# taz.de -- Kommentar Gesichtserkennung: Ein Modellversuch für den Wahlkampf
       
       > Der Praxistest der Gesichtserkennungssoftware ist eine reine
       > Wahlkampf-Show. Die Gesichtserkennung ist kein effizientes
       > Fahndungsmittel.
       
 (IMG) Bild: Für den Test werden die Überwachungskameras der Bahn genutzt
       
       Es klingt wie ein Märchen aus dem Polizeiparadies. Intelligente
       Videokameras zeichnen nicht nur auf, sondern erkennen auch Personen. Der
       gesuchte Mörder oder Terrorist käme also nicht weit, weil im öffentlichen
       Raum so viele Kameras sind, dass er bald doch mal eine übersieht und dann
       sofort verhaftet wird. Ob das in der Praxis funktioniert, will
       Innenminister Thomas de Maizière (CDU) jetzt in einem [1][Modellversuch im
       Berliner Bahnhof Südkreuz] testen. Schon am Dienstag soll es losgehen.
       
       Es ist natürlich kein gutes Gegenargument, dass die Fahndung mit
       Gesichtserkennungssoftware ziemlich effizient klingt. Im demokratischen
       Staat ist es gut, wenn die Polizei bei der Fahndung nach Verbrechern
       effiziente Fahndungsmittel nutzen kann. Es bringt wenig, sich schaudernd
       auszumalen, wie eine faschistische Diktatur solche Methoden missbrauchen
       könnte.
       
       Im Gegenteil. Eine effiziente demokratische Polizei reduziert die Gefahr,
       dass Populisten mit Law-and-Order-Parolen Mehrheiten für die Schaffung
       eines autoritären Staates erhalten können.
       
       Nur: Die [2][Gesichtserkennung ist kein effizientes Fahndungsmittel]. Sie
       ermöglicht keine Verhaftung im Handumdrehen, weil eben nicht unter jeder
       Videokamera ein Festnahmetrupp stehen kann. Außerdem bräuchte man für ein
       derartiges Konzept viel mehr von der Polizei kontrollierte Kameras, diese
       bräuchten eine viel bessere Bildauflösung. Die Masse der aktuell aktiven
       Überwachungskameras ist optisch einfach zu schlecht. Es müssten also erst
       einmal Milliarden Euro investiert werden.
       
       Das wird aber keine halbwegs rationale Regierung tun, da Gesichtserkennung
       ja sehr leicht ausgehebelt werden kann. So gibt es bereits
       Manipulationsbrillen, die der Kamera vorgaukeln, man sei eine andere Person
       – zum Beispiel der Innenminister.
       
       Natürlich weiß das alles auch Thomas de Maizière. Aber so ein Modellversuch
       vor der Bundestagswahl bringt gute Publicity. Und wenn einige Kritiker aus
       Polemik oder Unkenntnis das Bild an die Wand malen, dass es bald
       Bewegungsbilder der ganzen Bevölkerung gebe, ist das für de Maizière auch
       gut. Hauptsache, man spricht von seinem mutigen Modellversuch. Die
       erwartbar ernüchternden Ergebnisse kommen ja erst lange nach der Wahl.
       
       1 Aug 2017
       
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