# taz.de -- Porträt Sandra Scheeres (SPD): Scheeres darf noch mitspielen
       
       > Die Entscheidung für eine zweite Amtszeit der Bildungssenatorin fiel
       > nicht gerade eindeutig aus. Nun muss Scheeres zeigen, dass sie
       > „gestalten“ kann.
       
 (IMG) Bild: Am Donnerstag will sie sich vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller im Amt bestätigen lassen: SPD-Bildungssenatorin Sandra Scheeres
       
       Nein, unter keinen Umständen wollte die SPD das Bildungsressort hergeben.
       Lieber hat man beim Geschacher um die Ressortverteilung nach der
       Abgeordnetenhauswahl Linken und Grünen das jetzt geteilte Ressort
       Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr überlassen, als die Bildung
       herzugeben.
       
       Die Entscheidung der Genossen für das Ressort war eindeutig. Die
       Entscheidung für die Senatorin hingegen, die das Haus in den kommenden fünf
       Jahren verantworten soll, war es nicht. Denn kaum war die Verteilung der
       Ressorts zwischen Rot-Rot-Grün fix, galt Finanzsenator Matthias
       Kollatz-Ahnen als gesetzt, wie es aus der Partei heraus hieß. Bei Sandra
       Scheeres, der amtierenden Bildungssenatorin, sei die Wortwahl des
       Regierenden hingegen weniger eindeutig gewesen.
       
       Unsinn!, Haarspalterei!, schnaubt es aus Scheeres’ Pressestelle. Dennoch:
       Das Bekenntnis – und sei es hinter den Kulissen – zur Bildungssenatorin
       fiel zumindest weniger deutlich aus als zu anderen Personalien. Und warum
       man die Senatorin in der öffentlichen Wahrnehmung hängen lässt, wenn man
       dann doch nicht beabsichtigt, sie fallen zu lassen, ist zumindest
       interessant.
       
       Das Bildungsressort ist für die Sozialdemokraten ein Kernressort, eines, in
       dem sie gestalten wollen. Gerade vor diesem Anspruch ihrer Partei jedoch
       muss Scheeres in den vergangenen fünf Jahren oft unglücklich gewirkt haben.
       
       ## Das Wort „Pragmatikerin“ passt ihr
       
       Zum Beispiel die gebührenfreie Kita ab 2018, vom letzten rot-schwarzen
       Senat noch fix beschlossen. Auch wenn Scheeres am Ende sagen musste,
       kostenfreie Bildung sei selbstverständlich „schon immer“ ein SPD-Anliegen
       und also auch das ihre gewesen – vorangetrieben und beim Finanzsenator die
       nötigen Millionen dafür lockergemacht hat in erster Linie SPD-Fraktionschef
       Raed Saleh.
       
       Die Diplompädagogin Scheeres hat einmal gesagt, sie finde sich mit dem Wort
       „Pragmatikerin“ gut beschrieben. Tatsächlich war es nur vernünftig, in der
       letzten Legislatur die Debatte über Fachkräfte und mehr Kitaplätze so in
       den Vordergrund zu spielen, wie sie es getan hat. Lieber angesichts der
       jüngsten Bevölkerungsprognose die Erfolgsstory Kitaplatzausbau
       vorantreiben. Lieber erst mal überlegen, woher man die dafür nötigen
       Fachkräfte nimmt. Lieber erst mal Tausende Flüchtlingskinder sinnvoll in
       den Schulbetrieb integrieren.
       
       „Die Leute verbinden mit mir vor allem Qualität“, hatte die 46-Jährige,
       selbst Mutter zweier Schulkinder, auf die Frage geantwortet, was von ihrer
       ersten Amtszeit wohl am ehesten hängen bleiben werde. Und dass Populismus
       ihre Sache nicht sei.
       
