# taz.de -- Erneutes Verfahren wegen Demo 2011: Antifa-Aktivist wieder vor Gericht
       
       > Schon wieder wird der Berliner Tim H. wegen Krawallen auf einer Dresdner
       > Anti-Nazi-Demo angeklagt. Emotional und finanziell belaste es ihn stark.
       
 (IMG) Bild: Anti-Nazi-Demo in Dresden am 19. Februar 2011
       
       Dresden taz | „Gespenstisch“ mute das Verfahren an und wirke „wie aus einer
       anderen Zeit“, erklärte Verteidiger Ulrich von Klinggräff zu Prozessbeginn.
       Es ist die dritte Verhandlung gegen Tim H., Mitarbeiter der
       Bundesgeschäftsstelle der Linken in Berlin, vor einem sächsischen Gericht,
       die am Mittwoch begann. Und es ist die letzte im Zusammenhang mit den
       Krawallen vom 19. Februar 2011, als Nazis zum Gedenken an die Zerstörung
       Dresdens letztmals eine größere Anhängerschaft mobilisieren konnten. Sowohl
       friedliche Bürger als auch militante Linke versuchten damals, den Aufmarsch
       zu verhindern.
       
       [1][Tim H. war 2013 vom Amtsgericht Dresden wegen Körperverletzung und
       besonders schweren Landfriedensbruchs zu 22 Monaten Haft ohne Bewährung
       verurteilt worden.] In der Dresdner Südvorstadt, wo die Polizei weiträumig
       den Aufmarschplatz der Rechten am Hauptbahnhof sichern wollte, soll er per
       Megafon zum Durchbrechen einer Polizeisperre aufgerufen haben. Einige
       Polizisten wurden dabei verletzt. Im Vorbeistürmen soll außerdem gegenüber
       einem Beamten das Schimpfwort „Nazischwein“ gefallen sein. Die Vorwürfe
       stützen sich maßgeblich auf polizeiliche Videoaufzeichnungen.
       
       Nachdem sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung Berufung
       eingelegt hatte, hob das Landgericht zwei Jahre später das Urteil auf.
       Übrig blieb nur die Beleidigung des Polizisten, die mit 4.050 Euro
       Geldstrafe geahndet wurde. Die Videos zeigten bei genauer Analyse bis zu
       fünf Demonstranten mit Megafonen, Tim H. war wohl nur wegen seiner
       Körpergröße aufgefallen. Nach einer Revision beider Seiten verwies das
       Oberlandesgericht Sachsen den Fall zurück an eine andere Kammer des
       Landgerichts. Dessen Vizepräsident Martin Schultze-Griebler führt nun die
       Hauptverhandlung.
       
       In der Beweisaufnahme ergaben sich bis zum Nachmittag keine neuen
       belastenden Erkenntnisse. Ein mit der Videoauswertung befasster
       Kriminalbeamter meinte zwar, H. an verschiedenen Orten identifiziert zu
       haben. In einer Führungsfunktion habe er ihn aber „nicht direkt handeln
       gesehen“. Aufforderungen zu Straftaten seien nicht feststellbar, über H.s
       Zugehörigkeit zu linken Gruppen und Organisationsstrukturen sei nichts
       bekannt. Ein erneut als Zeuge gehörter Anwohner trug zur Aufklärung nichts
       bei. Das von der Staatsanwaltschaft beauftragte Stimmengutachten konnte nur
       den Ruf „nach vorne“ klarer belegen, ihn aber nicht einem bestimmten Rufer
       zuordnen.
       
       In einer kurzen persönlichen Erklärung bezeichnete der 40-jährige
       Angeklagte die nunmehr fünfjährige Prozessdauer als emotionale und
       finanzielle Belastung. Etwa 10.000 Euro Kosten seien ihm bereits
       entstanden, die teils durch Spenden von Freunden aufgefangen werden. Die
       beiden Anwälte von Tim H. forderten, „nicht mehr die Schlachten der
       Vergangenheit zu schlagen“. Nach Einsicht in die Originalvideos
       unterstellten sie erneut manipuliertes Polizeimaterial, das die
       erstinstanzliche Verurteilung beeinflusst habe. Als nächster
       Verhandlungstag ist der 6. Januar angesetzt.
       
       21 Dec 2016
       
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