# taz.de -- Rückrunde der Fußball-Bundesliga: Die Comebacker kommen
       
       > Die Bundesliga geht in ihre zweite Hälfte. Dass schon viel entschieden
       > ist, glauben nur wenige. Da geht noch was.
       
 (IMG) Bild: Wieder im Dress des VfB Stuttgart: Mario Gomez
       
       ## Der FC
       
       Die Erstklassigkeit des ersten Fußball-Club Köln 01/07 e. V. ist eine
       rheinische Kardinalfrage. Folglich hat sich auch Rainer Maria Kardinal
       Woelki, ein geborener Kölner, mit himmlischer Botschaft zu Wort gemeldet.
       Der Kardinal glaubt an den Klassenerhalt, „weil ich ein Mensch voller
       Hoffnung bin“. Und, fügt der Gottesmann im kölschen Offenbarungsblatt
       Express hinzu: „Man darf für alles beten, auch für den Fußballgott.“
       
       Zumal der Kardinal kurz vor dem Auftaktduell in der Rückrunde gegen,
       ausgerechnet!, Mönchengladbach über intime Kenntnisse der Mannschaft
       verfügt: „Die Mannschaft wird mehr und mehr komplett, viele sind wieder fit
       und brennen auf ihren Einsatz.“ Nun sind sechs Punkte aus der Hinrunde eher
       wenig, aber wenn der FC seine Rückrunde mit schlappen 30 Punkten
       bestreitet, also so spielt, wie bisher beispielsweise Schalke, und etwa von
       18 Spielen 10 gewinnt, dann wird der rheinische Fußballgottesbeweis
       gelingen. In der Kirchensprache formuliert: „Nos manere in Bundesliga.“
       
       ## Der Mario
       
       Der zu seinem Herzensverein, dem VfB Stuttgart, zurückgekehrte Stürmer
       Mario Gomez wird sich in der Rückrunde verbessern. Diese Wette kann man
       kaum verlieren. Denn in der Vorrunde gelang Gomez nur ein einziger Treffer
       für den VfL Wolfsburg. Gesetzt war er trotzdem stets in der Stammelf. Das
       musste dem Halbspanier seltsam vorkommen. In seiner Karriere war es ja
       meist umgekehrt.
       
       Beim FC Bayern etwa hatte zuvor nur Gerd Müller eine bessere Torquote als
       der mittlerweile 32-Jährige, und dennoch wurde er ständig infrage gestellt.
       Deshalb erklärte Gomez, in Wolfsburg habe er zu viele Schulterklopfer
       gehabt. Viele haben das als Kritik verstanden. Ein Missverständnis, sagte
       er. Gomez will nicht kritisieren, er will endlich wieder kritisiert werden,
       damit er wieder trifft.
       
       ## Der Stöger-Peter
       
       Unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsmarkts hatte Peter Stöger sein Comeback
       schon. Nun muss der österreichische Ex-Köln- und aktuelle Dortmund-Trainer
       nur noch die Kleinigkeit einer fußballerischen Aufholjagd seiner Borussen
       in der Liga bewerkstelligen. Nach durchwachsener Hinrunde fehlen da noch
       ein paar Punkte, um wieder das zu sein, was man doch so gern ist:
       Vizemeister. Peter Stöger hingegen hat in Dortmund ohnehin nur einen
       Arbeitsvertrag bis Saisonende. Sollte ihm also die Mission, dem BVB
       verlorengegangene Stärke einzuhauchen, gelingen, wartet die nächste
       Aufgabe: Vielleicht soll er ja dann den 1. FC Köln zurück in die erste Liga
       führen.
       
