# taz.de -- Sklavereiähnliche Arbeit in Brasilien: Glückliche Soja-Barone in Brasília
       
       > Brasiliens Regierung hat die Kontrolle sklavereiähnlicher Arbeit
       > erschwert. Nun jubeln Unternehmer und Menschenrechtler sind empört.
       
 (IMG) Bild: Unter welchen Bedingungen wird geerntet? Sojafeld (Symbolbild)
       
       Rio de Janeiro taz | Der steinreiche Soja-Baron Blairo Maggi strahlt:
       Endlich habe die Willkür bei den Betriebskontrollen ein Ende. „Niemand
       sollte Sklavenarbeit gutheißen. Aber Strafe zahlen aufgrund ideologischer
       Fragen oder weil der Inspekteur schlecht gelaunt ist, das ist ungerecht“,
       sagte Maggi, der seit dem Machtwechsel in Brasilien im vergangenen Jahr
       auch Agrarminister ist. Und beglückwünschte Präsident Michel Temer zu
       dessen jüngstem Schachzug.
       
       Zu Wochenbeginn hatte Temer eine neue Richtlinie erlassen, mit der
       Kontrollen und die Verfolgung von sklavereiähnlichen Arbeitsverhältnissen
       erheblich erschwert werden. Menschenrechtler, Gewerkschafter und die
       Internationale Arbeitsorganisation ILO sind empört.
       
       Obwohl das neue Gesetz bereits in Kraft ist, könnte die Regelung noch
       kippen. Als Erstes meldeten sich die Bundesstaatsanwaltschaft und die für
       Arbeitsrecht zuständige Staatsanwaltschaft zu Wort. Das Arbeitsministerium
       solle die Richtlinie überdenken, da sie im Widerspruch zu internationalen
       Normen und dem brasilianischen Strafgesetzbuch stehe, argumentierten die
       Staatsanwälte.
       
       Auch mehrere Abgeordnete beantragten die sofortige Aussetzung der
       Richtlinie und versuchen jetzt, eine Parlamentsdebatte über das strittige
       Thema zu erzwingen. „Es handelt sich um einen enormen Rückschritt für
       Arbeits- und Menschenrechte“, kritisierte José Guimarães,
       Bundesabgeordneter der Arbeiterpartei PT.
       
       ## 50.000 Menschen bisher befreit
       
       Jahrelang galt Brasilien als Vorbild im Kampf gegen sklavereiähnliche
       Ausbeutung. Durch Kontrollen von Inspekteuren des Arbeitsministeriums sind
       zwischen 1995 und 2015 knapp 50.000 Menschen aus solchen Verhältnissen
       befreit worden. Die ILO schätzt die Zahl der versklavten Menschen weltweit
       auf über 40 Millionen. „Es ist zutiefst besorgniserregend, dass nun
       Kernstücke der zugrundeliegenden Gesetzgebung ausgehebelt werden, sagt
       Niklaas Hofmann, Büroleiter Lateinamerika des DGB-Bildungswerks in São
       Paulo. Der Schritt stelle sogar infrage, ob der Schutz von Arbeitnehmern
       und den Schwächsten in der Gesellschaft unter der aktuellen Regierung
       weiter gewährleistet sei.
       
       Moderne Sklaverei wird in Brasilien bislang durch vier Tatbestände
       definiert: Zwangsarbeit, Entlohnung mittels Schuldendienst, erniedrigende
       Arbeitsbedingungen und unzumutbare Arbeitszeiten. Die beiden letzten
       Straftatbestände sind ab sofort nur noch dann gegeben, wenn der Betreffende
       zugleich seiner Freiheit beraubt wird. Zudem erschwert die neue
       Gesetzeslage die früher übliche Veröffentlichung der Namen der Unternehmen,
       die aufgrund sklavereiähnlicher Arbeitsverhältnisse zur Rechenschaft
       gezogen wurden.
       
       20 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Behn
       
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