# taz.de -- CDU-Parteitag in Berlin: Standing Ovations für die Kanzlerin
       
       > Angela Merkel hat die Reihen hinter sich geschlossen. Die Groko und die
       > neue Generalsekretärin wurden deutlich durchgewunken.
       
 (IMG) Bild: Angela Merkel hat es geschafft: sie geht siegreich aus dem CDU-Parteitag hervor
       
       BERLIN taz | Am Ende ihrer Rede bekommt Angela Merkel Standing Ovations. Es
       ist ein langanhaltender Beifall, den ihr die 975 Delegierten am
       Montagmittag auf dem 30. Bundesparteitag der CDU in Berlin spenden. Wie zu
       ihren besten Zeiten. Verflogen scheint das innerparteiliche Grummeln der
       vergangenen Wochen und Monate seit der Bundestagswahl. Wer erwartet hätte,
       ein Scherbengericht würde mit der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden
       veranstaltet, sieht sich getäuscht.
       
       Rund eine Stunde hatte Merkel zuvor für den Koalitionsvertrag der Union mit
       der SPD geworben. Fünf Monate nach der Bundestagswahl müsse die Union den
       Weg für eine „stabile, handlungsfähige Bundesregierung“ ebnen. Ausführlich
       stellte sie die aus ihrer Sicht positiven Seiten des Vertrags heraus, von
       der Unterstützung von Familien, dem „deutlichen Schwerpunkt“ auf Pflege und
       Gesundheit sowie der „Null Toleranz“-Linie in der inneren Sicherheit. „Wir
       haben hart gerungen, wir mussten Kompromisse eingehen, aber wir haben auch
       viel durchgesetzt“, sagte sie.
       
       Es war eine sorgsam ausbalancierte Rede: eine Prise Selbstkritik, etwas
       nachdenklich, aber vor allem darum bemüht, ihrer Partei neue Zuversicht
       nach dem schlechten Abschneiden bei der Wahl im September zu geben. „Wir
       wären doch nicht die CDU, wenn wir uns deprimiert in Selbstfindungskurse
       begäben“, lautete ihre Botschaft. „Nein, unsere Haltung ist: Wir wollen es
       besser machen.“
       
       Merkel räumte abermals ein, dass das Abschneiden der Union bei der
       Bundestagswahl enttäuschend gewesen sei. „Das Ergebnis entspricht nicht
       unseren Ansprüchen“, sagte sie. Gleichzeitig betonte sie, dass ohne die
       Union weiterhin keine Regierung gebildet werden könne. „Wir werfen einen
       Regierungsauftrag doch nicht einfach vor die Füße der Wählerinnen und
       Wähler, weil wir uns mehr Prozentpunkte gewünscht hätten.“
       
       Verantwortlich für die Verluste machte sie ein Unbehagen in der
       Bevölkerung, das erstens die Funktionsfähigkeit staatlicher Institutionen
       betreffe, was durch die Flüchtlingskrise verstärkt worden sei, zweitens den
       technischen Fortschritt etwa durch die Digitalisierung und drittens die
       Entwicklungen der Welt um Deutschland und Europa herum. Das starke
       Abschneiden der AfD zeige, dass die CDU „vor völlig neuen
       Herausforderungen“ stehe. Gleichzeitig sagte sie Antisemitismus und
       Ausländerfeindlichkeit den Kampf an. „Diejenigen, die mit platten und
       hasserfüllten Parolen durch unser Land ziehen, werden auf unseren
       entschlossenen Widerstand treffen“, sagte sie.
       
       Notwendig sei nun eine „neue Dynamik für Deutschland“. Dafür sei die CDU
       gut aufgestellt: „Wir haben eine starke Mannschaft, liebe Freunde.“ Die
       Delegierten hörten es gerne. Selbstverständlich gab es in der
       anschließenden mehrstündigen Aussprache auch kritische Stimmen, aber sie
       bleiben deutlich in der Minderheit. Selbst der als Merkel-Kritiker geltende
       designierte Gesundheitsminister Jens Spahn hielt ein flammendes Plädoyer
       für den Koalitionsvertrag – und verkniff sich jegliche Spitze gegen die
       Chefin. Dazu beigetragen hat sicherlich, dass die Kanzlerin im Vorfeld mit
       ihrer ausgeklügelten Personalpolitik gerade ihm mächtig Wind aus den Segeln
       genommen hat.
       
