# taz.de -- Studentenverbindungen unter Schutz: Polizei sorgt sich um Burschenschaftler
       
       > Weil es in Göttingen vermehrt Angriffe auf Studentenverbindungen gibt,
       > richtet die Polizei eine gesonderte Ermittlungsgruppe ein.
       
 (IMG) Bild: Polizisten beschützen das Burschenschaftstreffen 2012 in Stuttgart
       
       Hamburg taz | Die Göttinger Polizei ist um die Sicherheit der Mitglieder
       von Studentenverbindungen und Burschenschaften besorgt. Sie richtet jetzt
       eine Ermittlungsgruppe ein, um Angriffe auf diese „präventiv zu
       verhindern“, sagt Polizeisprecher Alexander Golik. Anlass ist die
       Brandstiftung an einem Gartenhaus des Corps Hannovera. Bei dem Brand wurde
       auch ein Nachbarhaus, in dem eine Familie mit Säugling wohnt, leicht
       beschädigt. Die Feuerwehr verhinderte einen größeren Brand.
       
       Golik sagt, es habe in den vergangenen sechs Monaten sowohl „quantitativ
       als auch qualitativ“ eine Zunahme von Straftaten gegen die über 40
       Verbindungen und Burschenschaften in der Universitätsstadt gegeben. Die
       Polizei geht von „Tätern aus dem linken Spektrum“ aus, die das Feuer beim
       Corps Hannovera gelegt hätten.
       
       Die Brandstiftung reihe sich in eine Serie von Angriffen auf Mitglieder der
       Göttinger Verbindungs- und Burschenschaftsszene ein, sagt Golik. Neben
       Beschädigungen von Autos verzeichnet die Göttinger Polizei einen Anstieg
       der Anzeigen von Burschenschaftlern wegen Körperverletzung und Nötigung.
       Auch Sachbeschädigungen an Verbindungshäusern durch Farbbeutelwürfe nennt
       die Polizei als Grund für die Einrichtung der Ermittlungsgruppe. Der
       Göttinger Polizeipräsident Uwe Lührig will deshalb „Kräfte und Mittel in
       diesem Bereich konzentrieren“. Die neue Ermittlungsgruppe werde künftig
       über „intensive und präventive Maßnahmen“ entscheiden, sagt Golik. Was mit
       dieser Ankündigung gemeint ist, wollte er nicht ausführen.
       
       Gegen die Entscheidung der Polizei regt sich Widerspruch. Patrick Humke,
       Göttinger Ratsmitglied für Die Linke, findet die Einrichtung einer
       Sonderermittlungsgruppe „völlig überzogen“. Zwar sei der Brandanschlag
       nicht zu rechtfertigen. Die Reaktion der Polizei sei allerdings angesichts
       der Attacken von Burschenschaftlern auf linke Personen nicht
       verhältnismäßig. Wenn die Polizei „reaktionäre Weltbilder vermehrt schützt,
       aber Angriffe auf Flüchtlinge und linke Projekte eben nicht“, sagt Humke,
       „ist die Polizei auf dem rechten Auge blind“. Polizeisprecher Golik
       hingegen betont, dass auch rechtsmotivierte Straftaten von der Polizei
       „intensiv verfolgt“ würden.
       
       Anlass der vermehrten Straftaten von Linksautonomen dürfte sein, dass
       einige Burschenschaftler in den vergangenen Monaten mit rechter
       Stimmungsmache in Erscheinung traten. Momentan läuft in Göttingen ein
       Strafverfahren gegen Jan Philipp Jaenecke, der im vergangenen Herbst ein
       Mitglied der linken „Wohnrauminitiative“ vom Fahrrad geschubst und dabei
       verletzt haben soll. Der Angeklagte, der nach dem Vorfall aus seiner
       Landsmannschaft ausgeschlossen wurde, hat Verbindungen zum rechtsextremen
       „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“. Thomas Winkelberg, Sprecher der
       Wohnrauminitiative, hält die Einrichtung der neuen Ermittlungsstelle
       deshalb für „Stimmungsmache“. Gewalt gegen Verbindungen werde dadurch in
       den Fokus gerückt – die rechten Ideologien und Aggressionen der
       Burschenschaften würden dagegen verharmlost.
       
       Neben Jaenecke ist vor allem Lars Steinke auffällig geworden: Der
       Bezirksvorsitzende der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative, der
       Mitglied der Burschenschaft Hannovera ist, hielt Reden beim „Freundeskreis
       Thüringen/Niedersachsen“.
       
       Auf seiner Facebook-Seite beklagte Steinke mehrmals Angriffe gegen sich.
       Dort macht er ansonsten wahlweise Flüchtlinge für die Terroranschläge am
       22. März in Brüssel verantwortlich, bezeichnet die 68er-Generation als
       „Kulturvergewaltiger“ oder teilt Artikel, die er für die
       ausländerfeindliche Postille Blaue Narzisse geschrieben hat. Steinke hält
       den Polizeischutz für Burschenschaftler für „bitter und lange schon
       notwendig“.
       
       Als Steinke eine Veranstaltung mit einem Sprecher der rechtsextremen
       „Identitären Bewegung Österreichs“ plante, brachte er sogar in seiner
       eigenen Partei das Fass zum Überlaufen: Gegen ihn läuft ein
       Parteiausschlussverfahren.
       
       24 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) André Zuschlag
       
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