# taz.de -- Skandalwoche bei der CSU: Drogen, Sex und Politik
       
       > Nach dem Sexskandal eines Landtagsabgeordneten sorgt nun auch ein
       > Münchner Hoffnungsträger für Krisenstimmung.
       
 (IMG) Bild: Der ehemalige Münchner Stadtrat Georg Schlagbauer – hier bei einem Weißwurstduell
       
       Jetzt also auch noch Drogen! Zu sagen, es sei nicht gerade die Woche der
       CSU gewesen, wäre eine enorme Untertreibung. Auch von „äußerst betrüblichen
       Nachrichten“ zu sprechen, wie es Parteichef Horst Seehofer tat, dürfte
       etwas kurz greifen. Die „Seuchenwoche“, von der ein CSU-Parlamentarier laut
       „Süddeutscher Zeitung“ spricht, trifft es da schon besser. Und das
       Überraschende: Es geht ausnahmsweise mal nicht um Angela Merkel.
       
       Sex mit Minderjährigen, gekaufter Sex, Drogendelikte, Rotlichtmilieu – das
       sind nicht unbedingt die Schlagwörter, die die Partei mit dem Label CSU
       assoziiert haben möchte. Und doch ist es genau das, womit sich die
       Christsozialen in dieser Woche rumzuschlagen haben. Michael Brückner und
       Georg Schlagbauer heißen die beiden Politiker, die dafür verantwortlich
       sind, dass die Stimmung bei der bayerischen Regierungspartei momentan im
       Keller ist. Und Forsa-Chef Manfred Güllner natürlich – aber das ist schon
       fast Polit-Alltag.
       
       Donnerstag, es ist Plenarsitzung im Münchner Landtag. Es geht um das
       „Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen“. Auch Kultusminister
       Ludwig Spaenle ist da. Plötzlich tigert der sonst eher stoisch wirkende
       Politiker aufgeregt hin und her, das Handy am Ohr. Spaenle, der auch
       Münchner CSU-Chef ist, erhält gerade die Nachricht: Der Münchner Stadtrat
       Georg Schlagbauer hat alle seine Ämter niedergelegt. Dem Minister dürfte da
       schon bekannt sein, dass es nicht die von Schlagbauers Anwalt angeführten
       „gesundheitlichen und familiären“ Gründe sind, die zu diesem Schritt
       geführt haben.
       
       ## Schulden beim Nachtclub-Besitzer
       
       Die Nachricht über den Rücktritt kommt zunächst aus Hamburg: Dort sitzt
       Schlagbauers Anwalt Michael Philippi. Am Morgen erklärt er: Zum Schutze
       seiner Privatsphäre und seines Familienlebens werde der nunmehr ehemalige
       Stadtrat keine näheren Auskünfte über die Hintergründe seines Abgangs
       geben. „Der Rücktritt erfolgt auch zum Schutze der Würde der jeweiligen
       Institutionen und Gruppierungen vor einer Belastung durch eine öffentliche
       Diskussion über Gesundheit und Familienleben. Privates hat zu keinem
       Zeitpunkt Auswirkungen auf seine Amtsführung gehabt.“
       
       Wenig später bestätigt die Staatsanwaltschaft München I jedoch: Gegen
       Schlagbauer wird wegen Verdachts auf Kauf von Drogen ermittelt. Offenbar
       hatte sich der Politiker selbst angezeigt. Daher sei am Mittwoch ein
       Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Auch eine Durchsuchung habe es
       bereits gegeben, so die knappen Informationen der Behörde. Die „Süddeutsche
       Zeitung“ berichtet darüber hinaus von Kontakten ins Rotlichtmilieu und
       Schuldscheinen in fünfstelliger Höhe, die Schlagbauer einem
       Nachtclub-Besitzer ausgestellt haben soll.
       
       Schlagbauer war nicht irgendein kleiner Stadtrat, sondern galt als
       Hoffnungsträger seiner Partei. Als Wiesn-Stadtrat hatte der 44-Jährige ein
       prestigeträchtiges Amt in der Landeshauptstadt inne. Außerdem war er
       Landesinnungsmeister des Bayerischen Fleischerhandwerks, Präsident der
       Handwerkskammer und Präsident des Bayerischen Handwerkstages. Den Landtag,
       der 2018 neu gewählt wird, hatte er bereits fest im Blick.
       
