# taz.de -- Kommentar Kopftuch-Urteil: Richter als Integrationshindernis
       
       > Wir haben eine pluralistische Justiz, in der Richter als Menschen
       > erkennbar sind. Ein paar strenggläubige Musliminnen könnten auch
       > dazugehören.
       
 (IMG) Bild: Das Bundesverfassungsgericht bestätigt das Kopftuchverbot auf der Richterbank
       
       Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis das Bundesverfassungsgericht
       Kopftuchverbote in der Justiz für verfassungswidrig erklärt. Mit einem
       entsprechenden Eilantrag ist eine muslimische Referendarin aus Hessen jetzt
       zunächst gescheitert.
       
       Dabei ist die Begründung für solche Kopftuchverbote nicht im Ansatz
       überzeugend. Dass eine Richterin als Muslimin erkennbar ist, schränkt die
       Neutralität der Justiz nicht ein. Dieses Argument enthält die
       Unterstellung, dass (als solche erkennbare) Muslime ihre Arbeit
       möglicherweise nicht mit der notwendigen Unabhängigkeit und Unbefangenheit
       verrichten. Und es befeuert entsprechende Vorurteile in der Bevölkerung.
       
       Wir haben aber eine pluralistische Justiz, in der Richter als Menschen
       erkennbar sind, als Mann und Frau, als Alte und Junge, und ein paar
       erkennbar strenggläubige Musliminnen könnten durchaus auch dazu gehören.
       Politiker und Richter, die Kopftuchverbote in der Justiz propagieren, sind
       deshalb ein echtes Integrationshindernis.
       
       Es ist enttäuschend, dass sich das Bundesverfassungsgericht hier nicht zu
       schneller Hilfe in der Lage sah. Ein Verfassungsgericht sollte nicht die
       Ausgrenzungsbedürfnisse der Mehrheit bestärken, sondern die Grundrechte der
       Minderheit wirksam schützen – auch im Eilverfahren. Die hessische
       Landesregierung hat recht: Von dieser Eilentscheidung geht ein „Signal“
       aus, nur leider das falsche.
       
       Bedenklich ist auch, dass der Schutz der Grundrechte in Deutschland davon
       abhängt, ob man beim Ersten oder beim Zweiten Senat des
       Bundesverfassungsgerichts landet. Die aktuelle Entscheidung fällte eine
       Kammer des Zweiten Senats, der ursprünglich auch generelle Kopftuchverbote
       an Schulen gebilligt hatte. Erst zehn Jahre später hat der Erste Senat dies
       korrigiert.
       
       Hoffentlich dauert es bei Kopftuchverboten in der Justiz nicht ähnlich
       lange, bis das Gericht seine Aufgabe erfüllt.
       
       4 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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