# taz.de -- EU-Gipfel in Bratislava: Europäische Union will den Neustart
       
       > Wie kritisch ist die Situation der EU? Die 27 bleibenden Staaten der
       > Union suchen in Bratislava eine gemeinsame Agenda.
       
 (IMG) Bild: Nur 27: die verbleibenden Staats- und Regierungschefs der EU vor der Burg in Bratislava
       
       Bratislava dpa | Nach dem Brexit-Schock und monatelangem Dauerstreit
       versucht die Europäische Union einen Neustart. Die 27 bleibenden EU-Staaten
       einigten sich am Freitag ohne Großbritannien auf die „Agenda von
       Bratislava“ – ein Arbeitsprogramm für die nächsten Monate, das
       Handlungsfähigkeit und Bürgernähe beweisen soll.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich danach optimistisch für die
       Zukunft der EU. „Der Geist von Bratislava war ein Geist der
       Zusammenarbeit“, sagte sie bei einem Auftritt mit dem französischen
       Präsident François Hollande. Die restlichen 27 Staats- und Regierungschefs
       „waren auch der Überzeugung, dass wir Kompromisse brauchen, dass wir das
       Gefühl der Solidarität brauchen, das Gefühl der Zusammenarbeit brauchen.
       Und dass wir auf einer Basis gemeinsamer Werte arbeiten.“
       
       Die „Bratislava Roadmap“ steckt die Zeit bis zum 60. Jubiläum der Römischen
       Verträge ab. Oberste Ziele sind mehr Sicherheit und neue Jobs. Der Fahrplan
       ist eine Art Diskussionspapier, denn echte Beschlüsse können nur mit
       Großbritannien fallen, das bis auf weiteres als volles Mitglied zur EU
       gehört. Doch versprachen sich die 27 in ihrer Schlusserklärung gegenseitig,
       besser zusammenzuarbeiten und die Bürger besser zu informieren.
       
       Konkret verabredeten sie eine ganze Reihe von Projekten: Die Außengrenzen
       der EU sollen besser geschützt werden, um illegale Zuwanderung zu
       kontrollieren und zu bremsen. Der Flüchtlingspakt mit der Türkei soll
       umgesetzt werden. Der Aufbau einer gemeinsamen Grenze- und Küstenwache soll
       beschleunigt werden. Im Kampf gegen den Terror soll der
       Informationsaustausch verbessert werden. Im Dezember soll eine engere
       Verteidigungszusammenarbeit beschlossen werden. Auch neue Jobs und mehr
       Perspektiven für Jugendliche schreiben sich die 27 auf die Fahnen.
       
       ## Hilfe für Grenzsicherung
       
       Etliche der Vorschläge hatten Gipfelchef Donald Tusk und Kommissionschef
       Jean-Claude Juncker eingebracht. Juncker bestätigte am Abend auch, dass
       Bulgarien rasch bei der Sicherung der Grenze zur Türkei geholfen werden
       soll. Dafür will die Kommission 108 Millionen Euro zur Verfügung stellen.
       
       Das Brexit-Votum Ende Juni hatte die EU schwer erschüttert. Doch ist sie
       auch wegen Dauerstreits in der Krise, unter anderem über die Flüchtlings-
       und Wirtschaftspolitik. Die vier osteuropäischen Staaten Ungarn, Slowakei,
       Tschechien und Polen lehnen die eigentlich schon beschlossene Umverteilung
       von Flüchtlingen ab, was zu heftigen Spannungen geführt hat.
       
       Als Kompromiss schlugen die vier sogenannten Visegrad-Staaten gemeinsam ein
       Konzept namens „flexible Solidarität“ vor – wer weniger Flüchtlinge
       aufnimmt könnte demnach mehr für den gemeinsamen Grenzschutz tun. In
       Bratislava deutete sich an, dass die Fronten aufweichen. Eine Lösung wird
       aber frühestens Ende des Jahres erwartet.
       
       ## Arbeitsplätze durch Digitalisierung
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte schon zum Auftakt gesagt: „Es geht
       darum, durch Taten zu zeigen, dass wir besser werden können.“ Sie nannte
       neben den Themen innere und äußere Sicherheit und Bekämpfung von
       Terrorismus auch die Zusammenarbeit der Europäer bei der Verteidigung. Für
       die Schaffung von Arbeitsplätzen setzt sie vor allem auf den digitalen
       Binnenmarkt.
       
       Der französische Präsident François Hollande, mit dem sich Merkel am
       Donnerstag abgestimmt hatte, äußerte sich ganz ähnlich. Er betonte die
       Stärkung der europäischen Verteidigung. Derzeit sei Frankreich besonders
       engagiert, doch wolle sein Land nicht alleine dastehen. Europa müsse sich
       notfalls auch ohne die USA selbst verteidigen können.
       
       16 Sep 2016
       
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