# taz.de -- Kommentar Machtvakuum im IS-Gebiet: Jenseits von Mossul
       
       > Erdoğan will verhindern, dass schiitische Milizen die Kontrolle über
       > Mossul übernehmen. Wer soll das Sagen haben, wenn der IS vertrieben ist?
       
 (IMG) Bild: Ein Peschmergakämpfer in einem Militärfahrzeug in Mossul am Donnerstag
       
       Seit der Angriff auf die irakische IS-Hochburg Mossul Anfang dieser Woche
       begann, trommelt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğandafür, seine
       Armee am Sturm auf die Stadt teilnehmen zu lassen. Nur mühsam können die
       USA bislang verhindern, dass die Iraker und Türken aufeinander losgehen,
       der irakische Ministerpräsident Haidar al-Abadi sprach bereits von der
       Gefahr eines neuen Regionalkriegs. Hintergrund dieser Spannungen ist die
       Frage, wer in Mossul eigentlich das Sagen haben soll, wenn der IS einmal
       aus der Millionenmetropole vertrieben ist.
       
       Erdoğan will auf jeden Fall verhindern, dass schiitische Milizen der
       schiitischen Regierung in Bagdad mit Unterstützung des Iran nach einem Sieg
       die Kontrolle über das sunnitische Mossul übernehmen. Abgesehen von eigenen
       politischen Ambitionen im Nordirak – Mossul gehört nach Ansicht vieler
       türkischer Nationalisten eigentlich zur Türkei –, fürchtet er nicht ganz zu
       Unrecht, dass ein Zugriff schiitischer Kräfte auf Mossul gleich den
       nächsten bewaffneten Konflikt in der Stadt auslösen könnte, mit dem
       Ergebnis, dass Hunderttausende Sunniten aus Mossul dann in Richtung
       türkischer Grenze flüchten würden.
       
       Das Problem geht aber über Mossul hinaus. Der gesamte Kampf der
       Anti-IS-Koalition unter Führung der USA krankt bisher daran, dass nicht
       geklärt ist, wer das Vakuum füllen soll, das ein besiegter IS hinterlassen
       würde. Bisher gibt es keine legitimierte Vertretung der im IS-Gebiet
       lebenden sunnitischen Bevölkerung, deshalb kämpfen auch immer wieder
       Mitglieder der Koalition gegeneinander um zukünftigen Einfluss, statt
       gemeinsam gegen den IS vorzugehen.
       
       Eine Konferenz, die Donnerstag in Paris begann, soll nun klären, wer
       zukünftig Mossul regiert und wie die Zukunft in den anderen vom
       IS-kontrollierten Gebieten aussehen könnte. Das ist zwar spät, aber
       hoffentlich nicht zu spät. Denn ohne eine Klärung dieser Fragen, wird der
       IS nicht zu besiegen sein.
       
       20 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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