       Doch was die bildungspolitische Debatte bestimmt hat, war dann eben zum
       Beispiel die gebührenfreie Kita. Was aus dem Koalitionsvertrag bisher
       Schlagzeilen machte, war der vereinfachte Zugang zum Schulhort für alle
       Kinder – ein Lieblingsprojekt der Linken. Bisher müssen Erwerbslose einen
       aufwendigen Antrag stellen, wenn sie ihr Kind im Hort betreuen lassen
       wollen.
       
       ## Eine gewisse Glanzlosigkeit
       
       Man könnte sagen: Das Problem von Scheeres ist, dass sie in der
       Öffentlichkeit eher als bemühte, aber glücklose Verwalterin denn als
       Gestalterin wahrgenommen wird. Kitaplatzausbau, Fachkräftemangel: Wichtige
       Themen, aber nun mal nichts, wo man angesichts der jüngsten
       Bevölkerungsprognosen mit schnellen Lösungen glänzen kann.
       
       Scheeres, die bei der Wahl im September ihren Wahlkreis
       Pankow-Süd/Heinersdorf knapp gegen Linken-Chef Udo Wolf verlor, hatte im
       Frühjahr auch gesagt, sie wolle gern Senatorin bleiben. Und sie wird es
       bleiben, trotz der persönlichen Wahlschlappe für sie, trotz der glanzlosen
       ersten Amtszeit. Weil ein nüchterner, pragmatischer Blick, das weiß
       vermutlich auch der Regierende, eigentlich gar nicht so verkehrt ist in
       einem Ressort, in dem sämtliche Betroffenengruppen, von den Eltern bis zu
       den Lehrkräften, schnell mal emotional und grundsätzlich mit einer guten
       Portion Populismus zu Werke gehen.
       
       Die Senatorin geht nicht gerade mit Vorschusslorbeeren in ihre zweite
       Amtszeit: „Das Vertrauen in die Schulverwaltung ist nicht gerade sehr
       stark“, formuliert es Dieter Haase vom Gesamtpersonalrat der Berliner
       LehrerInnen. Man wolle nun vor allem darauf schauen, ob die versprochenen
       Verbesserungen bei der Arbeitsbelastung der Lehrkräfte Wirkung zeigen. „Wir
       befürchten aber, dass die paar Stunden mehr für Verwaltungsangelegenheiten
       und Unterrichtsentwicklung nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind.“
       
       Der Landeselternausschuss hingegen erwartet nun schnell sichtbare Erfolge
       beim zuvor jahrelang verschleppten Thema Schulsanierung. Und die
       Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft drängt zu weiteren gemeinsamen
       Verhandlungen mit dem Finanzsenator über eine bessere Bezahlung der
       angestellten Lehrkräfte, die weniger verdienen als die BeamtInnen.
       
       ## Supertanker Bildungsressort
       
       Es wird also nicht leicht. Denn ja, Bildung ist ein Gestaltungsressort,
       aber ein undankbares. Weil es nicht zuletzt ein wahnsinnig schwerfälliger
       Supertanker unter den Senatsverwaltungen ist. Nun wird allerdings künftig
       der Bereich Wissenschaft in der Senatskanzlei, also direkt beim
       Regierenden, angesiedelt – was allerdings keinesfalls als Schwächung von
       Scheeres zu verstehen sei, heißt es aus ihrem Haus. Vielmehr habe sich
       herausgestellt, dass der Bereich Forschung bisher unglücklich im
       Wirtschaftsressort untergebracht war. Aber Forschung auch noch mit in
       Scheeres’ Haus nehmen? Das wäre nicht sinnvoll gewesen, sagt einer ihrer
       Sprecher.
       
       Es ist natürlich auch ein Versuch, der naheliegenden Interpretation keinen
       Raum zu geben, man habe der Bildungssenatorin etwas „weggenommen“. In der
       Tat hat sie ja unter Umständen auch etwas gewonnen: Gestaltungsspielraum.
       
       6 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Klöpper
       
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