# taz.de -- Türkei-Konferenz der Linksfraktion: Scharfe Worte gegen Erdoğan
       
       > Bundestagspräsident Lammert wirft der türkischen Regierung einen Putsch
       > gegen die Verfassung vor. Wagenknecht nennt Erdoğan „Terrorist“.
       
 (IMG) Bild: Bundestagspräsident Norbert Lammert auf der Türkei-Konferenz der Linksfraktion im Bundestag
       
       Berlin taz | Zum Auftakt des türkischen Verfassungsreferendums in
       Deutschland hat Bundestagspräsident Norbert Lammert die Führung in Ankara
       scharf attackiert. Nach einem „offenkundig lange vorbereiteten Drehbuch“
       plane Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan und seine AKP-Regierung „die
       Umwandlung einer zweifellos fragilen, aber demokratischen Ordnung in ein
       autoritäres System“, sagte Lammert am Montagabend auf einer Konferenz der
       Linksfraktion im Bundestag.
       
       Lammert warf Erdoğan vor, in der Türkei einen Putsch von oben zu
       inszenieren. Nachdem der Putschversuch „wildgewordener Militärs“ im Sommer
       vergangenen Jahres „am bemerkenswerten Widerstand der Menschen in der
       Türkei gescheitert“ sei, müssten sie jetzt zur Kenntnis nehmen, „dass die
       von ihnen gewählte Regierung nun gegen die eigene Verfassungsordnung
       putscht“. Der demokratische Rechtsstaat werde zugunsten „eines autoritären
       Regimes“ ausgehebelt.
       
       Besonders entsetze ihn dabei „die faktische Selbstauflösung eines
       türkischen Parlaments, das allerspätestens nach der Verhaftung eigener
       Mitglieder den Aufstand gegen die eigene Regierung hätte proben und
       aufführen müssen“, sagte der Christdemokrat unter dem Beifall der rund 400
       KonferenzteilnehmerInnen. Falls die Verfassungsreform durchkomme, wäre das
       „die demonstrative Abwendung von einer europäischen Zivilisation“.
       
       Bei einem Ja beim Referendum würde die Türkei zu einer Ein-Mann-Diktatur,
       warnte der Journalist Can Dündar. Allerdings sei die Entscheidung völlig
       offen, die letzten Meinungsumfragen sähen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Deswegen
       verliere er auch seine Hoffnung nicht. Ein Nein würde bedeuten, „diese
       Diktatur zu bremsen“. Es könne der Anfang vom Ende der katastrophalen Ära
       Erdoğans sein. Dündar, der seit dem vergangenen Jahr im deutschen Exil
       lebt, forderte dazu auf, „solidarisch mit der anderen Türkei“ zu sein, die
       trotz aller Repression weiter für die Demokratie kämpfe.
       
       Der HDP-Abgeordnete Ertuğrul Kürkçü erinnerte daran, dass in den
       vergangenen zwei Jahren rund 5.000 Mitglieder der linken prokurdischen
       Partei inhaftiert worden seien, darunter auch die Parteivorsitzenden Figen
       Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş. Der 68-jährige Kürkçü rief zu einer
       „Koalition der Freiheit“ gegen die „neue Art von Faschismus“ auf, die in
       der Türkei drohe. Das Land befinde sich jetzt an einer „kritischen
       Wegscheide“.
       
       Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht bezeichnete Erdoğan als
       „Terrorpaten“ und „Terroristen“. Zur Begründung zitierte sie einen Satz,
       den der türkische Präsident vor wenigen Tagen in Ankara gesagt hat: „Wenn
       ihr euch weiterhin so benehmt, wird morgen kein einziger Europäer, kein
       einziger Westler auch nur irgendwo auf der Welt sicher und beruhigt einen
       Schritt auf die Straße setzen können.“ Das sei ein „Aufruf zum
       Terrorismus“, sagte Wagenknecht. „Nichts anderes ist das.“
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt sie vor, zu lange zu dem Treiben
       Erdoğans geschwiegen zu haben. Mit ihren Reisen in die Türkei – zuletzt im
       Februar – habe Merkel ihm sogar noch den Rücken gestärkt. Das sei
       unverantwortlich gewesen: „Da wird man mitschuldig, wenn man das tut.“
       Außerdem kritisierte Wagenknecht die Rüstungslieferungen an die Türkei und
       den „unseligen Flüchtlingspakt“, durch den sich die Bundesregierung
       abhängig gemacht habe. Sie forderte dazu auf, mehr Druck zu machen für die
       Freilassung des Welt-Journalisten Deniz Yücel und der vielen anderen
       politischen Gefangenen in der Türkei.
       
       29 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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