# taz.de -- Kommentar Türkeipolitik der EU: Die eigenen Leute ignoriert
       
       > Der EU fliegt nun ihr zwiespältiger Umgang mit der Türkei um die Ohren.
       > Bundeskanzlerin Merkel ist dafür mitverantwortlich.
       
 (IMG) Bild: Im Mai 2016 war das deutsch-türkische Verhältnis besser als heute
       
       Es war keine gute Idee von Kanzlerin Angela Merkel, ihren umstrittenen
       Flüchtlingsdeal mit der Türkei an die EU-Beitrittsverhandlungen zu koppeln.
       Beide Themen haben nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun. Bei den
       Beitrittsgesprächen geht es um europäische Werte, [1][beim Flüchtlingsdeal
       um deutsche Interessen]. Merkel wollte erreichen, dass die Türkei die
       Grenzen für Flüchtlinge dicht macht – beim EU-Beitritt geht es jedoch um
       viel mehr.
       
       Wie schlecht beide Stränge der Türkeipolitik zusammenpassen, zeigt sich
       jetzt, da Präsident Recep Tayyip Erdoğan immer rücksichtsloser [2][auf die
       Alleinherrschaft zusteuert] und die Grundwerte der EU immer unverschämter
       mit Füßen tritt.
       
       Das Europaparlament will nicht länger tatenlos zusehen und fordert, die
       Beitrittsverhandlungen einzufrieren. Im EU-Parlament haben deutsche
       Abgeordnete aller Fraktionen für eine zeitweise Aussetzung gestimmt.
       
       Doch das passt nicht zu Merkels Deal, der wenige Monate vor der
       Bundestagswahl bedrohlich wackelt. Und so muss nun jede Kritik an Erdoğan
       und seinem Regime weggedrückt werden – selbst wenn das auf Kosten der
       Glaubwürdigkeit geht.
       
       Das erste Opfer dessen sind die deutschen Christ- und Sozialdemokraten im
       Europaparlament, deren Türkeibeschluss zu einer bloßen Meinungsäußerung
       herabgewürdigt wird. Die Regierenden in Berlin ignorieren die eigenen Leute
       in Straßburg.
       
       Das zweite Opfer sind die Beziehungen zu EU-Partnern wie Österreich und
       Belgien, die sich nun ebenfalls gegen eine Fortsetzung der
       Beitrittsverhandlungen ausgesprochen haben. Sie zählen plötzlich weniger
       als der Burgfriede mit der Türkei.
       
       Das dritte Opfer wird, so steht zu befürchten, die Wahrheit sein. Denn
       hinter dem Rücken der Öffentlichkeit wird weiter verhandelt – um
       Visafreiheit und Zollunion. Doch davon sollen wir nichts wissen. Der
       Merkel-Deal darf nicht scheitern – koste es, was es wolle.
       
       14 Dec 2016
       
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