# taz.de -- Nach Ausstieg der USA: Die Klimapolitik wird chinesischer
       
       > Die Gewichte verschieben sich. Mit dem Ausstieg der USA fehlen Geld und
       > eine Lobby für Transparenz und Menschenrechte.
       
 (IMG) Bild: Aus Australien importiert: China ist bei allen Fortschritten der weltweit größte Kohlenutzer
       
       Berlin taz | Der offizielle Slogan des UN-Klimasekretariats UNFCCC ist
       voller Hoffnung: „Wir machen Tempo beim Klimaschutz!“, steht unter den
       Fotos der jubelnden Delegierten, die sich am 12. Dezember 2015 bei der
       Pariser Konferenz in den Armen lagen. Die Fotos hängen am Sitz des
       Sekretariats in Bonn, wo im November die nächste Klimakonferenz
       stattfindet. Von Tempo ist dann aber nicht mehr die Rede.
       
       Denn die Verhandlungen rund um das Pariser Abkommen werden vom [1][Ausstieg
       der USA] schwer getroffen. Mit den Amerikanern fällt ein Schwergewicht weg,
       das traditionell für den Klimaschutz diplomatisches Geschick, Finanzhilfen
       und politischen Druck mobilisiert hat. „Wir wollen, dass die Amerikaner an
       Bord bleiben“, hieß es deshalb bei der UN und bei der deutschen Regierung
       immer wieder.
       
       Mit den USA als der größten Volkswirtschaft der Welt fällt ein wichtiger
       Geldgeber aus. Knapp 20 Prozent des UNFCCC-Budgets kommen aus Washington,
       beim UN-Klimarat IPCC sind es rund 40 Prozent. Und für den „Grünen
       Klimafonds“, mit dem die Industrieländer die Armen bei der weltweiten
       Energiewende unterstützen sollen, haben die USA ursprünglich drei
       Milliarden Dollar von insgesamt zehn Milliarden für die ersten Jahre
       zugesagt – von denen nur eine Milliarde fließen wird.
       
       Der Rest der Rechnung bleibt offen, Projekte zu sauberer Energie oder
       Anpassung an Dürre und höhere Meeresspiegel werden dann nicht finanziert
       werden. Unschätzbar wichtig sind auch die Beiträge der US-Forscher und
       Institutionen wie Nasa oder NOAA, die mit Studien und Satelliten einen
       großen Teil des weltweiten Wissens um Klimawandel beitragen und seine
       Folgen beobachten. Wie sicher ihre Finanzierung ist, steht in den Sternen.
       
       Durch die neuen Allianzen jenseits von Washington wird die Klimapolitik
       chinesischer und internationaler. Das sehen viele Experten mit gemischten
       Gefühlen. China treibt zwar den Ausbau von grünen Energien voran, wehrt
       sich aber traditionell gegen Transparenz und Kontrolle von außen – immer
       einer der großen Streitpunkte mit dem Westen. Ob und wo genau die
       Staatswirtschaft sich an Vereinbarungen hält und wie chinesische
       Solarfirmen mit Subventionen gegen europäische Unternehmen gepäppelt
       werden, ist immer wieder ein Ärgernis. „Unsere Unternehmen finden dort
       keinen Rechtsstaat vor“, sorgt sich eine deutsche Industrievertreterin.
       
       ## Auch die Klimaretter haben Kohlenstoffdreck am Stecken
       
       Auch bei Menschenrechten wie etwa den Landrechten von Minderheiten sind die
       Regierungen von Staaten wie China, Indonesien oder Russland nicht
       zimperlich. In Indien führten die Behörden lange eine Kampagne gegen
       Greenpeace. Die Europäer haben sich bei diesen schwierigen Fragen immer
       wieder gern hinter dem breiten Rücken der Amerikaner versteckt. Damit ist
       es nun wohl vorbei. Ob und wie sich aber die zerstrittene EU einhellig für
       mehr Transparenz und Menschenrechte einsetzen wird, ist fraglich.
       Regierungen in Staaten wie Polen und Ungarn haben daran weder ein
       ökonomisches noch ein politisches Interesse.
       
       Geschwächt wird durch den Ausstieg der USA und den Verlust der Briten aus
       der EU auch die Idee, Klimaprobleme mit dem Kapitalismus über
       „Marktmechanismen“ zu lösen. Viele Schwellen- und Entwicklungsländer stehen
       privatem Kapital misstrauisch gegenüber – und fordern deshalb von den
       Industriestaaten mehr öffentliches Geld für die Hilfen. Auch bei der
       Debatte um „Verlust und Entschädigung“, also um Reperationszahlungen für
       Klimaschäden, werden die ärmeren Staaten nun mehr Druck auf Europa, Japan,
       Kanada und Australien aufbauen.
       
       Schließlich hat auch die neue Klimaretter-Allianz eine Menge
       Kohlenstoffdreck am Stecken: Kanada exportiert Teersände, Australien in
       großem Maßstab Kohle, China ist bei allen Fortschritten der weltweit größte
       Kohlenutzer. Und die EU kämpft gerade intern um einen klaren Klimakurs und
       gegen die Verwässerung der Ziele durch die östlichen Mitglieder. Und dann
       ist da noch der Hoffnungsträger Deutschland, der einfach nicht von seiner
       Braunkohle lassen will.
       
       2 Jun 2017
       
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