# taz.de -- Nabu in Niedersachsen bekommt Recht: Wiesenhof muss kürzer treten
       
       > Der Fleisch-Riese Wiesenhof muss in Sachen Grundwasserförderung für
       > seinen Schlachthof bei Lohne kürzer treten. Er hat bereits einen neuen
       > Antrag gestellt
       
 (IMG) Bild: Abgebrannter Schlachthof bei Lohne: Wiesenhof verliert vor Gericht.
       
       BREMEN taz | 432.000 tote Tiere pro Tag. In dieser Größenordnung arbeitete
       Deutschlands größter Geflügelfleischproduzent Wiesenhof in dem abgebrannten
       Schlachthof bei Lohne. Für so eine Menge ist sehr viel Wasser nötig:
       Jährlich bis zu 800.000 Kubikmeter Grundwasser will der Konzern für
       Schlachthof fördern, der nach dem Brand gerade neu aufgebaut wird. Doch
       daraus wird vorerst nichts. Die Genehmigung ist im Juli in letzter Instanz
       vom Bundesverwaltungsgericht verworfen worden.
       
       Das Urteil begründete das Gericht vor allem mit einem formellen Fehler. Der
       Landkreis Vechta hatte im Verfahren auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung
       verzichtet und somit aus Sicht der Richter falsch gehandelt.
       
       Für den Kreisverband Vechta des Naturschutzbundes (Nabu) hat damit ein
       „mehrjähriges Bangen ein Ende“, wie Christoph Janku vom Nabu sagt. Der
       Verband hatte geklagt, weil er massive Folgen für die Umwelt im betroffenen
       Gebiet befürchtet.
       
       „Mehrere Quellbiotope trocknen aus und auch Kleingewässerkomplexe mit
       gefährdeten Arten sind betroffen“, sagt Ludger Frye, Vorsitzender der
       Nabu-Kreisgruppe Vechta. Auch für die Bäume berge die Absenkung des
       Grundwasserspiegels ein großes Risiko. „Baumbestände verkümmern oder ältere
       Bäume sterben sogar ab“, warnt Lutz Neubauer, Berater des Nabu bei Fragen
       zum Grundwasser.
       
       Wiesenhof hat allerdings noch nicht aufgegeben. „Die Firma Oldenburger
       Geflügelspezialitäten hat inzwischen einen neuen Antrag auf die
       Grundwasserentnahme in Höhe von 250.000 Kubikmeter pro Jahr gestellt“, sagt
       Jochen Steinkamp, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit vom Landkreis Vechta.
       Die Prüfung laufe derzeit.
       
       ## Wiesenhof beharrt auf Rechtsmäßigkeit
       
       Der Wiesenhof-Konzern, zu dem die Oldenburger Geflügelspezialitäten
       gehören, beharrt gegenüber der taz auf der Rechtmäßigkeit einer
       Grundwasserförderung und verweist auf bestehende Gesetze. Der Konzern habe
       nach wie vor die Erlaubnis, Grundwasser aus dem umstrittenen Bereich zu
       fördern, sagt Maria Große Böckmann aus der Pressestelle des Unternehmens.
       
       Allerdings nicht so viel wie gewünscht: Aktuell darf der Betrieb 550.000
       Kubikmeter pro Jahr entnehmen – also insgesamt 250.000 Kubikmeter weniger
       als der Landkreis Vechta zuerst genehmigt hatte. Der Konzern gibt sich
       trotz der Niederlage vor Gericht zuversichtlich, dass er mit seinem neuen
       Antrag Erfolg haben wird.
       
       Der Nabu traut einer mit dem neuen Verfahren fälligen
       Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zu, die Risiken für Pflanzen- und
       Tierwelt aufzudecken. „Die Gutachter werden vom Antragsteller ausgewählt
       und bezahlt“, sagt Berater Neubauer. Er spricht von „Parteigutachten“.
       
       Der Nabu-Vorsitzende von Vechta erhebt den gleichen Vorwurf: Wiesenhof
       beauftrage seit Jahren das gleiche geohydrologische Planungsbüro,
       kritisiert Ludger Frye.
       
       Auch die Bundestagsabgeordnete Katja Keul (Die Grünen) geht mit Wiesenhof
       streng ins Gericht. „Aus umweltpolitischer Sicht ist die Ausweitung der
       Schlachtkapazitäten bedenklich für Natur, Mensch und Umwelt“, sagt die
       niedersächsische Bundestagsabgeordnete. In ihrem Wahlkreis in Nienburg
       kämpft sie schon lange für „Klasse statt Masse“ in der Fleischproduktion.
       
       Neben dem immens hohen Wasserverbrauch und den befürchteten Umweltschäden
       beschäftigt sich die Grünen-Politikerin vor allem mit den miserablen
       Arbeitsbedingungen der meist osteuropäischen MitarbeiterInnen in den
       Schlachtbetrieben. „Es sind wirklich ausbeuterische Arbeitsverhältnisse in
       den Schlachtbetrieben von Wiesenhof“, sagt die Politikerin. Gerade in der
       Region um Vechta, in der Wiesenhof eine sehr starke Stellung habe, sei es
       ihr aufgefallen, dass es öffentliche Kritik an dem Konzern schwer habe.
       
       „Wir werden das neue Verfahren abwarten müssen“, sagt Rechtsanwalt Henning
       J. Bahr, der für den Nabu das Verfahren geführt hat. „Vor allem ist derzeit
       völlig unklar, ob die Voraussetzungen noch dieselben wie im Jahr 2012 sein
       werden, da der Schlachthof ja noch in Bau ist.
       
       Das Urteil könnte zudem rechtliche Folgen für andere Standorte haben. Auch
       in weiteren Wiesenhof-Standorten, wie im niedersächsischen Wietzen, soll es
       Pläne geben, die Schlachtkapazitäten zu erhöhen. Dann wird auch dort noch
       mehr Wasser gebraucht.
       
       8 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Nicolay
       
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