       Artikel zum Thema „Wie bekommt man das Kindermädchen ins Bett?“ in Auftrag.
       In einer Dokumentation für Channel 4 bezeichnete sie die viktorianischen
       Redaktionsräume als „Mischung zwischen einem Begräbnisinstitut und einem
       Irrenhaus“. Über ihre Zeitschrift sagte sie: Es sei ein „lächerliches
       kleines Magazin, das niemanden interessiert“.
       
       Budworths Mutter Julia Budworth, der Eigentümerin der Zeitschrift,
       bescheinigte Johnson, sie sei „eitel, versnobbt und besessen von Penissen“.
       Es entwickelte sich ein Kleinkrieg, den die alte Dame nach gut zwei Jahren
       für sich entschied. Johnson musste gehen. Ihre Widersacherin konnte ihre
       Freude nicht verbergen: „Rachel ist ins House of Lords versetzt worden“,
       kicherte sie. The Lady bleibt, wie sie ist.
       
       7 May 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://lady.co.uk/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Boris Johnson
 (DIR) Irland
 (DIR) Schwerpunkt Abtreibung
 (DIR) Hotel
 (DIR) Gin
 (DIR) Die Wahrheit
 (DIR) Großbritannien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: Jungfrau mit Kind
       
       Irland lag im 7. Jahrhundert mit den Brehon-Gesetzen vorn. Damals hieß es:
       Ein Nein der Frau, die sich auch scheiden lassen konnte, war ein Nein.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Engel auf Stecknadelkopf
       
       Die Ir*innen haben richtig entschieden! Auch dank unfreiwilliger Hilfe von
       alten Säcken, die sich in Podcasts versuchen.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Liebesbrief an einen Kopfsalat
       
       Einmal im Jahr wird bekanntgegeben, was Hotelgäste alles in ihren Zimmern
       zurücklassen. Es sind einige mehr als ungewöhnliche Gegenstände …
       
 (DIR) Die Wahrheit: Goldfischglas mit Gemüse
       
       Früher, als es nur Gordon’s Gin und Schweppes Tonic gab, galt das als
       Omagetränk. Heutzutage trinken es Teenager. Die Werbung funktioniert
       tadellos.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Sockenkauf mit Pediküre
       
       Nackenmassage gefällig? Oder eine Kaffeekapselprobe? Einkaufen als Erlebnis
       ist auch in Dublin das neue große Ding.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Wolkenwasser gegen Brexit
       
       Das können Briten gut: Warmes Bier brauen für alle Lebenslagen. Hat doch
       Großbritannien die meisten Mikrobrauereien der Welt.