       ## Der Videobeweis
       
       Angeblich zählt die Rückrunde noch zur Testphase des Videobeweises. Aber
       Schiedsrichter Jochen Drees erklärte am Donnerstag: „Wir werden uns darauf
       einstellen müssen, dass der Videobeweis ein fester Bestandteil des Fußballs
       bleibt. Die Fifa wird dieses neu geborene Baby nicht wieder zur Adoption
       freigeben.“ Nun ja, als Metaphernschöpfer ist Drees eine echte Pfeife, aber
       die Botschaft ist angekommen: Der Videobeweis muss einfach zum Erfolg
       werden. Wenn selbst nach der nun wahrlich katastrophalen
       Einführungsphase in der Hinrunde DFL-Direktor Ansgar Schwenken zu dem
       Schluss kommt, dass das Glas nun dreiviertel voll ist, dann kann man davon
       ausgehen, dass es mit dem letzten Spieltag mindestens zu 100 Prozent voll
       sein wird.
       
       ## Die Fans
       
       Der Kalte Krieg zwischen der DFB/DFL und den Ultras tritt in die Phase der
       friedlichen Koexistenz über. Der friedliche Wettbewerb zweier konträrer
       Systeme scheint zumindest zeitweilig möglich. Zu Beginn der Saison haben
       die Ultras über ihre Transparente dem DFB den Krieg erklärt. Helene
       Fischer, die Pausensängerin im DFB-Pokalfinale, hatte das Fass zum
       Überlaufen gebracht. Die Sittenwächter der deutschen Fankultur waren zuvor
       schon durch Kollektivstrafen, Pyrotechnikverbote, und eine undurchsichtige
       deutsch-chinesische Fußballkooperation in Rage gebracht worden.
       
       Aber der DFB hat Abrüstungsinitiativen ergriffen. Die Chinesen und Helene
       Fischer dürfen einstweilen nicht mehr mitspielen.
       
       ## Der Nagelsmann
       
       Das war wirklich doof gelaufen. Just in dem Moment, als die steile Karriere
       des Hoffenheimer Trainers Julian Nagelsmann noch steiler werden sollte, kam
       der erste Rückschlag. Gerade als der 30-Jährige es sich scheinbar aussuchen
       konnte, ob er künftig lieber Rekordmeister Bayern München oder Vizemeister
       Borussia Dortmund trainiert, verlor Hoffenheim Spiel für Spiel und
       Nagelsmann dabei immer ein Stückchen mehr von seinem Nimbus. Das ist auch
       selten, dass die Wahrscheinlichkeit des Verbleib eines Trainers mit der
       Anzahl seiner Niederlagen steigt. Aber Vorsicht! Jetzt kann Nagelsmann
       zeigen, dass er sich aus einer selbst verschuldeten Krise wieder befreien
       kann. Dieser Nachweis fehlte bislang noch in seinen Bewerbungsunterlagen.
       
       ## Der Offensivfußball
       
       Die Viererkette ist nicht mehr Standard in der Bundesliga. Mit
       Fünferabwehrreihen machen die meisten Klubs den Laden dicht. Daran haben
       die Trainer ebenso gearbeitet wie an der Verdichtung des zentralen
       Mittelfelds. Mit einem zentral orientierten Dreiermittelfeld hat es
       Schalke 04 doch tatsächlich auf Platz zwei geschafft. Das Comeback der
       Manndeckung ist ein weiteres Phänomen der Hinrunde. Mannorientierung nennt
       man das Hinterherrennen, das vor allem im Mittelfeld so gern praktiziert
       wird, heutzutage.
       
       An den Abwehrreihen ist viel gearbeitet worden. Jetzt ist die Offensive
       dran. Die ausgeschiedenen Europapokalteilnehmer sollten nun auch mehr Kraft
       für intensives Offensivspiel übrig haben. Wenn beinahe alle Mannschaften
       auf Konter warten wie in der Hinrunde, geht oft nicht viel. Die Zeit für
       angebotsorientierten Fußball ist gekommen.
       
