# taz.de -- Brexit-Verhandlungen in Brüssel: Jetzt geht’s ans Eingemachte
       
       > Zu Beginn der zweiten Verhandlungsrunde richten sich hohe Erwartungen an
       > die Unterhändler. Die Stimmung ist alles andere als euphorisch.
       
 (IMG) Bild: Der britische Brexit-Minister David Davis (l.) und EU-Chefunterhändler Michel Barnier in Brüssel: zwei grauhaarige ältere Männer
       
       Brüssel taz | David Davis blieb nicht einmal bis zum Mittag. Der britische
       Brexit-Minister stattete Brüssel am Montag nur eine kurze Stippvisite ab,
       um die zweite Verhandlungsrunde über den EU-Austritt zu eröffnen. Für
       Großbritannien sei es „ungeheuer wichtig, dass wir gute Fortschritte
       erzielen“, sagte Davis – und reiste wieder nach London ab. Ein merkwürdiger
       Start in eine Runde, in der es ans Eingemachte gehen soll.
       EU-Verhandlungsführer Michel Barnier möchte bis Donnerstag dieser Woche
       über die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien, die Brexit-Rechnung und
       die künftige Grenze in Nordirland sprechen – drei Themen, bei denen die EU
       keine Kompromisse machen will.
       
       „Wir werden uns nun in den Kern des Themas vertiefen“, sagte Barnier. Die
       Positionen müssten abgeglichen werden, „um einen guten Fortschritt zu
       erreichen.“ Die Zeit drängt: Schon im Herbst möchte die EU eine erste
       Zwischenbilanz ziehen, bereits im Oktober 2018 sollen die
       Scheidungsgespräche abgeschlossen werden.
       
       Ein fast unmögliches Unterfangen, zumal die Stimmung auf dem Tiefpunkt ist.
       In Brüssel traut es der britischen Premierministerin Theresa May kaum noch
       jemand zu, die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen. Es
       wäre ein Wunder, wenn May im Herbst noch an der Macht wäre, heißt es. Auch
       die Briten gießen Öl ins Feuer. Die EU könne darauf „pfeifen“, dass sie
       größere Beträge von den Briten erhalten werde, lästerte Außenminister Boris
       Johnson. Forderungen von 100 Milliarden Euro seien völlig überzogen, so
       Johnson. Doch Brüssel bleibt hart. „Ich höre kein Pfeifen, sondern nur die
       Uhr ticken“, erwiderte Barnier trocken.
       
       Der Verhandlungsführer der EU hat sogar noch die Daumenschrauben angezogen.
       Die drei Themen, über die in dieser Woche mit den Briten verhandelt wird,
       seien „untrennbar und verflochten“, sagte der Franzose. Wenn es nur bei
       zweien Fortschritte gebe, reiche das nicht aus, um den nächsten Schritt zu
       gehen. Dabei ist es ausgerechnet dieser „nächste Schritt“, den die Briten
       unbedingt erreichen wollen. Sie möchten so schnell wie möglich über die
       künftigen Beziehungen zur EU und ein mögliches Freihandelsabkommen
       verhandeln, um die Zeit nach dem Brexit vorzubereiten. In Brüssel weiß man
       das – und baut immer neue Hürden auf.
       
       So möchte die EU erreichen, dass EU-Bürger ihre Rechte auch nach dem Brexit
       noch beim Europäischen Gerichtshof einklagen können. Auch der Austritt
       Großbritanniens aus der Europäischen Atomenergiegemeinschaft (Euratom) wird
       neuerdings problematisiert – genau wie die Frage, ob Güter, die vor dem
       Brexit auf den Markt gekommen sind, auch danach noch verkauft werden
       dürfen.
       
       ## London hat größte Mühe, sich festzulegen
       
       Während die EU ihre Positionen festklopft, hat London größte Mühe, sich
       festzulegen. May präsentierte zwar in der vergangenen Woche
       Positionspapiere, doch sie wurden von Brüssel als ungenügend
       zurückgewiesen. Nun muss London nachbessern. Das ist aber scheinbar derart
       heikel, dass May ihre Regierung nun warnte, Details an die Presse
       durchzustechen. Das Kabinett müsse „in der Lage sein, Gespräche über die
       Regierungspolitik vertraulich zu führen“, so ein Sprecher.
       
       Auch in Brüssel herrscht höchste Geheimhaltungsstufe. Ein Sprecher wollte
       nicht einmal die Frage beantworten, ob die Briten neue Papiere vorgelegt
       hätten. Dabei hatte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker größtmögliche
       Transparenz zugesagt. Nun sieht es so aus, als sei die Transparenz das
       erste Brexit-Opfer.
       
       17 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) Großbritannien
 (DIR) EU
 (DIR) Europa
 (DIR) Theresa May
 (DIR) Theresa May
 (DIR) Theresa May
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) Europäische Union
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Brexit-Missverständnisse: Vom Kontinent abgeschnitten
       
       Europa mokiert sich gerne über Großbritannien, das angeblich nicht weiß,
       wie es den Brexit vollziehen will. Es ist das reinste Sommertheater.
       
 (DIR) Debatte Konservative in Großbritannien: Zurück in die Zukunft
       
       Was die Brexit-Tories von ihren Vorfahren lernen können: Sie müssen in die
       Opposition, um langfristig an der Macht zu bleiben.
       
 (DIR) Verhandlungen EU-Großbritannien: So geht Brexit – oder auch nicht
       
       Nach zwei Verhandlungsrunden konstatieren die Chefunterhändler
       „fundamentale Differenzen“. Worum geht es eigentlich?
       
 (DIR) Pläne für den Brexit: EU-Ausländer schneller abschieben
       
       Die Brexit-Verhandlungen nehmen Form an. Theresa May schickt ein Dokument
       nach Brüssel, in dem sie Details zur Zukunft der EU-Ausländer in
       Großbritannien nennt.
       
 (DIR) Der Brexit beginnt: Aus Prinzip weitermachen
       
       Obwohl die Regierung noch nicht steht und die Queen das neue Programm nicht
       vorgestellt hat, starten die Verhandlungen mit der EU.
       
 (DIR) Beginn der Brexit-Verhandlungen: Die EU ist jetzt bereit
       
       Die Regierungen der verbleibenden EU-Länder haben die Kommission
       beauftragt, den Austritt Großbritanniens zu verhandeln. Im Juni soll es
       losgehen.