# taz.de -- Politik macht sprachlos: „Die zucken mit den Schultern“
       
       > Reinhard Goltz kämpft für sein Institut für Niederdeutsche Sprache: Die
       > einschlägigen Bundesländer wollen die Finanzierung streichen
       
 (IMG) Bild: Zweisprachigkeit? Das sparen sich die Länder lieber.
       
       taz: Varianten des Niederdeutschen – sorbisches, saterfriesisches und
       ostfriesisches Platt – sind in die EU–Charta als schützenswerte Kulturgüter
       aufgenommen worden. Kann man rechtlich deren Förderung einstellen, Herr
       Golz? 
       
       Reinhard Golz: Nein. Die Länder müssen diese Sprachen fördern. Aber wie sie
       das tun, ist ihnen freigestellt. Und es gibt keine Sanktionen, wenn sie es
       nicht tun. Wir haben Kontakt zum Europarat aufgenommen und am 16. Juni wird
       die Streichung der Gelder für unser Institut dort auf der Tagesordnung
       stehen. Dann bekommen die Länder viel Schimpfe. Die zucken mit den
       Schultern. Das war’s.
       
       Opernhäuser werden als Kulturgut gefördert, ohne einen quantifizierbaren
       „Nutzen“ nachweisen zu müssen. Warum ist das beim Kulturgut Sprache anders? 
       
       Im Gegensatz zur Oper hängt der niederdeutschen Sprache historisch ein
       negatives Image an. Nicht das gehobene Bürgertum spricht Platt, sondern
       einfache Leute sprechen es und die haben ein weniger präsentierbares
       Selbstbewusstsein. Für junge Leute gehört Niederdeutsch heute zu ihrem
       Leben. Das zählt leider nicht.
       
       Wurden Sie von der Ankündigung der Etatkürzungen durch die Länder
       überrascht? 
       
       Völlig überrascht. Wir wurden am 11. Mai zu einem Gespräch in die Bremer
       Bürgerschaft geladen. Da bekamen wir einen Schrieb in die Hand gedrückt, in
       dem uns die Entscheidung der Länder mitgeteilt wurde.
       
       Haben sie dann sofort Alarm geschlagen und alle niederdeutschen Sprecher
       mobilisiert? 
       
       Nein.
       
       Sind Sie zu unterwürfig? Furcht statt Forderung? 
       
       Wenn wir Protest machen, schlagen wir vielleicht Türen zu. Wir haben immer
       auf Dialog gesetzt. Die Sorben haben gesagt, wenn die Gelder gekappt
       werden, stürmen wir das Parlament. Wir haben in der letzten Zeit in vielen
       Gremien diskutiert. Wie wir von der Politik behandelt wurden, das ist
       manchmal schon deprimierend. Trotzdem, wir setzen weiter auf Dialog.
       
       Aber was heißt das angesichts des möglichen Aus Ihrer Einrichtung? 
       
       Das ist ja gerade das Problem. Hier würden Arbeitsplätze wegfallen. Das
       sollen die Politiker erst mal begründen. Bislang ist uns kein inhaltlicher
       Grund gesagt worden, warum die Gelder gekürzt werden. Unsere Bibliothek,
       ein absoluter Schatz der niederdeutschen Sprache, was passiert mit der,
       wenn wir dicht machen müssen? Die kann man unserem Verein ja nicht so
       einfach wegnehmen. Das ist ein regionales Monument.
       
       Die Bremer Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD) hat angedeutet, das INS
       möglicherweise als bremische Einrichtung fortzuführen. 
       
       Tja, tja. Hat sie gesagt. Wenn es denn so wäre, hätten wir nicht einmal die
       Hälfte unseres Etats zur Verfügung. Das ist grotesk. Abgesehen von der
       Tatsache, dass sich unsere Arbeit gerade dadurch auszeichnet, Länder
       übergreifend verschiedene Sprachvarianten zu dokumentieren und zu fördern.
       
       Wie sieht das aus? 
       
       In Hamburg und Bremen ist die niederdeutsche Sprachförderung per Gesetz
       vorgeschrieben. Wir haben Lehrpläne für die Schulen erarbeitet. In
       Niedersachsen ist das nicht der Fall. Aber wir haben auch in Niedersachsen
       Unterrichtsmaterialien mitentwickelt und wir stehen mit der Landesregierung
       im Gespräch für eine weitere Verankerung der Regionalsprachen in Schulen
       und Kindergärten.
       
       Wenn die Länder ihre Subventionen einstellen, wo fließt das eingesparte
       Geld dann hin? 
       
       Fließt es dann überhaupt? Selbstverständlich gibt es regionale
       Vereinigungen, die sich freuen würden, mehr Unterstützung zu bekommen. Denn
       alle Institutionen sind generell unterfinanziert. Ich bin mir aber nicht
       sicher, ob einmal eingespartes Geld tatsächlich wieder für Sprachförderung
       ausgegeben würde.
       
       15 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Schumacher
       
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