# taz.de -- Kommentar Regierung und Erdoğan: Auf ganz, ganz leisen Sohlen
       
       > Die Bundesregierung tritt gegenüber der Türkei nicht deutlich auf.
       > Unglaubwürdig, dass das nichts mit der Flüchtlingskrise zu tun haben
       > soll.
       
 (IMG) Bild: So weich wie Rosenblätter sind auch die Worte der Bundesregierung in Richtung Erdoğan
       
       Alles Gute ist konkret, diesen Spruch bringen Journalistenschulen ihren
       Studenten bei. „Man hat einen Journalisten verhaftet“ ist demnach schlecht.
       „Ein Journalist wurde verhaftet“ auch. „Die Türkei hat einen Journalisten
       verhaftet“ ist dagegen ausgezeichnet.
       
       Diplomatenschulen sind keine Journalistenschulen, deshalb kann der Spruch
       dort natürlich nur eingeschränkt gelten. Ein Botschafter, der sich stets
       konkret ausdrückt, riskiert im glimpflichsten Fall seine Ausweisung und im
       schlimmsten Fall einen Atomkrieg. Dass sich das Auswärtige Amt gerne
       allgemein hält, ist insofern verständlich. Dass es sich je nach
       Gesprächspartner deutlicher oder weniger deutlich ausdrückt, wirft aber
       eine Frage auf.
       
       Machen wir es konkret(!): In der Posse um die Erdoğan-Satiredes NDR hat
       sich nun das Außenministerium gemeldet. Nach eigenen Angaben hat es der
       türkischen Regierung klar gemacht, dass die Pressefreiheit „gemeinsam
       geschützt werden“ müsse.
       
       Der Dozent der Journalistenschule würde diesen Satz anstreichen. Wer genau
       soll die Freiheit denn schützen? Wie? Und vor wem? Quatsch, würde der
       Dozent der Diplomatenschule entgegnen: Hinter verschlossenen Türen können
       wir die Türkei offen kritisieren, unsere Pressemitteilungen müssen wir aber
       genau abwägen. Alles andere nützt höchstens Erdoğanund seinen Feindbildern.
       
       Eigentlich schlüssig – würde die Bundesregierung in vergleichbaren Fällen
       nicht anders formulieren. Vor einem Jahr stand zum Beispiel Mazedonien kurz
       vor einem Bürgerkrieg. „Wir fordern die Regierung in Skopje auf, die
       Pressefreiheit umfassend zu respektieren“, hieß es damals ganz konkret aus
       dem Auswärtigen Amt.
       
       Im Fall Mazedonien stellt es Forderungen, im Fall Türkei traut es sich das
       nicht. Dass dieser Unterschied mit der Schlüsselrolle Erdoğans in der
       Flüchtlingskrise zusammenhängt, bestreitet die Bundesregierung. Eine andere
       Erklärung liefert sie aber auch nicht.
       
       30 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
       
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