# taz.de -- Rechtsradikale in der Ukraine: Eine Antwort auf die „Patrioten“
       
       > Knapp 200 Menschen haben in Kiew gegen eine paramilitärische
       > „Volksbürgerwehr“ demonstriert, die sich als Law-and-Order-Truppe
       > aufspielt.
       
 (IMG) Bild: Treueeid auf das ukrainische Volk: Einheiten der rechtsradikalen „Volksbürgerwehr“ am 28. Januar 2018 in Kiew
       
       Kiew taz | Über 150 Menschen, vorwiegend Jugendliche, sind am Sonntag,
       angeführt von einer Samba-Gruppe vermummter Frauen, vom Kiewer
       Kontraktova-Platz zum Post-Platz gezogen, um gegen den Marsch der
       paramilitärischen „Volksbürgerwehr“ eine Woche zuvor zu demonstrieren. Bei
       diesem hatten 600 Freiwillige angekündigt, auf den Straßen zu
       patrouillieren und dort, notfalls auch mit Gewalt, für Ordnung zu sorgen.
       
       In Sprechchören wie „Wir brauchen euren Schutz nicht“, „Gegen Rassismus“
       und „Mehr Freiheit, weniger Kontrolle“ forderten die Teilnehmer der
       Demonstration von den staatlichen Behörden ein entschiedenes Vorgehen gegen
       rechtsradikale paramilitärische Strukturen.
       
       Aufgerufen zu dem Marsch hatten die Architektin Maria Poltoratschenko, die
       Aktivistin Claudia Kunizkaja und der Künstler Wladimir Kusnezow. „Wir haben
       uns in einem kleinen Freundeskreis vor zwei Tagen erst entschieden, diesen
       heutigen Marsch als Antwort auf den Marsch der Paramilitärs zu
       organisieren. Wir sind Privatpersonen, eine Organisation steht nicht hinter
       dieser Demonstration“, so Poltoratschenko zur taz.
       
       „Wir müssen die Ukraine vor dem Faschismus schützen“, erklärte der
       ukrainische Menschenrechtler Wolodimir Tschemeris. „Die demokratische
       Gesellschaft darf nicht zulassen, dass die Rechtsradikalen weiter verwöhnt
       werden.“ Fast jeden Tag erfahre man von Überfällen von Rechten und die
       Polizei schaue einfach nur weg, so Tschemeris.
       
       ## Ein Zeichen setzen
       
       „Ich bin gekommen, weil ich will, dass unsere Gesellschaft ein Zeichen
       setzt, sagt, dass sie nicht zulässt, dass die öffentliche Ordnung von
       Rechtsradikalen aufrechterhalten werden soll“ erklärte Nina Potarska von
       der „Women International League for Peace and Freedom“
       
       Am 28. Januar hatten 600 zum Teil maskierte Jugendliche der rechtsradikalen
       „Nationalen Bürgerwehr“ mit einem Marsch durch Kiew von sich reden gemacht.
       Ihren Treueeid auf das ukrainische Volk hatten sie am Ende des Marsches vor
       ihrem Führer Andrej Bilezkyj geleistet.
       
       Der langjährige Feldkommandeur des Freiwilligenbataillons „Asow“ steht in
       seinen Ansichten rechts vom „Rechten Sektor“. Die von Asow-Kommandeur
       Bilezkyi angeführte Organisation „Patrioten der Ukraine“ habe noch 2008 in
       der Stadt Charkiw Hitlers „Mein Kampf“ verteilt, berichtet Ewgenij
       Sacharow, Direktor der „Menschenrechtsgruppe Charkiw“. „Immer wenn die
       ´Patrioten der Ukraine` durch Charkiw marschiert sind, hat sich mein
       chinesischer Freund nicht aus dem Haus getraut“, sagt eine Bewohnerin von
       Charkiw gegenüber der taz.
       
       Sofort nach dem Marsch durch Kiews Hauptstraße Ende Januar machte sich die
       neu gegründete Volksmiliz an die Arbeit. Als die Abgeordneten des
       Stadtrates der ukrainischen Kleinstadt Tscherkasy am 29. Januar über den
       Haushalt debattieren wollten, sahen sie sich auf einmal einer Gruppe von
       maskierten und offensichtlich auch bewaffneten Jugendlichen der Volksmiliz
       gegenüber.
       
       ## Einsatz von Gewalt
       
       Diese hatten sich die unter die Abgeordneten gemischt und sie in der
       Ratssitzung bedrängt. Abgeordnete, die den Ratssaal hatten verlassen
       wollen, waren mit Gewalt daran gehindert worden. Am Ende verabschiedeten
       die Abgeordneten den Haushalt so, wie es die Volksmiliz von ihnen verlangt
       hatte.
       
       Das Internet-Portal „strana.ua“ sieht in dem Vorfall von Tscherkasy
       Gefahren für die gesamte Ukraine. Am 29. Januar hätten die „Volksmilizen“
       allen Politikern im Land gezeigt, dass sie jederzeit mit Druck von
       paramilitärischen Gruppen rechnen müssten, so „strana.ua“. „Die faktische
       Entmachtung der Polizei durch eine Straßenarmee kann zum Verlust des
       staatlichen Gewaltmonopols führen.“ Letztendlich könne sich das, was in
       Tscherkasy passiert sei, überall wiederholen, auch in der Verhochvna Rada,
       dem Parlament des Landes.
       
       4 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Clasen
       
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