# taz.de -- Kommentar Schweden nach dem Anschlag: Überflüssige Abschiebedebatte
       
       > Über härtere Abschieberegeln zu diskutieren, führt im Fall des
       > Stockholm-Attentäters nur weiter, wenn man die Menschenrechte in Frage
       > stellen will.
       
 (IMG) Bild: Was für ein Polizeistaat müsste Schweden werden, um einen Untergetauchten wie den mutmaßlichen Attentäter rechtzeitig zu schnappen?
       
       Natürlich war es nur eine Frage der Zeit, [1][wann nach dem Attentat von
       Stockholm das Abschiebethema hochkochen würde]. Und natürlich war es nicht
       überraschend, dass die rechtspopulistischen Schwedendemokraten die Debatte
       vom Zaun brachen. Etwas mehr verwunderte aber, als auch Ministerpräsident
       Stefan Löfven es nicht lassen konnte, laut darüber nachzudenken, ob man
       nicht „bessere Möglichkeiten schaffen müsse, um das durchzusetzen“. Nämlich
       dafür zu sorgen, dass [2][eine Person, bei der rechtskräftig entschieden
       wurde, dass sie kein Bleiberecht hat], auch wieder das Land verlässt. Und
       dass da notfalls mit zwangsweiser Abschiebung nachgeholfen wird.
       
       Der Regierungschef sollte es besser wissen und hätte mal lieber auf seinen
       Innenminister Anders Ygeman gehört, der dringend gemahnt hatte, erst einmal
       in aller Ruhe zu analysieren, ob irgendwo ein Fehler gemacht worden sei.
       Und der ausdrücklich davor gewarnt hatte, nun gleich nach neuen Gesetzen
       und schärferer Praxis zu rufen. Tatsächlich dürfte der aktuelle Fall dazu
       nämlich kaum einen Anlass geben.
       
       Klar, die messerscharfe Logik der konservativen Oppositionsführerin
       Kinberg-Batra – „wenn er nicht mehr in Schweden gewesen wäre, hätte er das
       in der Drottninggatan nicht anstellen können“ – kann man schwer in Frage
       stellen. Aber um jemand in Abschiebehaft stecken oder ihm eine
       elektronische Fussfessel anschnallen zu können, muss man seiner erst einmal
       habhaft werden.
       
       Zur Fahndung ausgeschrieben, weil er einer Ausreiseaufforderung nicht
       nachgekommen war, war der Terrorverdächtige seit 5 Wochen. Aber er war eben
       unauffindbar, weil untergetaucht. Und in welchen Polizeistaat müsste sich
       Schweden eigentlich verwandeln, um wirklich sicherstellen sein zu können,
       dass kein Mensch sich unter Verstoss gegen das Ausländerrecht im Lande
       aufhält?
       
       ## Abschiebung nach Usbekistan? Schwierig
       
       Kommt hinzu, dass das Heimatland des fraglichen Mannes Usbekistan ist. Der
       Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat in mindestens einem Dutzend
       Fällen entschieden, dass Abschiebungen nach Usbekistan nicht zulässig sind,
       weil sie aufgrund der dort herrschenden Willkür mit systematischen
       Menschenrechtsverletzungen jedenfalls gegen das Folterverbot verstossen
       würden.
       
       Ähnlich wie andere EU-Staaten schiebt deshalb Schweden seit drei Jahren
       grundsätzlich nicht mehr nach Usbekistan ab. Eine Abschiebedebatte führt im
       konkreten Fall also keinen Millimeter weiter. Es sei denn, man will auch
       gleich die Menschenrechtskonvention in Frage stellen.
       
       11 Apr 2017
       
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