       ## Der Neuer
       
       Drei Brüche im Mittelfußknochen in einem Jahr, da kann man sogar beim FC
       Bayern München mal darüber nachdenken, ob Torwart Manuel Neuer wirklich
       möglichst schnell wieder ins Training und ins Spiel geschickt werden
       sollte. „Er wird demnächst die Krücken ablegen können“, wusste Bayerns
       Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge schon Ende November zu
       berichten, auch wenn da von einer Rückkehr noch keine Rede sein konnte.
       
       Das neueste ärztliche Bulletin gab jüngst der Mann durch, der vom Ausfall
       des Nationalkeepers am meistern profitiert, sein Vertreter im Klubtor, Sven
       Ulreich: „Manuel läuft ohne Krücken und wird jetzt die Belastung peu à peu
       steigern.“ Demnächst kann er bestimmt auch wieder Bälle fangen.
       
       ## Unser Dschungel-Ansgar
       
       Still, bescheiden, zurückhaltend, so kennt man Ansgar Brinkmann, den
       aktuellen Delegierten des deutschen Fußballs in „Ich bin ein Star, holt
       mich hier aus“ auf RTL. „Ich habe 20 Jahre im Fußball nix gewonnen, da
       brauche ich auch kein ‚Dschungel‘-König zu werden“, hat Ansgar Brinkmann,
       als Profi unter anderem in Frankfurt und in Bielefeld tätig gesagt. Nun
       also wird der sogenannte weiße Brasilianer die Ehre der Fußballprofis beim
       RTL-Trash verteidigen, wie es vor ihm schon Jimmy Hartwig, Eike Immel,
       Ailton und Thorsten Legat getan haben. Dass dem Sachbuchautor Brinkmann
       („Wenn ich du wäre, wäre ich lieber ich“) dies am Lagerfeuer und in der
       Dschungellatrine gelingen wird, kann kaum bezweifelt werden.
       
       ## Der HSV
       
       Es gibt wieder mal das Übliche zu berichten vom letzten lebenden
       Dinosaurier der Erdgeschichte, den Hamburger SV. Eine sauteure Mannschaft
       steckt tief im Abstiegskampf. Die Stürmer Bobby Wood, Jahresgehalt 3
       Millionen Euro, und André Hahn, für 6 Millionen aus Gladbach geholt, kommen
       zusammen auf drei Tore. HSV-Investor Michael Kühne wird auch noch andere
       Spieler bezahlen, die weniger halten, als sich der Milliardär von ihnen
       verspricht. Trainer Markus Gisdol will jetzt vielleicht den Torwart
       wechseln, als wäre es nicht egal, wer die Bälle aus dem Netz holt. Trotz
       allem geht alle Welt vom großen Comeback der Hamburger in der Rückrunde
       aus. Der HSV ist jetzt Vorletzter. Der Relegationsplatz wird’s am Ende
       sicher werden. Der ist ja bekanntlich für den HSV reserviert.
       
       ## Löws Bubis
       
       Über den deutschen Sieg im Confed Cup, für den sich eigentlich niemand
       interessiert hat, hat sich dann doch das ganze Land gefreut. Es war ein
       Perspektivteam des Bundestrainers, das den Titel gewonnen hat. Und viele
       haben sich daran gefreut, dass da junge Kicker mit dem Adler auf der Brust
       in Russland aufgelaufen sind, die ein wahrhaft feines Füßchen haben.
       
       Wenn Leute wie Hoffenheims Kerem Demirbay oder Leverkusens Julian Brandt
       zur wahren Weltmeisterschaft nach Russland wollen, dann möchten sie gewiss
       zeigen, was sie können. Der Liga könnte das gut tun. In der Hinrunde
       wirkten nicht nur die beiden Konfettis bisweilen ein wenig überspielt. Wie
       man zum Hingucker wird, hat Schalkes Confed-Sieger Max Meyer schon in der
       Hinrunde als beinahe omnipräsenter Sechser gezeigt.
       
       13 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
 (DIR) Andreas Rüttenauer
 (DIR) Martin Krauss
       
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