       ## Gute Stimmung
       
       Das prominenteste Contra kam denn auch von niemandem aus der ersten oder
       zweiten Reihe, sondern von dem früheren hessischen CDU-Fraktionschef
       Christean Wagner. „Wir haben rechts von uns Platz gemacht“, sagte der
       74-jährige Konservative mit Blick auf das Erstarken der AfD. Die CDU müsse
       nun dafür sorgen, die nach Rechtsaußen abgewanderten Wählerinnen und Wähler
       wieder zurückzuholen. Das schlechte Wahlergebnis schreie nach einer
       Fehleranalyse. Als Beispiel nannte Wagner den Kurs von Merkel in der
       Flüchtlingskrise.
       
       Noch deutlicher wurde der Ravensburger CDU-Delegierte Eugen Abler, auch
       bereits ein älteres Semester. „In einem langen Prozess haben Sie die Partei
       nach links geführt“, hielt er der Kanzlerin vor. Inbrünstig wetterte er
       gegen „kulturfremde Wirtschaftsmigranten“, beklagte eine vermeintliche
       „schleichende Islamisierung“ und geißelte die „Ehe für alle“, die „gegen
       das Schöpfungsgesetz Gottes“ sei. Schließlich forderte Abler „das
       Bekenntnis des Staates zum Kreuz“. Beifall erhielt der christliche
       Fundamentalist nicht. Sein Beitrag wurde schlichtweg ignoriert.
       
       Nichts sollte die ansonsten erstaunlich gute Stimmung trüben. „Dieser
       Parteitag ist ein Parteitag des Aufbruchs und der Zuversicht“, jubilierte
       Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier. Die Beschlussfassung über den
       Koalitionsvertrag am Nachmittag geriet zur Formsache. Nachdem der Parteitag
       eine geheime Abstimmung abgelehnt hatte, votierten gerade mal 27 Delegierte
       mit Nein.
       
       Nicht minder eine Formsache war die Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer zur
       neuen Generalsekretärin. Dass ihre Nominierung der wohl cleverste Schachzug
       Merkels in letzter Zeit gewesen ist, zeigte sich bereits an den
       Beifallsstürmen während der Bewerbungsrede der bisherigen saarländischen
       Ministerpräsidentin. „Der Star ist die Mannschaft, der Star ist die CDU“,
       sagte sie in ihrer umjubelten Rede. Kaum jemand verfügt in der CDU
       flügelübergreifend über eine derartig hohe Akzeptanz. Entsprechend deutlich
       fiel ihr Wahlergebnis aus: mit 98,8 Prozent wurde sie gewählt.
       
       Die Frauenspitze 
       
       Nun stehen also mit Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer erstmalig zwei
       Frauen an der Spitze der CDU. Auch die Riege der designierten
       CDU-Regierungsmitglieder ist deutlich weiblicher geworden. Doch bisweilen
       sind es die vermeintlichen Nebensächlichkeiten, an denen sich ablesen
       lässt, wie es tatsächlich um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in
       Parteien bestellt ist. Auf dem Berliner Parteitag der CDU reicht eigentlich
       schon ein Blick durch die Delegiertenreihen, um zu sehen, wie weit der Weg
       tatsächlich noch ist.
       
       Noch deutlicher wird das ungleiche Geschlechterverhältnis jedoch, wenn man
       sich die Parteitagsgremien anschaut. Im fünfköpfigen Tagungspräsidium sitzt
       gerade mal eine Frau, die Mandatsprüfungskommission ist rein männlich, der
       Stimmzählkommission gehören zehn Männer und vier Frauen an, in der
       Antragskommission sind 28 Mitglieder männlich und nur acht weiblich.
       
       26 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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