# taz.de -- Kommentar Gewalt gegen Frauen: Wegsehen und Verharmlosen
       
       > Es fehlt nicht an den Gesetzen, um körperliche und sexuelle Gewalt gegen
       > Frauen zu stoppen. Doch mangelt es an einer konsequenten Anwendung.
       
 (IMG) Bild: Über 350 Frauenhäuser gibt es in Deutschland. Das Problem liegt woanders
       
       Jede vierte Frau in Deutschland hat mindestens einmal in ihrem Leben
       körperliche, sexuelle oder seelische Gewalt erfahren, am häufigsten von
       ihrem Partner oder Ex-Partner. Bei nahezu der Hälfte aller Morde an Frauen
       sind die Täter Männer, mit denen die Frauen unter einem Dach lebten.
       
       Kann man dagegen nichts tun?
       
       Kann man. In Deutschland gibt es vergleichsweise gute Gesetze, die Frauen –
       und Männer – vor Übergriffen jeglicher Art schützen sollen. Seit 2002 gilt
       das Gewaltschutzgesetz, das prügelnde Täter und Täterinnen aus der Wohnung
       weist. Seit diesem Sommer wird Stalking schärfer bestraft. Im
       Sexualstrafrecht heißt es jetzt „Nein heißt Nein“: Wer jemanden gegen den
       erkennbaren Willen zum Sex zwingt, wird bestraft.
       
       Es gibt bundesweit über 350 Frauenhäuser und rund 40 Zufluchtswohnungen mit
       insgesamt 6.000 Plätzen. In Präventions- und therapeutischen Projekten
       sollen Täter lernen, mit ihrer Aggression umzugehen statt zuzuschlagen.
       Jugendämter, Familiengerichte, Mediatoren sollen Kinder in gewalttätigen
       Familien schützen. Fragt man Menschen auf der Straße, sagen die meisten:
       Gewalt ist ein Tabu.
       
       Trotzdem werden jeden Tag Frauen verprügelt, gewürgt, verfolgt,
       vergewaltigt. Das Problem sind aber nicht fehlende oder unzureichende
       Gesetze. Vielmehr mangelt es häufig an deren konsequenter Anwendung: Wenn
       der prügelnde Mann wieder nach Hause geschickt wird – ohne Auflagen. Wenn
       das Gericht dem Vergewaltigungsopfer nicht glaubt. Wenn dem getrennten
       Prügler der Umgang mit seiner Tochter erlaubt wird – obwohl die Behörden
       wissen, dass er bei der „Kinderübergabe“ zuhauen wird. Wenn Frauenhäuser
       und Täterprogramme nicht ausreichend finanziert werden. Wenn Nachbarn die
       Schreie der Frau nebenan egal sind.
       
       Es ist eine Mischung aus Ignoranz, Wegsehen und Verharmlosen, die Gewalt
       gegen Frauen nach wie vor legitimiert.
       
       25 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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