# taz.de -- Konferenz der Linksfraktion: Im Streit über Europa vereint
       
       > In ihrer Kritik an der EU sind sich die verschiedenen Flügel in der
       > Linkspartei einig. In den daraus folgenden Konsequenzen nicht.
       
 (IMG) Bild: Vereint im Kampf gegen die EU: Oskar Lafontaine (Linkspartei, Saarland) und Jean-Luc Mélenchon (Parti de Gauche, Frankreich)
       
       Berlin taz | Wie hältst du es mit der EU? Seit der Drangsalierung der
       Syriza-Regierung in Griechenland ist kaum eine Frage umstrittener in der
       Linkspartei. Die einen wollen die EU grundlegend reformieren, die anderen
       sie schlicht zum Teufel jagen. Auf einer Konferenz der Linksfraktion im
       Bundestag trafen am Freitag in Berlin die divergierenden Positionen
       aufeinander.
       
       „Krise der EU – Zeit für einen linken Neustart“ hatte die Fraktion als
       Konferenzmotto gewählt. Man tagte im Energieforum, den energetisch tipptopp
       sanierten ehemaligen städtischen Gaswerken.
       
       In der Analyse sind sich die verschiedenen Lager in der Linkspartei noch
       recht einig: die EU ist derzeit ein neoliberales Projekt. Doch bei den
       einen folgt daraus, die Einsicht, dass man die EU dann eben verbessern
       müsse, während die anderen das für aussichtslos halten.
       
       Gregor Gysi gehört zur Fraktion „Hassliebe“. Die bestehende EU kritisiert
       er zwar scharf: „Sie ist unsozial, undemokratisch, intransparent,
       bürokratisch und in einer tiefen Krise“, sagte er zu Beginn der Konferenz.
       Gleichwohl hält der Ex-Fraktionschef sie grundsätzlich für das
       Friedensprojekt des 21. Jahrhunderts. Daher grenzte er sich deutlich von
       jenen Parteifreunden ab, die eine Rückkehr zur nationalstaatlichen
       Souveränität befürworten. „Ich möchte nicht zurück zum Nationalstaat, zum
       Pickelhaubenstaat.“
       
       ## Rückkehr zu nationalen Währungen?
       
       Die Gegenposition formulierte seine Nachfolgerin Sahra Wagenknecht, die
       gegen Abend auftrat, als Gysi längst entschwebt war. Eindringlich warnte
       sie vor einer „abstrakten Verteidigung der EU“. Das sei „das Falscheste was
       Linke machen können.“ Wagenknecht sprach sich dafür aus, den
       EU-Institutionen Macht zu entziehen und die Kompetenzen wieder so zu
       verteilen, „dass die Einzelstaaten Politik machen können.“
       
       Ihr Ehemann Oskar Lafontaine, der nach ihr auf dem Podium sprach, warb
       vehement für eine Rückkehr zu nationalen Währungen: damit Länder wie
       Spanien, Italien oder Frankreich die Möglichkeit hätten, sich mit einer
       schwächeren Währung gegen Deutschland zu behaupten.
       
       Die Kronzeugen dieser Position saßen mit auf dem Podium: Catarina Martins
       etwa, die Vorsitzende des Bloco de Esquerda in Portugal. Der toleriert seit
       November gemeinsam mit den Kommunisten die sozialdemokratische
       Minderheitsregierung. Eindringlich schilderte sie die Verheerungen, die die
       EU-Austeritätspolitik in ihrem Land angerichtet hat. „Jeder Staat sollte
       über sein Budget entscheiden können“, forderte Martins.
       
       ## Koalition der Abtrünnigen
       
       Oder Jean-Luc Mélenchon von der französischen Parti de Gauche. Die EU sorge
       für einen Wirtschaftskrieg zwischen den Staaten, konstatierte der linke
       Präsidentschaftskandidat. „Was gut für Deutschland ist, ist nicht gut für
       Frankreich.“
       
       Attac-Gründungsmitglied Peter Wahl hatte zuvor einen möglichen Notausgang
       skizziert. Wer nicht mehr einverstanden sei mit den EU-Vorgaben, müsse halt
       mit den EU-Verträgen brechen und mit anderen Abtrünnigen Koalitionen der
       Willigen schmieden. Als Beispiel nannte er neben dem „Club Med“ der
       Mittelmeerländer, ausgerechnet auch die Visegrad Gruppe, in der das von
       Rechtspopulisten regierte Ungarn den Ton angibt.
       
