# taz.de -- Geschlecht und Identität: Was macht einen Mann zum Mann?
       
       > Trans*menschen lassen ihren Körper an das Geschlecht angleichen, mit dem
       > sie sich identifizieren. Nicht nötig, meinen Trans*alternative.
       
 (IMG) Bild: Das Model Benjamin Melzer war als erstes Trans*model auf dem Titel der „Mens Health“
       
       Der US-Bundesstaat North Carolina hat vor kurzem ein Gesetz erlassen, das
       für großes Aufregen sorgte: das sogenannte Toilettengesetz. Es geht um die
       Frage, wer welche Toilette benutzen darf. In North Carolina soll das
       aufgrund der Geburtsurkunde entschieden werden. Frauen, die auch als solche
       eingetragen sind, dürfen die Frauentoilette benutzen. Männer, die von
       Geburt an Mann sind, die Männertoilette.
       
       Das US-amerikanische Justizministerium hat gegen diesen Beschluss geklagt.
       Und auch in der Öffentlichkeit wird das Gesetz als Diskriminierung
       geächtet. Die Deutsche Bank wollte in North Carolina 250 neue Arbeitsplätze
       schaffen, legte diese Pläne aber vorerst auf Eis.
       
       Die Leidenschaft, mit der dieser Streit geführt wird, zeigt, dass die Frage
       nach der Geschlechtsidentität einen empfindlichen Punkt in der Gesellschaft
       trifft: Was macht die Frau zur Frau und den Mann zum Mann? Was gibt es
       abseits dieser Binarität? Ist es der Körper, die Geschlechtsorgane, mit
       denen man geboren wurde? Ist es ein Prozess, der sich beim Heranwachsen
       abspielt? Und wer bestimmt überhaupt über Identität: der Einzelne oder die
       Gesellschaft?
       
       In Deutschland schürt vor allem die AfD Ängste, wenn es um das berüchtigte
       „Gender-Mainstreaming“ geht. Eigentlich ist das eine Strategie, um die
       Gleichstellung der Geschlechter zu fördern. Die AfD aber rührt gern mal
       alles zusammen, das nicht in ihre Welt passt, in der es nur zwei
       Geschlechter und festgelegte Rollen gibt.
       
       Für die AfD ist „Gender-Mainstreaming“ eine Ideologie, die
       Geschlechteridentitäten aufheben will, eine „Geisteskrankheit“ wie der
       AfD-Politiker Björn Höcke auf einer Wahlveranstaltung sagte, eine
       „politische Geschlechtsumwandlung“ fand die stellvertretende
       Bundesvorsitzende der AfD Beatrix von Storch.
       
       Die AfD und viele Konservative fordern eine Rückkehr zu traditionellen
       Rollen. Es soll bloß nicht zu divers und kompliziert werden.
       
       In der [1][taz. am wochenende vom 14./15. Mai 2016] erzählt unser Autor von
       seiner ganz persönlichen Suche nach dem, was einen Mann oder eine Frau
       ausmacht. Er wurde als Mädchen geboren, lebt aber seit zwei Jahren als
       Trans*mann. Für ihn begann der Prozess mit einem diffusen Gefühl, es wurde
       immer unangenehmer mit einem weiblichen Namen angesprochen zu werden. Dann
       kam die Krise und schließlich die Entscheidung: Ich werde als Mann leben.
       
       Viele Trans*menschen beginnen an diesem Punkt eine Hormontherapie. Sie
       nehmen Testosteron und lassen sich ein Penoid formen, eine Art Penis aus
       der Haut einer anderen Körperstelle. Trans*frauen lassen ihren Penis
       entfernen und Brüste operieren. Erst dann fühlen sie sich in ihrem neuen
       Geschlecht angekommen und ernstgenommen.
       
       Bis 2011 waren solche Eingriffe, die bei Trans*männern auch die
       Sterilisation beinhalten, Voraussetzung dafür, dass man auch auf dem Papier
       das Geschlecht anpassen kann. Psychologische Gutachten und eine Anhörung
       beim Amtsgericht sind aber auch heute noch nötig.
       
       Unser Autor hat sich gegen Operationen und Hormone entschieden. Er will als
       Mann leben, sein Körper stört ihn dabei nicht. Damit gehört er zu einer
       neuen Generation von Trans*personen, die er die Trans*alternativen nennt.
       
       Wenn es nicht der Körper ist, der einen Menschen zu Mann oder Frau macht,
       was ist es dann? Ist das Geschlecht nur Kopfsache, gesellschaftliche
       Konstruktion? Woran macht man das Geschlecht, mit dem man sich
       identifiziert, dann fest? 
       
       Diskutieren Sie mit!
       
       Die Titelgeschichte „Ein neuer Mann“ lesen sie in der [2][taz. am wochende
       vom 14./15. Mai 2016.]
       
       13 May 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!p4662/
 (DIR) [2] /!p4662/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annina Lehmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Identität
 (DIR) Transgender
 (DIR) Sexuelle Identität
 (DIR) Sexualität
 (DIR) Schwerpunkt LGBTQIA
 (DIR) USA
 (DIR) North Carolina
 (DIR) Bangladesch
 (DIR) Bürgerrechte
 (DIR) North Carolina
 (DIR) Donald Trump
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Basketball-Profiliga in den USA: Spielabsage wegen Transfeindlichkeit
       
       Das All-Star-Game 2017 wird nicht in Charlotte, North Carolina,
       stattfinden. Transgender werden dort bei der Benutzung öffentlicher
       Toiletten benachteiligt.
       
 (DIR) Kolumne Bridge & Tunnel: Geh doch nach Hause
       
       Amerikaner sind verklemmt. Trotzdem reden gerade alle über Toiletten für
       Trans*. Eine Willkommenskultur herrscht hier leider immer noch nicht.
       
 (DIR) Aktivistin aus Bangladesch: Kampf um Identität „Mensch“
       
       Shammi Haque setzte sich in Bangladesch für Frauenrechte und Säkularismus
       ein. Nach mehreren Morddrohungen ist sie nun geflohen.
       
 (DIR) Streit um Transgender-Gesetz: Verstoß gegen US-Bürgerrechte
       
       Seit März dürfen Transgender in North Carolina nur Toiletten für ihr
       Geschlecht laut Geburtsurkunde nutzen. Das US-Justizministerium geht
       dagegen nun vor.
       
 (DIR) LGBTQ-Aktivist_in über North Carolina: „Das Einzige, was uns rettet, sind wir“
       
       Der US-Bundesstaat North Carolina schränkt kontinuierlich die Freiheiten
       der LGBTQ-Community ein. Elias Lyles organisiert den Protest dagegen.
       
 (DIR) Xhamster gegen North Carolina: Pop-up statt Porno
       
       Ein Porno-Portal setzt sich gegen Diskriminierung ein. Hintergrund ist ein
       umstrittenes Transgender-Gesetz. Aber was hat Donald Trump damit zu tun?