# taz.de -- Forderung vor Innenministerkonferenz: Bayern will Schleierfahndung
       
       > Der bayrische Innenminister Herrmann kritisiert eine „eklatante
       > Sicherheitslücke“. Vor der Konferenz der Innenminister fordert er
       > Schleierfahndung bundesweit.
       
 (IMG) Bild: Erst schusssichere Westen angucken, dann Schleierfahndung! Innenminister Herrmann (r.)
       
       Düsseldorf/Frankfurt afp/epd | Der Freistaat Bayern will bei der am Montag
       beginnenden Innenministerkonferenz in Dresden den Druck auf eine
       bundesweite Einführung der Schleierfahndung erhöhen. Dass immer noch drei
       Bundesländer keine verdachtsunabhängige Kontrolle zuließen, sei eine
       „eklatante Sicherheitslücke, die unbedingt geschlossen werden muss“, sagte
       Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der in Düsseldorf
       erscheinenden Rheinischen Post.
       
       Herrmann rief dazu auf, die Schleierfahndung in den Grenzregionen weiter
       auszubauen. Verstärkt genutzt werden müsse sie auch auf Verkehrswegen von
       internationaler Bedeutung und im Umfeld von Flughäfen, Bahnhöfen und
       Rastanlagen. Bayern habe 150 neue Stellen dafür bereitgestellt und
       verzeichne inzwischen jährlich 20.000 Aufgriffe durch seine
       Schleierfahnder.
       
       Bei ihrer turnusmäßigen Frühjahrskonferenz ([1][taz-Vorbericht zur
       Konferenz]) beraten die Innenminister von Bund und Ländern bis Mittwoch
       unter anderem über die Bekämpfung des Terrorismus, über das Thema
       Cybersicherheit und den Umgang mit den sogenannten Reichsbürgern. Eine
       Beschlussvorlage sieht Medienberichten zufolge vor, dass „Reichsbürger“
       keine Waffen mehr besitzen sollen.
       
       Die Sicherheitsmaßnahmen bei Großveranstaltungen dürften ebenfalls ein
       Thema sein. Die Innenminister werden sich voraussichtlich auch mit dem
       Vorschlag befassen, wonach Ermittler künftig DNA-Proben aus Speichel, Blut
       oder Haaren zur Vorhersage des äußeren Erscheinungsbilds, der Herkunft
       sowie des Alters eines Menschen heranziehen können.
       
       ## Mehr Abschiebungen in den Irak gefordert
       
       Zusätzlich forderte Innenminister Herrmann eine Ausweitung der
       Abschiebungen in den Irak. Zumindest Straftäter und Gefährder sollten
       wieder in alle Landesteile abgeschoben werden können. Pro Asyl kritisierte
       den Vorstoß. Der Irak sei ein Pulverfass, sagte Geschäftsführer Günter
       Burkhardt. Zustimmung erhielt Herrmann aus der Unionsfraktion.
       
       Zuletzt war heftig über Abschiebungen nach Afghanistan gestritten worden.
       Die Abschiebungen wurden kurz nach dem Terroranschlag im Diplomatenviertel
       der afghanischen Hauptstadt Kabul Ende Mai ausgesetzt.
       Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt warnte am Wochenende: „Mit der Forderung
       nach Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete soll ein schleichender
       Gewöhnungsprozess eingeleitet werden.“
       
       Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer
       (CSU), begrüßte dagegen die Forderung seines Parteifreundes Herrmann. Die
       Sicherheitslage im Irak habe sich in den letzten Jahren deutlich verbessert
       und stabilisiert, so dass man vom Irak nicht länger als von einem Krisen-
       oder Kriegsgebiet sprechen könne, erklärte Mayer am Sonntag auf
       epd-Anfrage. „Außerdem stellt der Irak nach Syrien und Afghanistan das
       Hauptherkunftsland der nach Deutschland einreisenden Migranten dar.“
       
       ## Bayern will abschieben
       
       Herrmann verwies auf vier abgelehnte Asylbewerber in Bayern, die als
       verurteilte Straftäter nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe wegen ihrer
       Gefährlichkeit mit einer elektronischen Fußfessel überwacht würden. Trotz
       intensiver Bemühungen sei es bislang nicht gelungen, sie abzuschieben,
       erklärten Innen-, Justiz- und Sozialministerium des Freistaats.
       
       Drei von ihnen kommen aus dem Irak und konnten den Angaben zufolge wegen
       eines Abschiebestopps in weite Teile des Landes nicht abgeschoben werden.
       Die politische Situation dort habe sich aber seit den entsprechenden
       Beschlüssen der Innenminister von 2006 und 2007 „deutlich verändert“,
       erklärten die bayerischen Ministerien. Der vierte Straftäter stammt aus
       Westafrika. Seine Abschiebung sei bisher gescheitert, weil die nötigen
       Reisedokumente nicht beschafft werden konnten.
       
       Burkhardt von Pro Asyl sagte, die Lage im Irak habe sich seit 2007
       tatsächlich verändert, „jedoch in die gegenteilige Richtung“: Derzeit tobe
       ein Kampf um die Stadt Mossul und der Nordirak stehe wegen der
       Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden vor einer ungewissen Zukunft.
       Burkhardt warf Herrmann vor, er wolle von Fehlentscheidungen und Versagen
       bayerischer Behörden ablenken. Potenziell Gewaltbereite gehörten nicht in
       Asylbewerberunterkünfte.
       
       Am vergangenen Wochenende hatte ein Flüchtling aus Afghanistan in einem
       Asylbewerberheim in Arnschwang nahe Regensburg einen Jungen getötet, obwohl
       er mit einer elektronischen Fußfessel überwacht worden war. Der Mann saß
       bereits wegen schwerer Brandstiftung im Gefängnis, wo er zum Christentum
       konvertierte. Mit dem Argument, dass er wegen seines Glaubens in seiner
       Heimat verfolgt würde, konnte er seine Abschiebung verhindern.
       
       12 Jun 2017
       
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