       Er halte nichts von solchen Strategien erwiderte Linksparteichef Bernd
       Riexinger darauf. „Denn sie spalten in hohem Maße die Linke, die
       Gewerkschaften, die Generationen.“
       
       Auch Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch beschwor eine geeinte Linke, die in
       und für Europa kämpft. Ein Kampf, der zuerst im Inneren gewonnen werden
       muss. „Die EU-Kritiker werden gesellschaftlich stärker und auch in der
       Linken“, hieß es aus Vorstandskreisen am Rande der Veranstaltung.
       
       26 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) EU-Politik
 (DIR) Europa
 (DIR) Oskar Lafontaine
 (DIR) Sahra Wagenknecht
 (DIR) Bernd Riexinger
 (DIR) Gregor Gysi
 (DIR) Die Linke
 (DIR) Gregor Gysi
 (DIR) Die Linke
 (DIR) Die Linke
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
 (DIR) Serie „Zukunft Europas“
 (DIR) Europäische Union
 (DIR) Europa
 (DIR) Europäische Union
 (DIR) Lesestück Meinung und Analyse
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Linke versus Linke: Sahra, Oskar und Jean-Luc
       
       Wagenknechts Leute planen den politischen Jahresauftakt und laden
       EU-Kritiker Mélenchon ein. Die Parteichefs und Gysi aber nicht. Schon regt
       sich Kritik.
       
 (DIR) Europäische Linke: Gregor Gysi will Europa retten
       
       In den Parteien, die der Europäischen Linken angehören, wird heftig über
       die Haltung zur EU gestritten. Neuer Vorsitzender soll Gregor Gysi werden.
       
 (DIR) Linksparteizoff über Spitzenkandidatur: Umstrittene Selbstkrönungen
       
       Die Ostländerschefs sind verärgert über Wagenknecht und Bartsch. Die wollen
       sich als Spitzenkandidatenduo für die Bundestagswahl durchsetzen.
       
 (DIR) Linken-Abgeordneter zu Personaldebatten: „Sauer ist keine sinnvolle Kategorie“
       
       Stefan Liebich sitzt seit 2009 für die Linken im Bundestag. Am besten wäre,
       es gäbe gar keine Personaldebatten, sagt er.
       
 (DIR) Streit um Linken-Spitzenkandidatur: Wagenknechts Machtanspruch
       
       Die Parteiführung überrumpelt: Wagenknecht und ihr Co-Fraktionschef Bartsch
       wollen als Duo die Linkspartei in den Bundestagswahlkampf führen.
       
 (DIR) Debatte Europas Zukunft: Der bessere Teil einer Lösung
       
       Europa wird häufig zum Sündenbock erklärt. Eine Rückkehr zu den
       Nationalstaaten löst aber keines der zahlreichen Probleme.
       
 (DIR) Umfrage unter Europaabgeordneten: Was zeichnet die EU aus?
       
       Wir haben die Europaparlamentarier gefragt, was das Beste an der EU ist –
       und wie ihre Vision für die Zukunft aussieht. Hier alle 72 Antworten.
       
 (DIR) Werber über öffentliches Bild der EU: „Es geht nicht ums Joghurtverkaufen“
       
       Wie lässt sich das Image der EU aufpolieren? Der PR-Agent Klaus Dittko,
       einst Redenschreiber von Helmut Kohl, sagt: Neue Symbole reichen nicht.
       
 (DIR) Loblied auf das EU-Parlament: Wir sind's
       
       Die EU hat ein Demokratiedefizit, ist umständlich und bürokratisch? Schon.
       Aber im Parlament sieht man, was die Europäische Union kann.
       
 (DIR) Den Aufstieg der Rechten aufhalten: Brauchen wir Linkspopulismus?
       
       Es ist keine gute Idee, die Rechtspopulisten mit ihren eigenen Mitteln
       schlagen zu wollen. Die Linke muss sich den Abgehängten zuwenden.