# taz.de -- Februar 2017 in rechten Medien: Der Schulz-Höcke-Effekt
       
       > Zwei Männer sorgten in rechten Medien für reichlich Diskussion. Und wie
       > gehen solche Websites eigentlich mit Fake News aus der „Bild“ um?
       
 (IMG) Bild: Mindestens so schlimm wie Merkel: Rechte Medien können SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gar nicht leiden
       
       Achtung: Links in diesem Artikel auf rechte Medien führen [1][über den
       Dienst „Do Not Link“] auf die Originalartikel. Mit dem Dienst wird
       ausgeschlossen, dass der Link zu einer Verbesserung von deren
       Suchmaschinenposition führt. 
       
       Der Februar zeigte, dass rechte Medien nicht ganz so alternativ sind, wie
       sie es gerne von sich behaupten. Wie im Januar dominierten die Themen der
       regulären Medien auch die am rechten Rand: Der Aufstieg von Martin Schulz,
       der Skandal um Björn Höcke – und der gleichzeitige Absturz der AfD. Viele
       Artikel verbrachten viel Platz damit, zu analysieren, welches Phänomen für
       welches verantwortlich war.
       
       Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied zu regulären Medien. Neben
       der Tatsache, dass [2][keines der rechten Medien ein wirkliches Vollmedium
       ist], das seine Leser*innen umfassend über ein breites Themenspektrum
       informiert, produzieren diese Medien sehr wenige Texte. Für diese
       Zusammenfassung wurden die Online-Auftritte von Compact, von der Jungen
       Freiheit und von „PI News“ beobachte. Diese drei Medien produzieren am
       rechten Rand die meisten Artikel und erreichen dennoch nur einen Bruchteil
       des Outputs regulärer Medien.
       
       Auf Compact erschienen im Februar im Durchschnitt drei Artikel am Tag, bei
       der Jungen Freiheit waren es knapp fünf und bei „PI News“ knapp zehn. Dabei
       muss angemerkt werden, dass „PI News“ nur wenig eigenes Material
       veröffentlicht und fast ausschließlich aus Hinweisen auf andere Medien,
       Blogs oder Youtube-Kanäle besteht. Auf taz.de erscheinen zum Vergleich rund
       40 bis 50 Artikel am Tag, bei Spiegel Online [3][sind es rund 100] und bei
       der New York Times, einer der größten Zeitungen der Welt, [4][sind es 200].
       
       Daraus folgt auch ein viel deutlicheres Agenda-Setting als bei anderen
       Medien. Berichtet beispielsweise Spiegel Online über einer
       Gerichtsverhandlung, ist dies einer von 100 Artikeln an dem Tag, tut es die
       Junge Freiheit, macht sie den Prozess zu einer der fünf wichtigsten
       Nachrichten des Tages für ihre Leser*innen.
       
       Und tatsächlich wirft die Auswahl oft Fragen auf, zum Beispiel wenn die
       Junge Freiheit über [5][ein “Selfie-Verbot“ in Wahlkabinen] berichtet, über
       [6][einen Farbanschlag auf eine Studentenverbindung] oder ein [7][Streit um
       ein Fußballtrikot]: Geht es da wirklich nur darum, Leute zu informieren
       oder darum, einem klar definiertem Publikum den Stoff zu liefern, den es
       möchte?
       
       Martin Schulz als SPD-Kanzlerkandidat 
       
       Der Überraschungskandidat der SPD war allen rechten Medien einen Kommentar
       wert. „PI News“ übernahm Ende Januar [8][einen Blogpost], der argumentiert,
       dass Martin Schulz sehr häufig als Nazi beschimpft worden sei und dass es
       deshalb stimmen müsse: „Wenn es einmal passiert, ist es Zufall, bei zweimal
       muß man mißtrauisch werden, ab dem dritten Vergleich ist etwas dran.“
       (sic!) Eine solche Argumentation auf einem Portal, das sich sonst
       beschwert, unbescholtene Bürger würden heutzutage leichtfertig als „rechts“
       diffamiert, ist nicht ganz ohne Ironie.
       
       Die Junge Freiheit beschreibt Schulz in zwei Beiträgen als [9][den
       Populisten des „Establishments“] und [10][als „Große Klappe, keine
       Kontur“]. Schulz sei bei der ARD präsentiert worden wie Egon Krenz 1989,
       heißt es im ersten Beitrag und die „öffentlich-rechtlich Bestallten“ würden
       nun aus Angst vor der Altersarmut auf Rot-Rot-Grün setzen, statt wie
       vermeintlich bisher auf Schwarz-Grün. Der zweite Text, ein Porträt,
       argumentiert, dass Schulz wegen seiner hohen Bezüge im EU-Parlament kein
       guter Fürsprecher für die “einfachen Leute“ sei, keine klaren Antworten auf
       wirtschaftliche Fragen gebe und beim Thema Einwanderung ganz auf
       „Merkel-Linie“ sei, was wohl negativ gemeint ist.
       