       ## „Herr Brückner schämt sich zutiefst“
       
       Tags zuvor hatte die Staatsanwaltschaft in Nürnberg mitgeteilt,
       Ermittlungen gegen Schlagbauers Parteikollegen Michael Brückner aufgenommen
       zu haben – wegen sexuellen Missbrauchs einer Jugendlichen. Brückner hatte
       am Dienstag sein Landtagsmandat niedergelegt und war von seinen Ämtern in
       der Partei und beim Bayerischen Bauernverband zurückgetreten. Einen Tag
       später ließ Brückner verlauten, er habe gegen Geld Sex mit einer
       16-Jährigen gehabt. „Herrn Brückner werden zwei einvernehmliche sexuelle
       Handlungen mit einer Jugendlichen gegen Entgelt vorgeworfen“, so die
       Anwältin des 51-Jährigen. „Die erste Begegnung fand am Tag vor dem 16.
       Geburtstag der Jugendlichen statt. Bei dem zweiten Treffen kam es zum
       Geschlechtsverkehr.“ Die Jugendliche soll einen normalen Nebenjob gesucht
       und deshalb eine Anzeige im Internet geschaltet haben. Auf das Inserat
       antwortete dann der Landtagsabgeordnete. „Herr Brückner schämt sich
       zutiefst für sein Verhalten und dankt seiner Familie für die
       Unterstützung.“
       
       Als die Verfehlungen der beiden Parteifreunde bekannt wurden, stand es um
       die Laune vieler CSUler ohnehin nicht zum Besten: Der Grund dafür war das
       Ergebnis einer Forsa-Umfrage: Diese prognostizierte der CSU derzeit bei
       einer Landtagswahl nur noch 40 Prozent. Die AfD käme demnach auf 10 Prozent
       und brächte die CSU so um ihre absolute Mehrheit. „Die Ergebnisse zeigen,
       dass Horst Seehofers wiederholte Attacken gegen Kanzlerin Angela Merkel
       also keinesfalls Wähler am rechten Rand der CSU binden“, erklärte
       Forsa-Chef Manfred Güllner.
       
       Seehofer gab sich unbeeindruckt: „Politische Kundgebungen von Herrn Güllner
       sehe ich immer sehr gelassen.“ Weit weniger gelassen gab sich Andreas
       Scheuer und attackierte seinerseits den Meinungsforscher: „Bei allen
       seriösen Umfrageinstituten liegt die CSU seit vielen Monaten und auch
       zeitgleich stabil um 48 Prozent“, sagte der CSU-Generalsekretär. Güllner
       mache mit Forsa keine Umfragen, sondern Stimmung. „Sowas überhaupt zu
       veröffentlichen, ist stümperhaft und unprofessionell.“
       
       10 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominik Baur
       
       ## TAGS
       
 (DIR) CSU-Affäre
 (DIR) Drogen
 (DIR) Rotlicht
 (DIR) Horst Seehofer
 (DIR) Schwerpunkt Angela Merkel
 (DIR) Große Koalition
 (DIR) Schwerpunkt AfD
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Schlechte Laune in der Großen Koalition: Seehofer zu Krisentreffen bei Merkel
       
       Erstmals sieht eine Wahlumfrage die Große Koalition unter 50 Prozent.
       Innerhalb der Union meint die CSU den Grund zu kennen: die Politik von
       Kanzlerin Merkel.
       
 (DIR) Bayern gegen die Bundesregierung: Grenzen offen, Seehofer ruhig
       
       Die Grenze ist für Flüchtlinge immer noch geöffnet, doch Bayern will die
       Bundesregierung nicht mehr verklagen. Die CSU verkauft das als Sieg.
       
 (DIR) Anwalt über Joachim Herrmann: „Nicht genug frisches Blut“
       
       David Schneider-Addae-Mensah nannte den bayerischen Innenminister ein
       „wunderbares Inzuchtprodukt“. Der hatte sich zuvor rassistisch geäußert.