# taz.de -- Meinungsfreiheit für Nazis in Schweden: Anwesend sein oder nicht?
       
       > Weil ein rechter Verlag einen Stand bei der Göteborger Buchmesse
       > bekommt, wird zum Boykott aufgerufen. Nicht alle machen mit.
       
 (IMG) Bild: Rechtsextreme demonstrieren 2011 gegen den Bau einer Moschee in Göteborg
       
       Stockholm taz | „Die Meinungsfreiheit in Ehren, aber es gibt eine Grenze“,
       sagt der Verfasser Göran Rosenberg: „Und die verläuft da, wo sie nur
       benutzt werden soll, um sie zu untergraben.“ Rosenberg gehört zu den über
       200 SchriftstellerInnen, IllustratorInnen und ÜbersetzerInnen, die ebenso
       wie mehrere Verlage mittlerweile angekündigt haben, die diesjährige
       Göteborger Buchmesse – mit über 100.000 BesucherInnen die größte
       Nordeuropas – boykottieren zu wollen.
       
       Der Grund: Die Veranstalter der Messe haben dem Verlag von Nya Tider einen
       Stand zugeteilt – einer Wochenzeitschrift mit einer Auflage von rund 4.000
       Exemplaren, die nach Einschätzung der antirassistischen Stiftung Expo „tief
       im rassenideologischen Umfeld verankert ist und Verbindungen zur Nordischen
       Widerstandsbewegung hat“. Diese derzeit aktivste skandinavische
       Neonazigruppe bekennt sich offen zur „nationalsozialistischen
       Weltanschauung“ und will über eine Revolution eine „nationalsozialistische
       Republik“ errichten.
       
       „Solange rechtsextreme Kräfte auf der Buchmesse anwesend sein dürfen,
       werden wir da nicht sein“, heißt es in dem Boykottaufruf, den auch vier
       Mitglieder der Schwedischen Akademie – des Gremiums, das den
       Literaturnobelpreis verleiht – unterschrieben haben: Man werde ein
       alternatives Forum veranstalten, das zeitgleich zur Messe im
       Weltkulturmuseum und im Göteborger Literaturhaus stattfinden werde.
       
       Die Buchmesse sei „eine demokratische Arena für freie Meinungen“, reagiert
       deren Chefin Maria Källsson auf den Boykottaufruf. Für die Messe gebe es
       nur eine Grenze: da, wo Gesetze verletzt würden. Das sei bei Nya Tider
       nicht der Fall und auch die „Nordische Widerstandsbewegung“ sei keine
       verbotene politische Organisation. Der Boykott verschaffe diesem Akteur,
       „der nicht einmal ein Promille der Ausstellungsfläche hat“, einen
       unverdient großen Resonanzboden. Wolle man für die Demokratie kämpfen, dann
       solle man „besser anwesend sein und gemeinsam gegen die antidemokratischen
       Kräfte auftreten“.
       
       So ähnlich sieht das auch Schwedens Bibliotheksvereinigung. „Wir haben uns
       nach kontroverser Debatte für eine Teilnahme entschieden“, sagt deren
       Generalsekretärin Karin Linder: „Wir kommen, weil wir unsere Ansicht zu
       Menschenrechten, Demokratie und Meinungsfreiheit manifestieren wollen.“ Man
       halte es allerdings für falsch, dass die Buchmesse Nya Tider überhaupt
       akzeptiert habe.
       
       Vesna Prekopic, Herausgeberin der sozialdemokratischen Dagens Arena wirft
       der Buchmesse „Naivität im Umgang mit Nazis“ vor und erinnert an eine
       neulich erschienene Satirezeichnung mit einem Dialog an einer Festtafel:
       „Wer sind Sie? – Ich bin der Nazi, der zu jedem Fest eingeladen werden
       muss. Das nennt man Meinungsfreiheit.“ Prekopic: „Ich nenne das gefährliche
       Naivität.“
       
       4 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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