# taz.de -- Kommentar Justizreform in Polen: Kühl kalkuliertes Risiko
       
       > Staatspräsident Duda hat mit seinem Veto den Durchgriff der PiS-Regierung
       > auf die Justiz weitgehend verhindert. Schade, dass er nicht weiterging.
       
 (IMG) Bild: PiS-Chef Jarosław Kaczyński (links) mag Andrzej Duda jetzt erstmal nicht mehr
       
       Es ist eine Sensation: Polens Staatspräsident Andrzej Duda blockiert mit
       seinem Veto die rasant vorangetriebene [1][Justiz-„Reform“ der
       nationalpopulistischen Regierungspartei]. Zwar hatten die Demonstranten in
       den letzten Tagen und Nächten lautstark „3 x Nein“ gefordert, mit denen der
       Präsident ein ganzes Gesetzespaket zur Politisierung der Justiz verhindern
       sollte, doch auch „2 x Nein“ kann schon als gewisser Erfolg der Proteste
       gelten.
       
       Das oberste Gericht und der Landesjustizrat bleiben fürs Erste unabhängig.
       Unterschrieben hat der Präsident allerdings das „Reform“-Gesetz über die
       allgemeinen Gerichte.
       
       Niemand bestreitet, dass das Rechtssystem in Polen einer grundlegenden
       Reform bedarf. Allerdings sind es vor allem verkrustete Abläufe und
       Prozeduren, die Prozesse zu quälend langen und teuren Verfahren machen und
       häufig zu absurden Urteilen führen. Die nationalpopulistische Partei Recht
       und Gerechtigkeit (PiS) wollte aber nicht diese Missstände angehen, sondern
       verfassungswidrig alle bisherigen Richter am obersten Gericht und im
       Landesjustizrat in den Ruhestand schicken und durch PiS-loyale Richter
       ersetzen.
       
       Der Präsident, der selbst Jurist ist, stand dieses Mal unter besonderem
       Druck. Er hatte drei Möglichkeiten: Er konnte erstens die
       verfassungswidrigen Gesetze unterschreiben, wie es der
       PiS-Parteivorsitzende Jarosław Kaczyński von ihm erwartete. Damit hätte er
       sich allerdings als Jurist diskreditiert. Er konnte zweitens die Gesetze an
       das Verfassungsgericht überweisen, das aber nur noch ein Erfüllungsgehilfe
       der PiS-geführten Regierung ist. Und er konnte drittens mit einem Veto die
       Gesetze zurückverweisen ins Parlament. Da die PiS keine Zweidrittelmehrheit
       im Sejm hat, kann sie sein Veto nicht überstimmen, so dass die beiden
       Gesetze nun tatsächlich vom Tisch sind.
       
       Kühl kalkuliert, konnte er dieses Risiko wagen. Nur schade, dass er nicht
       auch das dritte Gesetz mit seinem Veto verhinderte.
       
       24 Jul 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Justizreform-in-Polen/!5434523/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriele Lesser
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Jarosław Kaczyński
 (DIR) Andrzej Duda
 (DIR) PiS
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Medien
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Schwerpunkt taz.meinland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Proteste in Polen: „Wir werden siegen!“​
       
       Zehntausende gehen in über 200 Städten gegen die geplante Disziplinierung
       von Richtern auf die Straße. Doch die PiS will die Reform durchziehen.
       
 (DIR) Medien in Polen: Mit Geldstrafe auf Linie bringen
       
       Der Privatsender TVN24 soll umgerechnet 350.000 Euro zahlen. Er hatte 2016
       kritisch über Proteste gegen die Regierung berichtet.
       
 (DIR) Satire in Polen: Bis das Lachen im Halse stecken bleibt
       
       Der aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen verdrängte Robert Górski
       feiert mit der Politsatire „Das Ohr des Vorsitzenden“ ein großes Comeback.
       
 (DIR) Essay Politische Kultur in Polen: Im Labor des Populismus
       
       Nicht nur in Polen leben populistische Regierungen von der Schwäche
       liberaler Demokraten. Sie sind die Folge einer Demokratie-Krise.
       
 (DIR) Rodung des Bialowieza-Waldes: Polen legt die Axt an
       
       Fällt Polen trotz eines Abholzungsverbots Bäume im Bialowieza-Wald? Das
       Rechtsstaatsverfahren der EU gegen Polen könnte ausgeweitet werden.
       
 (DIR) Reaktion auf die Justizreform: EU leitet Verfahren gegen Polen ein
       
       Das Vertragsverletzungsverfahren wurde von der EU-Kommission wie
       angekündigt gestartet. Nun hat Polen einen Monat Zeit, darauf zu reagieren.
       
 (DIR) Protest in Polen: Junge Generation gegen alte Parolen
       
       Immer mehr junge Menschen in Polen beteiligen sich an Protesten gegen die
       nationalkonservative Regierung. Was hat sich verändert?
       
 (DIR) Umstrittene polnische Justizreform: EU beschließt Strafmaßnahmen
       
       Brüssel kündigt ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen an. Möglich
       wäre zudem, dass das Land sein Stimmrecht verliert.
       
 (DIR) Justizreform in Polen: Demos und Ärger mit der EU
       
       Tausende gehen in Polen gegen die Justizreform auf die Straße. Gefährdet
       ist auch die Zusammenarbeit mit der EU. Nun hat Präsident Andrzej Duda
       reagiert.
       
 (DIR) Umstrittene Justizreform in Polen: Parlament nickt Gesetz ab
       
       Das polnische Unterhaus hat den Entwurf verabschiedet, der die
       Unabhängigkeit der Justiz beschneidet. Die EU hatte zuvor mit Sanktionen
       gedroht.
       
 (DIR) Kommentar Rechtsstaatlichkeit: Polen im Rückwärtsgang
       
       Polens Präsident Andrzej Duda strebt wie die PiS die Aufhebung der
       Gewaltenteilung an. Dabei soll er die Verfassung eigentlich schützen.
       
 (DIR) Kommentar Rechtsstaat in Polen: Strauchelnde Demokratie
       
       Polens Regierungspartei will die Gewaltenteilung abschaffen. Bleibt nur zu
       hoffen, dass Präsident Duda Vernunft zeigt.
       
 (DIR) Polens größte Oppositionsbewegung KOD: Der Marsch der Besitzstandswahrer
       
       Die außerparlamentarische Opposition Polens konnte die Verlierer der
       Transformation bisher nicht integrieren. Muss sie aber, damit sie nicht
       scheitert.