# taz.de -- Rauswurf bei der AfD: Rechtspopulisten auf neuem Kurs
       
       > Die AfD schmeißt in Niedersachsen kurz vor der Landtagswahl ihre
       > Spitzenkandidatin Dana Guth aus ihrer Fraktion.
       
 (IMG) Bild: Auf fragwürdigem Kurs: Undatiertes Foto des Luxusdampfers „Titanic“
       
       Hamburg taz | Wenige Tage vor der niedersächsischen Landtagswahltag bemüht
       sich die Spitzenkandidatin der AfD, Dana Guth, um das Vertrauen der
       Wählerschaft. Jetzt aber wurde bekannt, dass die Kreistagsfraktion in
       Göttingen der 47-Jährigen ihrerseits das Vertrauen entzogen hat. Guth wurde
       ausgeschlossen. „Zu große Differenzen in der Zusammenarbeit“ hätten die
       Fraktion zu diesem Schritt veranlasst, sagte der Fraktionsvorsitzende Frank
       Rathemann. Nicht die Positionen von Guth seien ein Problem gewesen, sondern
       „ihr Umgang“. Die Spitzenkandidatin sei ein „Alphatier“, „rechthaberisch
       und lautstark“, so Rathemann.
       
       Am Freitag war der Beschluss auf einer Fraktionssitzung gefallen, Guth „mit
       sofortiger Wirkung“ auszuschließen. Die Betroffene nahm an der Sitzung
       nicht teil. Einen „ungeheuerlichen Vorgang“ nennt Guth den Rauswurf, die
       auch Kreisvorsitzende in Göttingen ist. Die Vorhaltungen seien haltlos. Der
       Rauswurf sei ein Störfeuer vor der Wahl, meint sie.
       
       ## „Sacharbeit“ nicht möglich
       
       Doch warum dieser Angriff aus den eigenen Reihen? Das könne auch sie sich
       kaum erklären, so Guth. Mit viel Gegenwind hatte sie im Wahlkampf vor allem
       von den anderen Parteien gerechnet, nicht aber aus der eigenen Partei, der
       eigenen Kreistagsfraktion – trotz Missstimmungen. Die aber räumt sie ein,
       spricht von Differenzen in der Fraktion und sagt, eine „Sacharbeit“ sei mit
       dem Fraktionsvorsitzenden Rathmann nicht möglich.
       
       Erst im August hatte Guth sich auf einer Landesmitgliederversammlung in
       Walsrode als Spitzenkandidatin durchsetzen können – gegen den Wunsch des
       Landesvorsitzenden Armin Paul Hampel, der bei der Bundestagswahl in den
       Bundestag gewählt wurde. Der Befürworter Hampels, Maik Schmitz, unterlag
       bei der Stichwahl mit 163 Stimmen, Guth erzielte 212 Stimmen.
       
       Im Landesverband hatte sich die Kreisvorsitzende immer wieder als harte
       Kritikerin von Hampel profiliert. In einer internen E-Mail, die der taz
       vorliegt, hielt sie Hampel ein „vollständiges führungstechnisches Versagen“
       vor und meinte: „Zur Durchsetzung Ihrer persönlichen Agenda sind Sie
       bereit, den Landesverband Niedersachsen oder auch einzelne
       Untergliederungen zu spalten.“
       
       Sie warf Hampel auch vor, bei einer extrem rechten Vereinigung gesprochen
       zu haben, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Auch sie selbst aber
       schlägt im Wahlkampf harte Töne an: „Halal-Schlachten wird es mit mir nicht
       geben“ prangt auf ihrer Facebookseite.
       
       ## „Der hat eine Macke“
       
       Von Hampel erfährt sie jetzt jedoch keine Revanche, im Gegenteil. Bei
       Prognosen von sechs Prozent für die AfD in Niedersachsen hat wohl auch er
       andere Sorgen. So erklärte Hampel, dass der von Rathemann initiierte
       Rauswurf gar nicht ginge: „Der hat eine Macke“, so Hampel. Zehn Tage vor
       der Landtagswahl dürfe man seine Spitzenkandidatin nicht so beschädigen.
       Hampel versicherte: „Frau Guth bekommt jede Unterstützung. Das ist
       Parteiräson.“
       
       Guth selbst kündigte an, Klage beim Göttinger Verwaltungsgericht
       einzureichen. Die Ladefrist zur Fraktionssitzung hätte weniger als 24
       Stunden betragen und sie keine Gelegenheit gehabt, sich zu den Vorhaltungen
       zu äußern.
       
       ## Partei hat weitere Sorgen
       
       Dem Landesverband kommt knapp vor der Landtagswahl aber nicht bloß dieser
       Konflikt ungelegen. Am Sonntag erklärte der ehemalige Chef der AfD
       Ostfriesland, Holger Pieters, aus der Partei ausgetreten zu sein – wegen
       des anhaltenden Rechtstrends der Partei. Mit sofortiger Wirkung will er nun
       als fraktionsloses Mitglied im Leeraner Kreistag arbeiten.
       
       Für ihn gab es nach reiflicher Überlegung nur noch den „Weg raus aus dieser
       ‚entarteten‘, nationalistischen AfD“. Und er betont: „Gaulands
       rechtsnationale Ausfälle, Björn Höckes extrem völkische
       Umerziehungspolitik“, all das sei „ein absolutes No-Go“.
       
       Der Landesvorsitzende Hampel sei für ihn indes längst ein „politisch,
       moralisch abgewirtschafteter AfD-Politiker“. Aus Protest gegen die
       Landesführung hatte Pieters bereits im Januar sein Amt als
       Ostfriesland-Vorsitzender niedergelegt.
       
       Doch auch der Spitzenkandidatin Guth macht Pieters Vorhaltungen. Er bezieht
       sich unter anderem auf einen Facebook-Eintrag der AfD Salzgitter nach der
       Bundestagswahl, in dem von der „nächsten Phase im Krieg gegen dieses
       widerwärtigste System“ die Rede ist. Dieses Gedankengut werde „in der AfD
       Niedersachsen unter Paul Hampel und der AfD-Spitzenkandidatin zur
       Landtagswahl, Dana Guth, vorsätzlich augenzwinkernd in Kauf genommen“,
       erklärte Pieters. „Entscheidend für mich ist, war und bleibt der Weg der
       AfD Niedersachsen unter Paul Hampel in die rechte extreme Szene“, sagt er.
       Die politischen Grenzüberschreitungen seien in der AfD seit dem letzten
       Bundesparteitag längst die Norm, sagte Pieters der taz.
       
       4 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
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