# taz.de -- Deutsche Flüchtlingspolitik: Bundesländer sollen abschieben
       
       > Kanzleramtschef Altmaier fordert Bundesländer zu schnelleren
       > Abschiebungen auf. Merkel will Flüchtlingsabkommen mit Libyen nach
       > Türkei-Vorbild.
       
 (IMG) Bild: Abgelehnte Asylbewerber werden gesammelt abgeschoben (Archibild)
       
       Berlin dpa/afp | Der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Peter
       Altmaier, hat die Länder aufgefordert, die Zahl der Abschiebungen
       abgelehnter Asylbewerber zu verdoppeln. Im vergangenen Jahr habe es 37.220
       freiwillige Rückkehrer und 22.200 Abgeschobene gegeben, [1][sagte der
       Kanzleramtschef den Zeitungen der Funke Mediengruppe]. „Ein realistischer
       Maßstab für 2016 wäre eine Verdoppelung dieser Zahlen.“ Der CDU-Politiker
       betonte: „Da sind die Länder gefordert.“
       
       Die Bundesregierung dringt seit längerem darauf, dass abgelehnte
       Asylbewerber zügiger abgeschoben werden. Bei der Umsetzung durch die
       Bundesländer gibt es aber Probleme. Zum Teil weigern sich Herkunftsländer,
       jemanden wieder aufzunehmen – sie erkennen ihn nicht als ihren
       Staatsangehörigen an, weil bestimmte Dokumente fehlen. Es gibt aber auch
       rechtliche Hürden: So gilt zum Beispiel ein Abschiebeverbot, wenn dem
       Betroffenen im Heimatland Folter oder die Todesstrafe drohen.
       
       Nach Syrien und dem Irak stammten die meisten Asylsuchenden in den
       vergangenen Monaten aus Afghanistan. Die dortige Regierung verkündet
       Fortschritte bei einem Abkommen mit Deutschland zur Rückführung von
       Flüchtlingen. Ein Entwurf werde in den kommenden Tagen der deutschen
       Botschaft in Kabul vorgelegt, sagte Flüchtlingsminister Said Hussain Alemi
       Balkhi der Deutschen Presse-Agentur. Bald könnten Verhandlungen beginnen.
       Bis das Abkommen unterzeichnet sei, werde Afghanistan keine Abschiebungen
       dulden.
       
       Nach der Schließung der Balkanroute ist die Zahl der neu ankommenden
       Flüchtlinge in Deutschland drastisch gesunken. Im März wurden nur noch
       20.608 Asylsuchende im sogenannten EASY-System registriert, wie
       Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag mitteilte. Im
       Februar waren es noch gut 60.000 gewesen, im Januar etwa 90.000.
       
       Deutschland sollte nach Auffassung der Grünen-Vorsitzenden Simone Peter die
       freigewordenen Kapazitäten in seinen Erstaufnahmeeinrichtungen zur
       Entlastung Griechenlands nutzen. So könnte Deutschland die Plätze, die
       durch den Rückgang des Flüchtlingszustroms nicht belegt sind, zum Beispiel
       für Menschen bereitstellen, „die unter unwürdigsten Bedingungen an der
       mazedonisch-griechischen Grenze in Idomeni hausen“, sagte Peter der Neuen
       Osnabrücker Zeitung. Diese Hilfe täte Griechenland zum jetzigen Zeitpunkt
       gut, da es noch keine ordentlichen Unterkünfte und Asylverfahren vorweisen
       könne.
       
       In der Ägäis zwischen der Türkei und Griechenland gab es am Samstag
       erstmals seit Wochen wieder Todesopfer unter den Flüchtlingen bei der
       Überfahrt. Mindestens fünf Menschen kamen nordöstlich der Insel Samos ums
       Leben, als ihr Schlauchboot bei starkem Wind und hohen Wellen kenterte, wie
       der Fernsehsender Skai berichtete.
       
       ## Merkel will Verabredungen mit Nachbarstaaten
       
       Nach dem Abkommen mit der Türkei zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen
       strebt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine ähnliche Einigung mit
       Libyen an. „Wir haben jetzt vor uns die Aufgabe, mit Libyen eine solche
       Kooperation hinzukriegen“, sagte die CDU-Chefin am Freitag vor Delegierten
       der Berliner Landes-CDU. Um die EU-Außengrenzen zu schützen, gebe es keinen
       anderen Weg, als Verabredungen mit Nachbarstaaten zu treffen.
       
       „Wir haben seit wenigen Tagen eine Einheitsregierung, die endlich in
       Tripolis angekommen ist“, sagte Merkel mit Blick auf die von den Vereinten
       Nationen vermittelte Übergangsregierung in dem Bürgerkriegsland. „Und von
       der Frage, ob es uns gelingt, mit Libyen auch vernünftige Vereinbarungen zu
       treffen, wird abhängen, wie es uns gelingt, die Flüchtlingsroute nach
       Italien zu ordnen und zu steuern, wie wir es mit der Türkei gemacht haben.“
       
       In den vergangenen Monaten sei es Deutschland und der EU gelungen, der
       Türkei, Jordanien und dem Libanon bei der Versorgung syrischer
       Bürgerkriegsflüchtlinge stärker unter die Arme zu greifen. „Es ist besser,
       die Menschen haben ein auskömmliches Leben in der Nähe ihrer Heimat, als
       dass alle zu uns kommen und wir die gesamte Integration leisten müssen“,
       sagte Merkel. Sie wolle zudem den afrikanischen Ländern helfen, ihren
       Jugendlichen Perspektiven im Heimatland zu geben.
       
       Zuvor hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gesagt, dass er
       mit einem großen Andrang von Flüchtlingen aus Afrika rechne. Die von
       Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) genannte Zahl von bis zu 200.000
       Afrikanern aus Staaten südlich der Sahara, die in Libyen auf ihre Überfahrt
       nach Europa warten, halte er noch „eher für zu niedrig begriffen“, sagte de
       Maizière in Berlin.
       
       Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi vor fünf
       Jahren regiert in Libyen das Chaos. Wegen seiner Nähe zu Italien hat sich
       das Land zu einer der wichtigsten Durchgangstationen für Afrikaner und
       Araber entwickelt, die aus ihren Heimat vor Gewalt oder Armut nach Europa
       fliehen.
       
       9 Apr 2016
       
       ## LINKS
       
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