       [11][Für Compact ist Schulz] „noch ein Ruck für Deutschland – in Richtung
       EU“. Mit Schulz als Kanzlerkandidat habe sich die SPD „absolut“ zur EU
       bekannt. Auch hier ist der Verweis negativ gemeint: Die EU bedeute ein
       „Recycling vom Kalten Krieg“ und Schulz habe nichts gelernt, weil er gegen
       die Aufhebung von Sanktionen gegen Russland sei. Schulz finde die AfD
       wiederum schlecht, weil diese „das Meinungsmonopol“ erschüttere.
       
       Parteiausschlussverfahren gegen Björn Höcke 
       
       Mitte Februar gab der Vorstand der AfD bekannt, dass er nun doch ein
       Parteiausschlussverfahren gegen ihren Rechtsaußen Björn Höcke anstrebt. Wie
       auch im Januar sorgte diese Nachricht für große Aufregung in rechten
       Medien: An Björn Höcke, so der Tenor, entscheidet sich die Zukunft der
       Partei. Wie auch im Monat zuvor zeigte sich eine klare publizistische
       Spaltung: Während „PI News“ und Compact für den Verbleib Höckes in der
       Partei argumentieren, befürwortet die Junge Freiheit seinen Ausschluss.
       
       In deutlichen Tönen warnte „PI News“ vor dem Schritt: Der Ausschluss Höckes
       wäre [12][die Kastration der AfD], damit signalisiere der Parteivorstand
       seine „Kapitulation“ vor den „Systemverteidigern“. Ohne Leute wie Höcke
       [13][könne die AfD „einpacken“], hieß es, Parteichefin Petry werde gegen
       ihn scheitern, denn Höcke habe – im Gegensatz zu ihr – „eine klare Vision
       der Zukunft“. Und schließlich rief die Seite dazu auf, dass der Konflikt
       [14][umgehend beendet werden müsse] – der Vorstand müsse seine
       Befindlichkeiten zurückstellen, für einen solchen Konflikt sei ja noch nach
       der Bundestagswahl Zeit.
       
       Auch Compact ruft [15][fast schon aktivistisch auf]: „Jetzt gilt’s:
       AfD-Basis kann Höcke-Ausschluss verhindern!“ Wenn Höcke nicht wie einst
       Thilo Sarrazin in der SPD „politisch liquidiert“ werden solle, müsse die
       Basis nun protestieren.
       
       In der Jungen Freiheit versuchte dagegen der Dresdner Politikprofessor
       Werner Patzelt, dem Streit [16][einen intellektuellen Anstrich zu geben].
       Die AfD sei im Prinzip so wie einst die Grünen und der Streit sei ein
       Konflikt zwischen einem „Fundi-Flügel“ um Höcke und den „Realos“ um Petry.
       Die AfD sei von Menschen unterwandert worden, die dachten, die Partei sei
       eine Heimat für Rechtsradikale und Rassisten. Die AfD könne aber nur
       bestehen, wenn sie sich als normale Partei etabliere. Wenn Höcke bleibe,
       sei dies der Weg in die politische Versenkung und nur Gegner der AfD
       könnten seinen Verbleib wünschen. Ob damit auch die anderen Player der
       rechten Medienszene gemeint waren?
       
       LESEN SIE AUCH: Die Kolumne „Right Trash“ befasst sich detaillierter mit
       [17][der Diskussion der Rechten über Björn Höcke] 
       
       Fake News 
       
       Die größte Lügengeschichte des Monats wurde von der Bild-Zeitung
       verbreitet, einem Medium, das zwar zu den regulären in Deutschland zählt,
       aber [18][als Fake-News-Schleuder] schon [19][seit Jahrzehnten bekannt]
       ist. Die Nachricht, dass es in Frankfurt einen Mob von Männern
       „nordafrikanischer Herkunft“ gegeben habe, der zahlreiche Frauen angriff,
       wurde von [20][der Jungen Freiheit] und [21][von „PI News“] offensichtlich
       ohne Überprüfungsrecherche weiterverbreitet.
       
       Die Junge Freiheit endet ihren Artikel mit dem Hinweis, dass „lediglich“
       die rechten Parteien „Bürger für Frankfurt“ und AfD zuvor die
       Ausschreitungen thematisiert hatten und verwies auf die Frankfurter
       Rundschau, die diese Vorwürfe für „herbeiphantasiert“ gehalten hatte. Als
       die Junge Freiheit dann auch meldete, dass [22][die Meldung falsch gewesen
       war], fehlte ein ähnlich süffisanter Schluss.
       
       „PI-News“, die im Artikel ausgiebig aus dem Bild-Schwesterblatt Welt
       zitierte, endete ihren Artikel damit, dass man gespannt sein könne, „was
       von der Silvesternacht 2017 in der „Freßgass“ noch alles zu Tage tritt“ –
       als die Geschichte sich als ausgedacht herausstellte, veröffentlichte der
       Blog keine Korrektur.
       
       28 Feb 2017
       
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