# taz.de -- Papier von Brexit-Minister Davids: Großbritannien will Zollunion auf Zeit
       
       > London fordert, dass auch nach dem EU-Ausstieg erst einmal auf
       > Handelsschranken verzichtet wird. Brüssel ist skeptisch.
       
 (IMG) Bild: „Konstruktive Uneindeutigkeit“: Brexit-Minister David Davis will eine Übergangslösung mit der EU
       
       Dublin taz | Großbritannien könnte für eine Übergangszeit nach dem Austritt
       aus der EU die Zollunion beibehalten. Das geht aus einem Strategiepapier
       hervor, das Brexit-Minister David Davis am Dienstag veröffentlicht hat. Das
       sei im Interesse Großbritanniens und der Europäischen Union, sagte Davis.
       „Wir verkaufen ihnen Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 230
       Milliarden Euro im Jahr, umgekehrt sind es 290 Milliarden“, sagte er in
       einem Interview mit dem Fernsehsender ITV.
       
       Ob Großbritannien für eine solche Übergangslösung zahlen müsse, sei Teil
       der Verhandlungen. Aber die Zahlungen von 10 Milliarden Pfund im Jahr für
       die Mitgliedschaft in der Zollunion sollten so bald wie möglich enden,
       sagte er. Der Europäische Gerichtshof, dessen Rechtsprechung die Briten
       nach dem Brexit nicht mehr akzeptieren wollen, müsse bei den Verhandlungen
       aber außen vor bleiben. „Mir sind keine Umstände bekannt, unter denen
       Länder ein Abkommen mit anderen Ländern treffen und der Gegenseite die
       Verhandlungsmodalitäten überlassen“, sagte Davis.
       
       Die Übergangszeit in der Zollunion soll ungefähr zwei Jahre dauern, um den
       britischen Unternehmen eine gewisse Sicherheit zu bieten, meint Davis. In
       dieser Zeit werde man mit anderen Ländern über bilaterale Handelsabkommen
       sprechen.
       
       Brüssel ist nicht begeistert. Laut EU-Kommission dürfen Mitglieder der
       EU-Zollunion keine Handelsabkommen mit anderen Ländern abschließen.
       Außerdem werde man nicht über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und
       Großbritannien verhandeln, solange nicht drei Punkte geklärt seien:
       Großbritanniens Zahlungsverpflichtungen nach der Scheidung von der EU, die
       Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien und von Briten in EU-Ländern sowie
       der Status der neuen EU-Außengrenze zwischen Irland und Nordirland. Zu
       diesem Punkt will die Regierung am Mittwoch ein Papier vorlegen.
       
       ## Harter vs. weicher Brexit
       
       Weitere Papiere zu Themen, die von Datenschutz bis Sicherheit reichen,
       sollen in den nächsten drei Monaten vorgelegt werden. Das Papier über die
       zeitlich begrenzte Fortführung der Zollunion scheint auf den ersten Blick
       ein Sieg der Befürworter eines „weichen Brexit“ zu sein, wie Schatzkanzler
       Philip Hammond ihn gefordert hat.
       
       Der hatte jedoch am Sonntag einen gemeinsamen Artikel mit dem Verfechter
       eines „harten Brexit“, Handelsminister Liam Fox, [1][im Sunday Telegraph
       veröffentlicht], in dem der wochenlange erbitterte Streit zwischen beiden
       Lagern beigelegt schien. Großbritannien werde die Zollunion schon am
       „Brexit-Tag“ verlassen und ein „Drittland ohne Bindung an EU-Verträge“
       sein, hieß es in dem Artikel. Das wurde als Sieg für die Befürworter eines
       harten Brexit interpretiert.
       
       Den Zwist im Kabinett erklärte Davis für normal. Natürlich habe jedes
       Ministerium seine eigenen Ziele im Blick, sagte er, aber seine Aufgabe sei
       es, alles unter einen Hut zu bringen und keine utopischen Forderungen
       aufzustellen. Die schwammigen Formulierungen bei den Verhandlungen seien
       gewollt. „Es ist manchmal schwierig, herauszulesen, was wir eigentlich
       planen“, sagte er. „Das ist Absicht. Ich fürchte, bei Verhandlungen gibt es
       von Zeit zu Zeit solch konstruktive Uneindeutigkeit.“
       
       Sein früherer Berater James Chapman, der vehement für den Verbleib in der
       EU kämpft, will im Königreich eine neue Partei der Mitte gründen, die den
       Austritt aus der EU noch verhindern soll. Der Brexit sei der Anfang vom
       Ende der Konservativen Partei, sagte er. Zwei Kabinettsminister und eine
       Reihe ehemaliger Minister sowie einige Minister aus dem
       Labour-Schattenkabinett haben ihr Interesse an seinem Vorhaben bekundet,
       sagte Chapman, der früher Politikchef beim Pro-Brexit-Boulevardblatt Daily
       Mail war.
       
       16 Aug 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.telegraph.co.uk/news/2017/08/12/britain-will-not-stay-eu-back-door-philip-hammond-liam-fox-declare/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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