# taz.de -- Deutsche Umweltministerin in Fukushima: Aufgeräumter als in Tschernobyl
       
       > Als erste deutsche Ministerin besucht Barbara Hendricks das 2011
       > havarierte AKW Fukushima. Die strahlenden Ruinen schockieren sie.
       
 (IMG) Bild: Naohiro Masuda, der für die Dekontaminierung in Fukushima zuständige Manager, erklärt Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) den Rückbau des AKW
       
       Fukushima taz | Auf einer Seite der Küstenstraße zum AKW Fukushima erfreuen
       bewässerte Felder mit sattgrünem Reis das Auge. Auf der anderen lagert
       Schockierendes: tausende schwarze Säcke voll mit kontaminierter Erde. In
       der 2011 havarierten Atomanlage tragen viele Arbeiter nur noch Blaumann und
       Mundschutz, Menschen in weißen Schutzanzügen und Atemmaske sind selten. Nur
       nahe dem am meisten zerstörten Reaktor 3 ist die Strahlung weiter so hoch,
       dass dort ausschließlich ferngesteuerte Maschinen eingesetzt werden.
       
       Solche Kontraste prägten den Besuch von Barbara Hendricks und 30 deutschen
       Abgeordneten, Beamten und Experten in der japanischen Atomruine. So habe
       sie sich das Ganze nicht vorgestellt, sagt die Umweltministerin schockiert.
       „Hier ist es aufgeräumter als in Tschernobyl, aber die eigentlichen
       Herausforderungen sind noch gar nicht bestanden“, betont sie, eine
       Anspielung etwa auf das verseuchte Grundwasser, die schwierige Bergung
       abgebrannter Brennelemente – und die insgesamt 22 Millionen Kubikmeter
       strahlender Abfälle.
       
       Die SPD-Politikerin war schon vor dem japanischen Super-GAU eine Gegnerin
       der Atomkraft. Sie kommt vom Niederrhein und protestierte einst gegen den
       Schnellen Brüter in Kalkar. Die starke Wirkung der Katastrophe auf die
       deutsche Politik erklärt die 64-Jährige mit der Einsicht, dass die
       Technologie eben doch nicht kontrollierbar sei. In der Leitzentrale der
       Atomanlage macht Hendricks vor Tepco-Mitarbeitern ihren Gefühlen Luft.
       
       Sie spüre Respekt für die Katastrophenhelfer und Dankbarkeit für die
       Leistungen beim Rückbau der Atomanlage. Aber: „Deutschland ist sich sicher,
       dass das Restrisiko nicht beherrschbar ist. Daher steigen wir 2022 aus der
       Atomkraft aus“, sagt Hendricks. Sie hoffe auf eine „Zeit, in der
       Kernenergie Geschichte“ sei. Die Reaktion ist Schweigen. Erst als
       Tepco-Manager Naohiro Masuda um Beifall bittet, löst sich die Spannung in
       schwachem Applaus.
       
       „Vor fünf Jahren hatten wir hier ein Schlachtfeld, jetzt können wir in Ruhe
       arbeiten“, sagt Masuda, der oberste Verantwortliche für die
       Dekontaminierung. Die Strahlung auf dem Gelände sei stark gesunken, auch
       weil viele Flächen versiegelt wurden. Das Wasser in den 1.000 riesigen
       Tanks wurde bis auf Tritium von allen strahlenden Stoffen gereinigt.
       Besucher wie Hendricks bekommen eine Strahlendosis von etwa 10 Mikrosievert
       ab, etwa so viel wie eine Röntgenaufnahme beim Zahnarzt.
       
       ## Nie wieder wie früher
       
       All das beeindruckt Hendricks wenig: „Das Atomkraftwerk mag unter Kontrolle
       sein, aber man weiß noch nicht einmal, wo der geschmolzene Brennstoff in
       den Reaktoren liegt und wie man ihn herausholen kann“, kontert sie. Masuda
       hebt die gute Versorgung der Arbeiter hervor, die jetzt Ruheräume haben und
       warmes Essen bekommen.
       
       „Ich finde den Mut der Arbeiter erstaunlich“, wundert sich Hendricks über
       die vielen jungen Japaner, die in der Atomanlage arbeiten. Es sei
       bedauerlich, dass nahe der Atomanlage keine Menschen mehr leben könnten.
       Nie wieder werde es hier wie früher sein.
       
       19 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Fritz
       
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