# taz.de -- Kampf um Mossul: Nahrungsmittel als Waffe
       
       > Seit Februar kämpft die Armee um den Westteil der Stadt Mossul. Bis Ende
       > Mai soll der IS vertrieben sein, sagt ein Generalleutnant.
       
 (IMG) Bild: Krieg, „Islamischer Staat“, Unterernährung: Es gibt viele Gründe, warum die Bewohner Mossuls fliehen
       
       Istanbul taz | Irakische Eliteeinheiten stehen inzwischen in Sichtweite der
       Nuri-Moschee, in der IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi seinen ersten und bisher
       letzten öffentlichen Auftritt als Kalif hatte. Doch es ist ein zäher Kampf.
       
       Zwar schätzen die Iraker, dass die Zahl der IS-Kämpfer von mehreren Tausend
       auf mittlerweile einige Hundert geschrumpft ist. Doch diese denken nicht
       daran, sich geschlagen zu geben. Mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung
       stehen, versuchen sie die drohende Niederlage abzuwenden.
       
       Nach Schätzungen der UNO leben noch immer rund 400.000 Personen in dem vom
       IS kontrollierten Vierteln. Viele von ihnen leben in den engen Gassen rund
       um die Nuri-Moschee, wo Eliteeinheiten der paramilitärischen Bundespolizei
       den Vorstoß anführen. In dem engen Gassengewirr müssen sich die Polizisten
       Meter und Meter vorankämpfen. Um Angriffe zu verhindern, treibe der IS
       ganze Familie in die Schusslinie, sagt Abu Omer. Gleichzeitig würden die
       Extremisten drohen, sie zu erschießen, sollten sie die Flucht ergreifen.
       
       „Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, wie sie einen erschossen“, sagt er.
       Abu Omer, dessen vollen Namen wir nicht drucken sollen, und seine Familie
       leben heute in einem Flüchtlingscamp. Ihm und seiner Familie sei die Flucht
       erst gelungen, als Soldaten der Anti-Terror-Einheit in ihr Quartier
       einrückten.
       
       ## Spital in Hamam Alil
       
       Seit Beginn der Offensive ist der Militärarzt Major Doktor Ahmed al-Sudani
       an der Front im Einsatz. Als wir ihn und sein Team aus Ärzten und
       Sanitätern vor ein paar Monaten begleiteten, behandelten sie täglich auch
       Dutzende von zivilen Opfern. Daran habe sich auch jetzt nichts geändert,
       sagt der Arzt. Nach UN-Angaben wurden seit Mitte Februar mehr als 8.100
       Zivilisten in Spitälern nahe Mossul behandelt. Obwohl die Offensive nun
       schon mehr als ein halbes Jahr dauert, nahm das zweite Feldspital erst Ende
       April seinen vollen Betrieb auf.
       
       Das Spital in Hamam Alil, rund 30 Kilometer südlich von Mossul, ist mit
       drei Operationsräumen und 68 Betten ausgestattet. Nahe an der Front
       gelegen, werde es dazu beitragen, Schwerverletzte möglichst schnell zu
       behandeln und so mehr Leben zu retten, sagte Altaf Musani, Leiter der
       Weltgesundheitsorganisation im Irak.
       
       Außerdem dient es der medizinischen Versorgung von mehr als 35.000
       Vertriebenen, die in zwei Camps nahe Hamam Alil untergebracht sind. Doch
       der Bedarf ist enorm. Seit Beginn des Großangriffs auf West-Mossul hat sich
       die Zahl der Vertriebenen mehr als verdoppelt.
       
       ## Grundnahrungsmittel beschlagnahmt
       
       Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration leben
       inzwischen fast 340.000 Männer, Frauen und Kinder in Flüchtlingslagern oder
       Notunterkünften. Dabei leiden viele nicht nur an den körperlichen, sondern
       auch an den seelischen Wunden, [1][die ihnen der Krieg zugefügt]. Allein im
       März hätten ihre Psychologen fast 2.300 Patienten betreut, erklärte Ärzte
       ohne Grenzen. In Mossul selbst leiden die Einwohner unter Wasserknappheit
       und fehlenden Lebensmitteln. „Die Menschen sind arm“, sagt der Arzt Sudani.
       „Es gibt kein Wasser und nichts zu essen.“
       
       Immer wieder berichten Flüchtlinge, dass der IS Reis und andere
       Grundnahrungsmittel beschlagnahmt, um seine Kämpfer zu versorgen. Besonders
       hart trifft dies die Kinder. Hilfsorganisationen registrieren seit März
       eine Zunahme von unterernährten Kindern. Um sie zu behandeln, habe die
       Organisation in einem ihrer Spitäler eine spezielle Abteilung eingerichtet,
       so Ärzte ohne Grenzen.
       
       Dass die Schlacht um Mossul bis Ende des Monats geschlagen ist, wie
       Generalstabschef Osman al-Ghanmi sagt, ist alles andere als gewiss. Die
       IS-Extremisten und ihre Gegner liefern sich in den Gassen ein blutiges
       Katz-und-Maus-Spiel. Hielten sich die Schäden im Ostteil der Stadt in
       Grenzen, ist das Ausmaß der Verwüstung im Westteil enorm. „Viele Häuser
       sind zerstört“, sagt Sudani. Auf einen Erfolg der Regierungstruppen folgt
       häufig schnell ein Rückschlag.
       
       3 May 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!5396988
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Inga Rogg
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Irak
 (DIR) „Islamischer Staat“ (IS)
 (DIR) Ärzte ohne Grenzen
 (DIR) Mossul
 (DIR) Irak
 (DIR) „Islamischer Staat“ (IS)
 (DIR) Konzert
 (DIR) Mossul
 (DIR) Irak
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gewalt im Irak: Bombenanschlag vor Eisdiele
       
       Die Explosion einer Autobombe vor dem beliebten Laden riss 13 Menschen in
       den Tod, 24 wurden verletzt. Der „Islamische Staat“ bekannte sich zu der
       Tat.
       
 (DIR) Nach Einsatz von Sondereinheiten: IS-Anführer in Afghanistan getötet
       
       Abdul Hassib sei am 27. April bei einem Einsatz amerikanischer und
       afghanischer Sondereinheiten getötet worden. Das wurde jetzt bestätigt.
       
 (DIR) Violinist spielt gegen den Terror: „Wir wollen Musik hören“
       
       Der irakische Geiger Ameen Mokdad hat ein Konzert gegeben – im umkämpften
       Mossul, wo IS und Regierungs-truppen aufeinanderprallen.
       
 (DIR) Schlacht um Mossul im Irak: Die Hölle auf Erden
       
       Im Kampf gegen den IS geraten Zivilisten zwischen die Fronten. Dabei gäbe
       es durchaus Möglichkeiten, sie zu schützen, sagt Amnesty International.
       
 (DIR) Kampf gegen den IS im Irak: Mossul im Schatten Aleppos
       
       Immer mehr Zivilisten geraten in Mossul zwischen die Fronten. Ein
       mutmaßlicher Luftangriff hat bis zu 240 Tote gefordert. Vieles bleibt
       offen.